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Elena – Ein Leben fuer Pferde

Elena – Ein Leben fuer Pferde

Titel: Elena – Ein Leben fuer Pferde
Autoren: Nele Neuhaus
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Prolog
     
    Die alte dunkelbraune Stute hörte auf zu kauen. Sie hob die Nase aus dem Stroh, streckte den Kopf aus dem Stallfenster und spitzte die Ohren. Die Luft war frisch und kalt, doch in ihr lag bereits die Ahnung des kommenden Frühlings. Der Morgen kündigte sich mit einem schmalen hellen Streifen am Horizont im Osten an. Der Himmel war dunkel, aber die Sterne glänzten nur noch blass. Nebel stieg aus den Wiesen auf. In den Bäumen rings um den Stall erwachten die ersten Vögel und stimmten ihr Frühkonzert an.
    Die Stute schnaubte und wandte den Kopf. Ihr empfindsames Gehör nahm das sich nähernde Motorengeräusch wahr. Es war keines der Autos, das auf der fernen Bundesstraße fuhr, und auch nicht das vertraute Geräusch des hellen Kombis, mit dem der Bauer jeden Morgen zum Stall gefahren kam, um nach ihr und den anderen Pferden zu schauen.
    Die Stute lauschte. In ihrem langen Leben war sie schon oft transportiert worden und dieses Motorengeräusch erinnerte sie an die längst vergangene Zeit, als sie zu Turnieren fahren durfte. Ja, da kam ein Lkw den schmalen Feldweg entlanggekrochen! Das Licht der Scheinwerfer blendete sie einen Moment. Die Stute wieherte laut. Ihr Fohlen, das in einer Ecke der großen Box behaglich im weichen Stroh geschlummert hatte, kam schlaftrunken auf die Beine und schüttelte sich. Auch die anderen Stuten in den benachbarten Boxen horchten auf. Fast alle waren trächtig oder hatten bereits ein Fohlen bei sich.
    Das Motorengeräusch erstarb. Zwei Türen klappten und jemand öffnete das Tor, das hinaus zum Feldweg und den Koppeln führte. Die alte Stute spürte die fordernden Lippen des hungrigen Fohlens an ihrem prallen Euter, aber sie stieß es unsanft zur Seite. Sie war plötzlich unruhig. Das waren fremde Männer, die zu dieser ungewöhnlich frühen Stunde in den Stall kamen. Sie machten nicht das Licht an, sondern leuchteten mit Taschenlampen. Ihre Stimmen waren leise und rau, sie rochen fremd.
    Die Stute hatte in ihrem langen Leben nur Gutes von Menschen erfahren und blickte den Männern deshalb neugierig entgegen, als sie die Tür ihrer Box öffneten. Der appetitliche Duft von Hafer kitzelte in ihrer Nase. Ihr Fohlen hatte hinter ihrem großen starken Körper Schutz gesucht, und die Stute zögerte einen Moment, hin- und hergerissen zwischen dem instinktiven Bedürfnis, ihr Fohlen zu schützen, und ihrer Gier nach dem Hafer. Ihre Ohren spielten. Sie machte einen Schritt auf den Eimer zu, dann noch einen, tauchte ihr Maul tief in den Hafer und kaute genüsslich. Hände streichelten ihr Gesicht, legten ihr ein Halfter an. Die Stute legte warnend die Ohren an, als sich der Mann ihrem Fohlen näherte. Aber sie hatte schon viele Fohlen gehabt und wusste, dass Menschen ihnen nichts Böses antaten. Willig folgte sie dem Mann mit dem Hafer hinaus auf die Stallgasse, brummte beruhigend, als ihr Fohlen aufgeregt wieherte und sich dicht an ihre Flanke drängte.
    Die anderen Stuten und Fohlen wieherten nun auch. Sie gehörten zusammen, kannten sich seit Jahren. Wenn die Anführerin ging, folgten die anderen.
    Aber an diesem frühen Morgen war es anders. Die alte Stute schritt ruhig neben dem Mann her zu dem Lkw. Sie war Tausende Male verladen worden und kletterte auch diesmal brav die Rampe hinauf. Ihr Fohlen sprang mit einem Satz hinter ihr her. Schon ging die Trennwand hinter ihnen zu. Der Hafer schmeckte köstlich. Das Fohlen knuffte mit seinem Mäulchen gegen ihr Euter, fand die Zitze und begann zu saugen.
    Gedämpfter Hufschlag, leise Stimmen. Es polterte auf der Rampe, die dunkelbraune Stute wusste, wer mitfahren würde. Ihre alte Gefährtin aus Jugendzeiten, die erst in der vorletzten Nacht ihr Fohlen bekommen hatte. Minuten später stand sie im Abteil neben ihr, brummte ihr zu und kaute ebenfalls Hafer. Die Rampe ging zu. Der Motor sprang an und der Lkw setzte sich schaukelnd in Bewegung.
    Alles war gut, solange ihr Fohlen bei ihr war.

 
1. Kapitel
     
    »Hoho, Fritzi! Jetzt bleib doch mal eine Sekunde stehen!«
    Ich hatte den linken Fuß schon im Steigbügel und hüpfte atemlos auf einem Bein neben meinem Pferd her, das es nicht abwarten konnte, endlich wieder einmal ins Gelände zu kommen, und sich aufgeregt im Kreis drehte. Twix, mein braun-weißer Jack-Russell-Terrier, schoss kläffend um uns herum, denn er war genauso wild auf einen Ausritt wie Fritzi. Nach ein paar vergeblichen Versuchen schaffte ich es endlich aufzusitzen und angelte mit dem rechten Fuß noch nach dem
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