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0491 - Die Wolfshexe

0491 - Die Wolfshexe

Titel: 0491 - Die Wolfshexe
Autoren: Werner Kurt Giesa
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drohte Ted Ewigk an. »Und dann, Nicole, gibt’s Revanche! Dann wirst du gerupft!«
    Sie lachte. »Wenn du denkst, du denkst, dann denkst du nur, du denkst«, zitierte sie einen passenden Liedtext. »Also: bis morgen. Aber um zu gewinnen, brauchst du schon gezinkte Karten!«
    Zamorra schob sie aus dem Zimmer und zuckte dann hilflos mit den Schultern. »So habe ich sie ja noch nie erlebt«, wunderte er sich. »Habt ihr ihr was in den Tee getan, oder was?«
    Ted schüttelte den Kopf. »Reine Langeweile, denke ich. Aber was soil’s? Spaß gemacht hat es trotzdem, auch wenn es nicht ganz so gegangen ist, wie ich es eigentlich plante. War ein Eigentor; Pech gehabt. Aber meine Revanche kriege ich.«
    »Ha!« machte Zamorra. »Sofern ich es zulasse, daß du Nicole per Pokerspiel ausziehen willst.«
    »Natürlich wirst du es zulassen. Spart dir doch Mühe«, grinste der Reporter. »Bis morgen dann. Oder wollt ihr noch ein bißchen bleiben oder plaudern?«
    Zamorra grinste zurück. »Ich denke, im Moment gibt es Wichtigeres. Danke, daß du Nicole so lange aufgenommen hast. - Äh, habt ihr diese eigenartigen Spielchen eigentlich öfters veranstaltet?«
    »So was Harmloses? Nein. Nur Schlimmeres«, verkündete Ted trocken. »Du weißt ja: die Jugend von heute ist total unmoralisch und verdorben…«
    ***
    »Werwölfe«, sagte Lenard Cinan. »Das meinst du doch damit, nicht wahr? Silberkugeln sind gegen Werwölfe.«
    »Und Knoblauch ist gegen Vampire«, sagte Hervé trocken. »Und wenn du ein Stück kaltes Eisen auf die Türschwelle legst, kann keine Hexe und kein böser Geist ins Haus. Du lieber Himmel, glaubt ihr zwei diesen horrenden Blödsinn denn wirklich?«
    Yann-Daq Plouder hob seinen Kopf und sah den Wirt gelassen an. »Man sollte ja meinen, daß du noch zu einer Generation gehörst, die die Wahrheit kennt. Aber offenbar bist du schon genauso ignorant geworden wie die jungen Leute, die nur noch das wahrhaben wollen, was sie auf dem Computerschirm sehen.«
    Damit hatte er Hervé beleidigt. »Vielleicht solltest du zwischendurch mal zahlen, bevor du weiter trinkst«, knurrte der Wirt böse.
    »Mann, Hervé, nun stell dich nicht so an!« versuchte Cinan zu beschwichtigen. »Yann-Daq meint das nur halb so böse, wie es klingt. Komm, Mann, bleib friedlich! Laß ihn trinken. Du hast deine Meinung und er seine. Spätestens wenn es um die EG-Politik geht, seid ihr euch doch ohnehin wieder einig!«
    Hervé brummte etwas Unverständliches vor sich hin. Am Spieltisch erhob sich ein weiterer Mann. Mathieu Larchant, Mitte 50, wirkte mit seinem etwas vernachlässigten Äußeren nicht unbedingt vertrauenerweckend. Aber bisher hatte sich noch niemand über ihn beklagen können. Seit gut anderthalb Jahren wohnte er in Landéda, gehörte zu den wenigen im Ort, der auch über ein Auto verfügte, noch dazu über ein recht großes, und niemand wußte so recht, womit er sein Geld verdiente. Aber er hatte immer welches. Bei Tage sah man ihn selten; meist tauchte er erst am späten Nachmittag oder am frühen Abend auf. In seiner Dachwohnung brannte dafür bis spät in die Nacht das Licht, manchmal bis in den frühen Morgen hinein. Besonders oft ließ er sich nicht in Hervés Kneipe sehen, und wenn, dann redete er nicht viel. Er machte zuweilen beim Kartenspiel mit, erzählte hin und wieder kurze, schier unglaubwürdige Geschichten, aber wenn man ihn über ihn selbst befragte, über seine Herkunft, sein Alter, seinen Beruf, seine Arbeit oder darüber, was ihn ausgerechnet hierher, nach Landéda, ans Ende der Welt verschlagen hatte, dann brachte er es immer wieder fertig, den Fragen auszuweichen oder die Antworten so zu formulieren, daß die Zuhörer schon nach dem fünften oder sechsten Wort nicht mehr wußten, worum es überhaupt ging.
    Die alte Dame, in deren Haus er zur Miete wohnte, wußte auch nichts über ihn zu erzählen. Er bezahlte immer pünktlich, war sehr ruhig, und im letzten Winter hatte er immer schon sehr früh morgens den Weg von der Haustür bis zur Straße und auch den Gehsteig entlang des Grundstücks weitestgehend schneefrei gehalten. Madame Holet war voll des Lobes.
    Jetzt kam Larchant zum Tresen. »Herr Wirt, bringen Sie mir Geld, ich möchte zahlen«, sagte er.
    Hervé schmunzelte und wechselte den großen Geldschein, den Larchant auf den Tisch legte. Larchant schob das Wechselgeld fast achtlos in die Jackentasche. »Schönen Abend noch«, wünschte er und ging nach draußen; den Patronen mit den Silberkugeln und dem
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