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Hexenkessel

Hexenkessel

Titel: Hexenkessel
Autoren: Colin Forbes
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Prolog
    Paula Grey erstarrte, als sie den Leichnam entdeckte, der auf dem Kamm einer mächtigen Welle dahintrieb und langsam auf die Küste zugetragen wurde. Im fahlen Mondlicht erinnerte der leblose Körper an einen auf dem Rücken liegenden einsamen Schwimmer.
    Paula war von dem luxuriösen Spanish Bay Hotel zu einem nächtlichen Spaziergang aufgebrochen, der sie über einen Bohlenweg, zu dessen beiden Seiten sich der zu dieser Stunde verlassene Golfplatz erstreckte, hinunter zum Meer führte. Sie hatte sich zu dem Spaziergang entschlossen, um die bedrückte Stimmung abzuschütteln, in der sie sich befand, nachdem es ihr nicht gelungen war, etwas Belastendes über Vincent Bernard Moloch, den milliardenschweren Besitzer der AMBECO, des größten Mischkonzerns der Welt, herauszufinden - mit diesem Auftrag hatte Tweed sie von London hierhergeschickt. Jetzt wollte sie endlich wieder einen klaren Kopf bekommen.
    Die Julinacht war empfindlich kühl, und der Sturm, der über dem Meer aufzog, ließ sie trotz ihrer Jeans, des dicken Wollpullovers und der Windjacke frösteln. Eine weitere riesige Woge schwemmte die unheimliche Last noch näher an die Küste heran, und Paula rechnete sich aus, daß sie wohl bei Octopus Cove an Land gespült würde.
    Sie sah sich nach allen Seiten um, zog dann den Reißverschluß ihrer Windjacke herunter und griff nach dem 32er Browning, den sie in den Bund ihrer Jeans geschoben hatte. Als sie hastig zum Wasser hinuntereilte, schwoll der Lärm der aufgewühlten See zu einem ohrenbetäubenden Getöse an. Gewaltige Brecher donnerten gegen die zerklüfteten Felsen und warfen meterhohe Gischtschleier darüber.
    Der reglose Körper trieb ganz in der Nähe der Steine, zu denen Paula jetzt hinunterkletterte. Inzwischen war ihre Kleidung von der Gischt durchnäßt, doch ihre Furcht vor der tobenden Brandung verschwand, als sie sah, wie der Leichnam von der nächsten heranrollenden Welle in das seichte Wasser einer tiefen Rinne geschleudert wurde. Sie beugte sich hinunter, packte eine eiskalte Hand und stellte fest, daß es sich um die Leiche einer Frau handelte.
    Ehe eine weitere Welle sie gegen die Felsen schmettern konnte, zerrte sie die tote Frau hoch und entriß sie den gnadenlosen Naturgewalten. Im Schein des Mondlichts war das Gesicht der Toten deutlich zu erkennen. Ihr dunkles Haar klebte ihr am Kopf, und sie trug ein weißes, bis oberhalb des Bauchnabels hochgerutschtes Kleid. Rund um das linke Handgelenk, an dem Paula sie aus dem Wasser gezogen hatte, verlief eine häßliche dunkelrote Schürfwunde, und um das rechte waren die Überreste eines zerrissenen Stricks geschlungen. Aus einer großen Platzwunde am Kopf, die ihr vor nicht allzulanger Zeit zugefügt worden sein mußte, war wohl viel Blut geströmt. Paula wollte sie gerade eingehender untersuchen, als sie vom Meer her Motorengeräusche hörte, die rasch näherkamen.
    Sie blickte hoch und sah drei große, von starken Außenbordmotoren angetriebene Schlauchboote direkt auf Octopus Cove zurasen. In jedem saßen mehrere mit Sturmhauben maskierte Männer, die etwas in den Händen hielten, was verdächtig nach Maschinenpistolen aussah. Das vorderste Boot wurde von einem ungewöhnlich großen und kräftigen Mann gesteuert. Trotz des hohen Wellengangs stand er hochaufgerichtet da, hielt sich mit einer Hand an der Seite des Bootes fest und riß sich mit der anderen die Haube vom Kopf. Er starrte direkt zu Paula hinüber - ein Mann mit dichtem, dunklem Haar und einer Römernase. Paula duckte sich, zerrte den schweren Leichnam näher an die Felsen heran und rannte dann in gebückter Haltung weg.
    Zuerst lief sie ein Stück den Bohlenweg entlang, der aus parallel verlaufenden Holzplanken bestand, dann bog sie auf den Golfplatz ab. Ein sechster Sinn veranlaßte sie, sich fieberhaft nach einem geeigneten Versteck umzuschauen. Ihre durchnäßten Turnschuhe verursachten schmatzende Geräusche, als sie über den sauber gestutzten Rasen lief. Wo um alles in der Welt sollte sie sich in Sicherheit bringen? Behalt die Nerven, mahnte sie sich selbst.
    Sie hatte den Bohlenweg bereits ein gutes Stück hinter sich gelassen, als sie buchstäblich über ein Versteck stolperte - eine große Sandgrube, die als Hindernis für die Golfer gedacht war. Sie ließ sich hineinfallen und zog ihren Browning, den sie während der Bergung der Leiche wieder in den Bund ihrer Jeans zurückgeschoben hatte. Vorsichtig robbte sie zum Rand der Grube und spähte auf Octopus Cove
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