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0491 - Die Wolfshexe

0491 - Die Wolfshexe

Titel: 0491 - Die Wolfshexe
Autoren: Werner Kurt Giesa
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folgen. Aber noch vor dem Hügel, auf dem der Anführer der Wölfe sich ihr gezeigt hatte, holte sie ihn ein.
    Er sprach kein Wort.
    Auf dem Hügel gab es den meneur nicht mehr, aber in der dahinterliegenden Senke wartete er auf jene, die er zu sich gerufen hatte - nach so langer Zeit. Er verzichtete auf eine freundliche Begrüßung, wie sie ihm einst gewährt worden war.
    »Ihr habt vergessen, daß Ihr meine Kreaturen seid«, empfing er sie drohend!
    ***
    Keiner der Polizisten hatte bemerkt, wie Yann-Daq Plouder herangekommen war, die schwere Last auf seinen Schultern tragend. Der Jäger verstand es zu gut, sich anzupirschen. Die Menschenansammlung rund um sein Haus war ihm anfangs nicht ganz geheuer gewesen.
    Jetzt starrten sie alle entgeistert auf die Kreatur, die er herangeschleppt hatte.
    »Ich habe ihn erlegt«, sagte er. »Gut zwei oder drei Kilometer von hier.«
    »Und Sie haben ihn von dort hierher getragen?« entfuhr es Assistent Khaighez. »Wer sind Sie überhaupt, Sie Supermann?«
    »Das ist Monsieur Plouder«, erwiderte Zamorra.
    Plouder verzog das Gesicht. »Was soll dieser Auflauf? Ist schon wieder etwas passiert?«
    »Die Cinans sind tot, und der Wolfskadaver und Sie sind, beziehungsweise waren, verschwunden, Plouder«, informierte Zamorra ihn.
    »Kein Grund, mit einer ganzen Armee von Polizisten aufzukreuzen«, brummte der Jäger. Er griff sich an den Hals, massierte ihn leicht. Zamorra entsann sich, eine ähnliche Bewegung auch einige Male bei ar Brazh gesehen zu haben, nur hatte der seinen Nacken massiert. Vorsichtshalber sah Zamorra sich Plouders Schatten sehr genau an, aber das Licht war nicht gut genug, um klare Konturen zu werfen. Der Himmel war grau und wolkenverhangen.
    Aber das Amulett zeigte nichts an.
    Unwillkürlich kauerte sich Zamorra neben den toten Werwolf. »Ar Brazh«, sagte er leise. »Es ist seine Kleidung.«
    Am Gesicht war er nicht zu erkennen, denn es war mitten in der Rückverwandlung gewissermaßen eingefroren. Der Mann war halb Mensch, halb Wolf. Teilweise war sein grauenhaft verzerrter Mischkörper noch von Fell bedeckt; ar Brazhes Kleidung hing in Fetzen an ihm. Nach kurzem Abtasten fand Zamorra ein graues Lederetui, klappte es auf und zeigte den anderen die Dienstmarke des Detektivsergeants. »Natürlich gibt es keine Werwölfe, Herrschaften. Ganz bestimmt nicht.« Seine Stimme troff vor Spott.
    »Ich begreife das nicht«, murmelte Khaighez. »Wie ist so etwas möglich?«
    »Das ist Magie«, sagte Zamorra. »Schwarze Magie, Dämonismus.« Er löste das Amulett von der langen Halskette und legte es auf den Leichnam. Die handtellergroße Silberscheibe glühte leicht auf, dann floß das Glühen für kurze Zeit über den Mischkörper des Lykanthropen. Als es erlosch, lag Mikel ar Brazh vor ihnen. Sein Körper war von Brandwunden übersät, und er wies zwei Einschüsse auf, die Kopf und Herz getroffen hatten.
    »Sauberer Fangschuß, Monsieur Plouder«, stellte Nicole trocken fest.
    Plouder preßte die Lippen zusammen. Er zitterte stumm. Drei der uniformierten Polizisten verfärbten sich leicht ins Grünliche. Die Verwandlung rief Ekel hervor, weckte uralte Ängste. »Sie haben so etwas geahnt, nicht wahr?« fragte Zamorra. »Deshalb haben Sie Silberkugeln geladen.«
    »Er war ganz und gar Wolf, als ich ihn erwischte«, sagte Plouder leise. »Er blieb zurück, als der meneur des loups und das Rudel sich entfernten. Da habe ich geschossen. Genau in dem Moment begann er sich zu verwandeln.«
    »Der Anführer der Wölfe?« hakte Zamorra ein. »Sie betonen das so seltsam.«
    »Ja«, sagte Plouder. »Natürlich. Es ist ein ganz besonderer Titel für einen ganz besonderes Wesen.«
    »Woher kennen Sie den Begriff?« drängte Zamorra.
    Plouder sah ihn aus großen Augen an. »Das kann ich Ihnen nicht sagen, Zamorra. Ich kenne ihn selbst erst seit höchstens zwei Tagen. Seit…« Und wieder faßte er sich an den Hals.
    »Reden Sie! Was ist passiert?« fragte Zamorra eindringlich.
    Plouder sah abwechselnd ihn und Nicole an. Vielleicht wunderte er sich, daß die beiden im Anzug und im Lederoverall, ohne Jacken oder Mäntel, kaum froren, obgleich es so empfindlich kühl war, daß ihnen allen der Atem wie weißer Rauch vor den Gesichtern stand. »Es war… in der Nacht, bevor Yvette Manderon ermordet wurde«, sagte er. »Seitdem habe ich diese Träume.«
    »Was ist passiert? Und warum haben Sie nicht schon früher darüber geredet?«
    »Wer würde mir denn glauben?« fragte Plouder.
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