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Althalus

Althalus

Titel: Althalus
Autoren: David Eddings
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Vor dem Anfang gab es die Zeit nicht, und alles war Chaos und Dunkelheit. Doch der Himmelsgott Deiwos erwachte, und durch sein Erwachen begann die Zeit. Und Deiwos blickte auf das Chaos und die Dunkelheit, und eine tiefe Sehnsucht erfüllte sein Herz. Er erhob sich, alles zu erschaffen, was zu erschaffen war. Das Licht drang in die Leere seines Anverwandten vor, des Dämons Daeva. Doch mit der Zeit wurde Deiwos der Arbeit müde und suchte sich einen Ruheplatz. Ein Gedanke genügte, einen hohen Bergfried am Rande von Licht und Finsternis und zwischen dem Reich, der Zeit und jenem Ort zu erschaffen, an dem es die Zeit nicht gibt. Und Deiwos zeichnete diesen Rand mit Feuer, um alle Menschen vor dem Abgrund Daevas zu warnen. Sodann zog er sich in seinen Bergfried zurück, um sich mit seinem BUCH zu beschäftigen, derweil die Zeit erhaben ihren Marsch fortsetzte.
    Den Dämon Daeva jedoch packte der Zorn, dass Deiwos in sein finsteres Reich eindrang, und seine Seele gebar ewige Feindschaft wider ihn, denn das Licht fügte ihm Schmerz zu, und der geordnete Vormarsch der Zeit war ihm eine schier unerträgliche Qual. Er zog sich auf seinen kalten Thron in der stummen Dunkelheit der Leere zurück. Dort sann er auf Rache gegen das Licht, gegen seinen Anverwandten und gegen die Zeit.
    Und ihre Schwester schaute zu und schwieg.
     
    Aus »Der Himmel und die Unterwelt: Die Mythologie
    des antiken Medyo«
     
    Zur Verteidigung des Althalus sollte darauf hingewiesen werden, dass er sich in einer geldlichen Klemme befand und außerdem mehr als nur ein bisschen beschwipst war, als er sich einverstanden erklärte, das Buch zu stehlen. Wäre er nüchtern gewesen und sein Säckel nicht völlig leer, hätte er vielleicht mehr Fragen über das Haus am Ende der Welt gestellt
    -und ganz gewiss sehr viele Fragen mehr über den Eigentümer des Buches.
    Es wäre Torheit, versuchen zu wollen, Althalus' wahres Wesen zu verheimlichen, denn seine Unarten sind Legende. Wie allgemein bekannt, ist er ein Dieb, ein Lügner, gelegentlich ein Meuchler, ein ungeheuerlicher Aufschneider, und er verfügt nicht über den geringsten Funken Ehrgefühl. Obendrein ist er ein Trinker -wenngleich nicht aus Gewohnheit -und ein Vielfraß und Liebhaber von Damen, die nicht besser sind, als sie sein sollten.
    Doch ist er ein Gauner von einnehmender Art, schnellem Begriffsvermögen und viel Humor. In manchen Kreisen äußerte man sogar die Meinung, Althalus könne Bäume zum Kichern und Berge zum Lachen bringen, würde er es darauf anlegen.
    Seine geschickten Finger sind sogar noch schneller als sein Verstand; deshalb achtet ein besonnener Mann auch stets auf seinen Geldsäckel, wenn er über die Witze des geistreichen Diebes lacht.
    Althalus war stets ein Dieb gewesen, solange er denken kann. Seinen Vater hatte er nie gekannt, und den Namen seiner Mutter wusste er auch nicht mehr genau. Er war im rauen Grenzland unter Dieben aufgewachsen, und schon als Kind hatte ihm seine Schlagfertigkeit Zugang in die Kreise jener verschafft, die davon lebten, sich Wertsachen anderer anzueignen. Er verdiente sich seinen Un terhalt mit Witzen und Geschichten, und als Dank lehrten ihn die Diebe ihr Handwerk.
    Sein scharfer Verstand machte Althalus rasch auf die geistigen und körperlichen Grenzen jedes seiner Lehrherren aufmerksam. Einige waren große und kräftige Männer, die sich mit roher Gewalt nahmen, was sie wollten. Andere waren kleine drahtige Burschen, die sich geschickt und unbemerkt bedienten. Noch ehe Althalus den Kinderschuhen ganz entschlüpfte, war ihm bereits bewusst geworden, dass er nie ein Riese sein würde. Eine große, kräftige Gestalt gehörte offenbar nicht zu seinem Erbe. Ebenso wurde ihm klar, dass er sich als Erwachsener nicht mehr durch Lücken und schmale Öffnungen zu interessanten Räumlichkeiten würde hindurchwin den können, in denen man kostbare Dinge aufbewahrte. Er war von mittlerer Statur, schwor sich jedoch, nie mittelmäßig zu werden. Zu jener Zeit begann er zu ahnen, dass ein scharfer Verstand der Stärke eines Bullen und der Verstohlenheit einer Maus wohl überlegen sei, und so nahm er sich vor, sich auf seine Schläue zu verlassen.
    Zunächst machte er sich einen bescheidenen Ruf in den Bergen und Wäldern am Rande der Zivilisation. Andere Diebe bewunderten seine Klugheit. Einer drückte es eines Abends in einer Spelunke im Lande Hule mit den Worten aus: »Ich würde schwören, dass dieser junge Althalus die Bienen beschwatzen könnte, ihm
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