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0491 - Die Wolfshexe

0491 - Die Wolfshexe

Titel: 0491 - Die Wolfshexe
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Ich verstand es nicht, aber meinem Vater hat der Fremde sich scheinbar offenbart. ›Er ist der meneur des loups‹, erklärte Vater mir später. Es war, als er mir gestand, ein Werwolf zu sein. Der meneur des loups hatte ausgerechnet mir, der selbst nicht werwölfisch veranlagten Tochter eines Werwolfes, die Fähigkeit verliehen, Werwolf-Bisse zu heilen!«
    »Eine fantastische Fähigkeit«, entfuhr es Zamorra. »Und das ausgerechnet von einem dämonischen Wesen? Dieser meneur des loups gehört eindeutig zur Schwarzen Familie!«
    »Ich weiß nicht, warum er es tat. Vielleicht ist ein Haken daran, aber wenn, dann habe ich ihn bisher noch nicht entdecken können. Und diese Fähigkeit, die mir den Spitznamen ›Wolfshexe‹ einbrachte, war nicht das einzige Geschenk. Wir alterten plötzlich beide kaum noch. Zamorra, ich habe über hundertdreißig Jahre gebraucht, um von der damals 10jährigen wenigstens äußerlich zur 20jährigen zu werden!«
    Zamorra schüttelte den Kopf. »Ich bin mir nicht sicher, ob diese Langlebigkeit wirklich ein Geschenk war. Ich halte es eher für einen Fluch.«
    Nicole und er wechselten einen kurzen, aber eindringlichen Blick. Sie beide alterten scheinbar auch nicht mehr, seit einem ganz bestimmten Ereignis… und es hatte Zamorra einen hohen Preis gekostet…
    »Ja, inzwischen glaube ich auch, daß es ein Fluch ist. Das Geschenk eines Dämons. Das paßt, nicht wahr?« sagte Mireille bitter. »Wir trennten uns. Mein Vater war ein Werwolf, ich nicht. Durch seine Jagden war er häufig gezwungen, den Wohnsitz zu wechseln. Wenn die Langlebigkeit einen Vorteil hatte, dann den, daß auch sein schwarzmagisches Bedürfnis zeitlich gedehnt wurde. Statt ein- oder zweimal im Monat einen Menschen zu reißen, reichte es jetzt, das ein- oder zweimal im Jahr zu tun. Aber darüber erleichtert zu sein, war ein Trugschluß; die Leute merkten bald, daß wir nicht mehr älter wurden. Bei meinem Vater fällt es weniger auf, aber wenn ein junges Mädchen über Jahrzehnte hinweg ein junges Mädchen bleibt… nein, da sind die äußerlichen Veränderungen doch zu gering. Ich mußte mir praktisch alle zehn Jahre eine neue Bleibe und natürlich auch eine neue Identität suchen. Und… irgendwie bin ich froh, daß das jetzt vorbei sei soll. Ich glaube nicht, daß ich nun innerhalb weniger Wochen als alte Frau enden werde, weil die Natur das Versäumte nachholt; ich werde wohl noch vierzig oder sechzig oder mehr Jahre leben. Aber das endlich als ein normaler Mensch.«
    »Was war das mit der Heilfähigkeit?«
    »Werwolfbisse kann ich… konnte ich heilen, und nur diese. So habe ich auch Yann-Daq Plouder geheilt. Am Abend zuvor hatte mein Vater ihn gebissen. Er wollte ihn auch zu einem Wolf machen, nicht nur zum Opfer. Yann-Daq sollte auf unserer Seite sein. Vater nannte das seine Sorge darum, daß ›seine Art nicht ausstirbt‹. Als er mich dann abholte und ich auf der Fahrt hierher Yann-Daq am Straßenrand liegen sah, sprang ein ganz eigenartiger Funke über. Aus uns hätte etwas werden können. Ich spürte natürlich sofort, daß Vater den Werwolfkeim in ihn gepflanzt hatte. Aber ich wollte nicht, daß Yann-Daq zum Werwolf wurde. Ich wollte keinen Werwolf zum Partner - falls Plouder mein Partner geworden wäre. Also heilte ich ihn. Er vergaß die Zeit zwischen Biß und Heilung. Ja, und nun - hat er meinen Vater erschossen.«
    »Er hat nur einen Schlußstrich unter eine Reihe von Morden gezogen«, sagte Nicole. »Aber es war auch ein Schlußstrich, was mich betrifft. Ich hasse ihn nicht, aber ich kann ihn auch nicht lieben. Er hat meinen Vater getötet. Ich würde jedesmal, wenn ich mit ihm zusammen wäre, meinen Vater sterben sehen. Ich werde Yann-Daq Plouder niemals wieder begegnen.« Und sie fragte sich, ob ihr Vater eine prophetische Gabe gezeigt hatte, als er sie vor einer Bindung an Plouder warnte.
    »Ich werde gehen, und ich hoffe, daß mich niemand mehr findet. Was war, wird nie wieder sein. Der meneur des loups hat mir meine besonderen Fähigkeiten genommen; ich kann keine Werwolfbisse mehr heilen. Ich beginne ein neues, letztes Leben. Das ist alles.«
    Zamorra nickte. »Viel Glück, Wolfshexe«, sagte er und lächelte so, daß Mireille ihm nicht böse sein konnte, daß er ihren Spitznamen gebrauchte.
    »Noch etwas«, sagte sie. »Es nützt vielleicht der Polizei. Es war mein Vater, der die Cinans ermordete. Es hätte nicht sein müssen.«
    »Es erhebt sich die Frage, wie man Werwolfbisse in einem
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