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Elena – Ein Leben fuer Pferde

Elena – Ein Leben fuer Pferde

Titel: Elena – Ein Leben fuer Pferde
Autoren: Nele Neuhaus
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allen Dingen dann, wenn ihre besorgten Mütter von der Tribüne aus zuschauten. Saphir spielte Rodeopferd, das Mädchen hatte Angst, und als das Pferd dann einen hinterhältigen Buckler machte, schoss es aus dem Sattel, segelte durch die Luft und plumpste mit einem dumpfen Aufprall in den Sand.
    »Hui!«, machte Opa. »Abteilung Sche-ritt!«
    Ich parierte durch. Opa hatte Saphir schnell wieder eingefangen, aber das kleine Mädchen lag wie ein Maikäfer auf dem Rücken in der Reitbahn und rührte sich nicht. Ihre Mutter ließ einen Schrei los und versuchte panisch, die Bandentür zu öffnen.
    »Es ist nichts passiert!«, rief Opa und half dem Kind auf die Beine. »Aber dieses Monstrum von Weste ist ja die reinste Ritterrüstung!«
    »Ohne die Weste darf Lisa nicht reiten! Sie könnte sich die Wirbelsäule verletzen«, erwiderte die Mutter in einem hysterischen Tonfall, und ich konnte meinem Großvater ansehen, dass er mit seiner Geduld am Ende war.
    »Sie kann sich die Arme brechen, wenn sie unglücklich mit diesem Kasten stürzt.«
    Saphir ließ unterdessen gelangweilt die Ohren hängen und tat unschuldig, aber die Kleine stand zitternd da, heulte Rotz und Wasser und war nicht mehr dazu zu bewegen, zurück in den Sattel zu klettern.
    »Na, na, das war doch nicht so schlimm«, sagte Opa. »Jeder Reiter fällt mal runter. Das gehört zum Reiten dazu. Komm, ich werf dich wieder hoch.«
    »Nein.« Das Mädchen schüttelte den Kopf und hatte vor lauter Aufregung Schluckauf bekommen. »Ich ha… ha… hab so eine Angst vor Saphir!«
    »Also gut.« Opa blickte sich ungeduldig um. »Wer tauscht mit Lisa?«
    Keiner. Klar. Saphir war bei den Anfängern wenig beliebt, denn er hatte mehr Temperament als die anderen Schulpferde, die mit halb geschlossenen Augen vor sich hin dösten, bis es weiterging.
    »Ich!«, rief ich kurz entschlossen und sprang von meinem Pony. »Du kannst Sirius reiten, wenn du magst. Er ist total lieb.«
    »Echt?«, fragte die Kleine unsicher und zog die Nase hoch.
    »Sirius ist todbrav«, versicherte Opa. »Und von ihm fällst du nicht so tief.«
    »Du fällst überhaupt nicht von Sirius runter«, sagte ich schnell, bevor das Mädchen schnurstracks aus der Halle rannte und wir noch einen zahlenden Reitschüler weniger hatten. Opa hatte einen ziemlich derben Humor, der bei ängstlichen Mädchen und ihren noch ängstlicheren Müttern nicht gut ankam. »Komm, wir schnallen die Ausbinder von Saphir um und dann geht’s weiter.«
    Ein paar Minuten später trabte ich auf Saphir am Anfang der Abteilung. Der dunkelbraune Wallach merkte sofort, dass er mit mir keine Mätzchen machen konnte, und benahm sich mustergültig. Lisa saß strahlend auf Sirius, der so brav war, wie ich vorausgesagt hatte.
    Der Rest der Reitstunde verlief ohne Probleme und ich ließ meine Gedanken wieder zu Tim schweifen. Was er wohl gerade tat? Ob er mit der arroganten Ariane und den anderen blöden Hühnern im Reiterstübchen auf dem Sonnenhof saß? Von Ariane wusste ich, dass es ein ganz modernes Reiterstübchen auf der Reitanlage von Tims Vater gab, von dem aus man durch große Glasscheiben in die Reithalle schauen konnte. Zwar hatte Tim mir versichert, ich müsse mir keine Gedanken wegen Ariane machen, trotzdem nagte die Eifersucht jeden Tag an meinem Herzen. Ich hätte alles darum gegeben, einmal den Sonnenhof zu sehen, damit ich mir wenigstens vorstellen konnte, wo und wie Tim seine Nachmittage verbrachte, aber ich hatte null Chancen. Wenn mich dort jemand erkannte und meine Eltern oder Christian davon erfuhren, konnte ich Tim gleich vergessen.
    Niedergeschlagen tauschte ich mit Lisa nach der Reitstunde die Pferde und führte Sirius zu seiner Box. Ich brachte sein Sattelzeug weg und kam gerade aus der Sattelkammer, als Lisa mit ihrer Mutter den Stall betrat.
    »Sirius ist echt das tollste Pony, das ich jemals geritten habe«, sagte die Kleine und lächelte schüchtern. »Heute hab ich zum ersten Mal beim Reiten überhaupt keine Angst gehabt.«
    »Das freut mich«, erwiderte ich. Warum wollte Lisa reiten, wenn sie doch Angst hatte? Das konnte ich nicht ganz verstehen.
    »Darf ich ihn noch mal streicheln und ihm einen Zucker geben?«
    »Ja, klar. Da vorn ist seine Box.«
    »Danke, dass du mit mir getauscht hast.«
    »Kein Problem.« Ich half ihr, die Boxentür aufzumachen.
    »Du reitest voll super«, sagte Lisa und streichelte Sirius.
    »Na ja, ich reite auch jeden Tag, seitdem ich denken kann«, erwiderte ich bescheiden.
    Lisa
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