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Elena – Ein Leben fuer Pferde

Elena – Ein Leben fuer Pferde

Titel: Elena – Ein Leben fuer Pferde
Autoren: Nele Neuhaus
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nur so schrecklich kompliziert sein? Fritzi blickte mich aus seinen dunklen Augen abwartend an und scharrte ungeduldig mit einem Vorderhuf. Diese Wiese bedeutete für ihn, dass er springen durfte, und das tat er für sein Leben gern.
    »Heute leider nicht, mein Süßer«, sagte ich und stand auf. »Ohne Tim springen wir nicht.«

 
2. Kapitel
     
    Als wir eine halbe Stunde später vom Ausritt zurückkamen, lag der Amselhof wie ausgestorben da. Papa und Mama waren wohl noch beim Steuerberater, und da Opa montags erst ab fünf Uhr Reitstunden gab, fehlten auch die Reitschüler, die an den anderen Nachmittagen durch den Schulstall wuselten. Ich lenkte Fritzi an der kleinen Reithalle vorbei zur hinteren Tür des Turnierstalls, saß ab und führte mein Pferd hinein. Die anderen Pferde streckten ihre Köpfe zur Stallgasse hinaus und wieherten ein Willkommen. Früher hatte Fritzi in der Scheune bei den Rentner- und Jungpferden gestanden, aber an dem Tag, als Lagunas verkauft worden war, hatte er in dessen ehemalige Box im Turnierstall umziehen dürfen. Es war die schönste und größte Box, mit einem Fenster nach draußen und einem auf die breite Stallgasse, und Fritzi genoss es, den lieben langen Tag rausgucken zu können.
    Ich nahm ihm Sattel und Trense ab und wartete, bis er sich ausgiebig den Kopf an seinem Vorderbein gerieben hatte, bevor ich ihm das Halfter überstreifte und ihn in die Waschbox führte. Nach Lagunas’ Unfall hatte Papa den Betonboden in der Waschbox durch einen rutschfesten Gummiboden ersetzen lassen. Twix schlabberte gierig Wasser aus einem Napf neben der Sattelkammertür.
    Auf einmal hörte ich Robbie, unseren Berner Sennenhund, bellen, und es klang nicht gerade freundlich. Sofort schoss Twix an mir vorbei und Sekunden später bellte auch er. Schnell führte ich Fritzi in seine Box und folgte meinem Hund in den vorderen Teil der Stallungen.
    Ich war tatsächlich mutterseelenallein auf dem Hof! Von unserem Bereiter Jens, dem Aknefrosch, keine Spur, obwohl er nach einem freien Wochenende normalerweise spätestens um neun Uhr morgens wieder zurück war. Komisch.
    »Robbie! Twix!«, rief ich laut, aber die Hunde hörten nicht auf zu bellen. Ich fand sie auf der Stallgasse im Langen Stall vor einer Box, und Robbie, der sonst eine Seele von einem Hund war, war völlig außer sich und sprang wild bellend an der Boxentür hoch.
    »Robbie, Twix«, wiederholte ich scharf, »seid ihr wohl ruhig! Kommt her!«
    Robbie verstummte, warf mir einen kurzen Blick zu und gehorchte, wenn auch widerwillig knurrend. Twix hingegen bellte unverdrossen weiter.
    Als ich näher kam, sah ich, was die beiden Hunde so aufregte. In der leeren Box standen zwei Männer und machten einen ziemlich unglücklichen Eindruck. Ein wütender, sechzig Kilo schwerer Berner Sennenhund kann zweifellos ziemlich Furcht einflößend sein, auch wenn er so gutmütig ist wie Robbie. Fast hätte ich bei ihrem Anblick laut losgelacht, aber dann kam mir der Gedanke, dass es sich durchaus um neue Kunden handeln könnte, die wir ziemlich dringend brauchten. Ich packte Robbie also am Halsband, schärfte ihm ein, brav zu sein und sich hinzusetzen, dann erwischte ich Twix und befahl ihm dasselbe.
    »Entschuldigung«, sagte ich zu den Männern und befreite sie aus ihrem Gefängnis.
    Der Ältere der beiden sagte etwas in einer fremden Sprache, das ausgesprochen unfreundlich klang, und warf den knurrenden Hunden einen misstrauischen Blick zu. Er war etwa Mitte fünfzig, nur ein kleines Stück größer als ich selbst, dafür aber so rund wie ein Fass. In seinem dunklen Anzug mit Krawatte und seinen schwarzen Lackschuhen war er hier im Stall völlig fehl am Platz. Der andere war viel jünger, groß und schlank, auch er trug einen schicken Anzug. Er sah nett aus und schien es Robbie nicht übel zu nehmen, dass der ihn in eine Pferdebox gejagt hatte.
    »Ein Chofchund ist äben dazu da, um aufzupassen«, meinte er lächelnd. »Wirrr wollten auch nicht einfach so eindringen, aberrr es war niemand da.«
    Er sprach einwandfrei Deutsch, aber mit einem deutlichen ausländischen Akzent.
    »Ich war nur kurz mit meinem Pferd im Gelände«, erwiderte ich. Er sollte nicht den Eindruck haben, auf dem Amselhof stünden Tag und Nacht alle Türen offen. »Kann ich Ihnen helfen?«
    Ich hatte plötzlich ein ungutes Gefühl, denn ich erinnerte mich an den unscheinbaren Mann in Anzug und Krawatte, den ich im vergangenen Sommer nichts ahnend zu Opa geführt hatte. Er hatte sich als
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