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Elena – Ein Leben fuer Pferde

Elena – Ein Leben fuer Pferde

Titel: Elena – Ein Leben fuer Pferde
Autoren: Nele Neuhaus
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Steigbügel, als Fritzi schon antrabte. Er kannte den Weg Richtung Wald und wusste genau, dass er gleich nach Herzenslust galoppieren durfte.
    Seitdem er auf dem Amselhof trainiert wurde, war meistens disziplinierte Arbeit in der Reithalle angesagt und höchstens ein- oder zweimal pro Woche gab es eine kurze Schrittrunde rings um den Hof. Ostern hatte es sogar noch einmal mächtig geschneit, doch nun war der letzte Spätwinterschnee geschmolzen und der Frühling hielt Einzug. Der Himmel war hellblau, die milde Luft voller Düfte und die Sonnenstrahlen wärmten und zauberten das erste blasse Grün auf Wiesen und Felder. Auch in die kahlen Bäume im Wald kehrte das Leben zurück, überall zeigten sich zaghaft winzige grüne Tupfer, die sich bald in dichtes Laub verwandeln würden.
    Ich lenkte Fritzi den sandigen Weg Richtung Waldrand entlang und fasste die Zügel kürzer, denn er bog angeberisch seinen Hals, stellte den Schweif auf, tänzelte und wieherte. Fast hätte man denken können, er wollte Frau Griese und ihrer alten Stute, die auf dem Dressurplatz herumtrabten, imponieren. Er tat so, als würde er sich vor Twix erschrecken, bockte ein bisschen, und ich hatte alle Mühe, ihn manierlich im Schritt zu halten.
    Fritzi hatte sich in den letzten Wochen völlig verändert. Zwar war er immer noch brav und anständig, doch er hatte jede Menge Kraft bekommen und mit seinen fünf Jahren mittlerweile begriffen, dass er ein Hengst war. Heute hatte ich das Gefühl, auf einem Pulverfass zu sitzen.
    »Ist ja gut«, sagte ich zu meinem Pferd. »Gleich darfst du galoppieren.«
    Fritzi klappte ein Ohr nach hinten. Er verstand genau, was ich gesagt hatte.
    Wir hatten den Wald erreicht. Ein leichter Wind rauschte in den blattlosen Baumkronen und ich ließ Fritzi direkt hinter der ersten Wegkreuzung antraben, sonst wäre er wahrscheinlich auf der Stelle explodiert. Der Weg, den Melike und ich »die Autobahn« nannten, weil er schnurgerade quer durch den Wald verlief, war ideal für einen ersten stürmischen Galopp, denn er führte über ein paar Kilometer leicht bergauf. Fritzi schoss los wie eine Kanonenkugel, aber da ich darauf gefasst war, brachte es mich nicht in Schwierigkeiten. Ich konnte mein Pferd nur zu gut verstehen, auch ich fand es öde, jeden Tag Dressurlektionen in der Reithalle zu üben.
    Nach ein paar Metern ging ich in den leichten Sitz, ließ die Zügel etwas länger und Fritzi streckte sich. Seine Hufe trommelten dumpf auf dem aufgeweichten Boden. Twix bellte irgendwo hinter uns empört, weil er mit seinen kurzen Beinchen nicht mithalten konnte. Papa würde sicher schimpfen, wenn er wüsste, dass ich Fritzi in Endgeschwindigkeit durch den Wald rasen ließ, aber der junge Hengst brauchte das hin und wieder, um zufrieden zu sein.
    Noch vor ein paar Wochen hatte es Papa herzlich wenig interessiert, was ich mit Fritzi so anstellte, aber das hatte sich mittlerweile geändert. Seitdem ich ihm gezeigt hatte, wie gut Fritzi springen konnte, setzte Papa wieder große Hoffnungen in meinen jungen Hengst, obwohl er die damals, nach Fritzis schwerem Unfall, aufgegeben hatte. Fritzi hatte nämlich trotz seiner jungen Jahre eine dramatische Lebensgeschichte.
    Er war an meinem achten Geburtstag geboren, und Papa hatte ihn mir am selben Tag geschenkt, weil mein Geburtstag durch dieses aufregende Erlebnis viel zu kurz gekommen war. Ungefähr ein Jahr später war Fritzi als Jährling mit seinen gleichaltrigen Pferdekumpel aus der Koppel ausgebrochen und irgendwie auf die Bundesstraße geraten, wo er von einem Auto angefahren worden war. Seine Verletzungen waren so schlimm gewesen, dass man angenommen hatte, er wäre nie mehr als Reitpferd zu gebrauchen. Aber mich hatte seine Lahmheit nicht gestört, ich hatte ihn gepflegt und später, als er alt genug war, auch geritten.
    Im vergangenen Sommer war von den Folgen des Unfalls nichts mehr zu sehen gewesen – Fritzi trabte und galoppierte, als wäre er nie verletzt gewesen. Meine beste Freundin Melike und ich waren fast jeden Tag zusammen ausgeritten und hatten dabei festgestellt, dass Fritzi super springen konnte. Wir hatten überlegt, wie wir es anstellen konnten, Fritzi zu trainieren, ohne dass mein Vater das mitbekam, und da war Tim ins Spiel gekommen. Beim Gedanken an ihn musste ich unwillkürlich lächeln. Nicht, dass ich eine Sekunde mal nicht an ihn dachte, aber meistens geschah das eher unbewusst. Tim Jungblut war zweifellos der tollste Junge der ganzen Welt mit der süßen
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