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0488 - Blutregen

0488 - Blutregen

Titel: 0488 - Blutregen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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interessiert mich gar nicht«, entgegnete Yomoy. »Du glaubst also, daß es nicht nötig ist, dich erst ein wenig zu foltern? Oh, ich denke anders. Es spart Zeit. Denn danach wirst du sehr genau wissen, was dich erwartet, wenn du lügst. Ich sage dir: Für jede Lüge wird sich die Qual verdoppeln, von der du auch eine Kostprobe erhältst. Nur, damit du von Anfang an weißt, wovon die Rede ist.«
    »Und wie willst du erkennen, ob ich lüge oder die Wahrheit spreche?« stieß Zamorra hervor. Er versuchte vergeblich vor der glühenden Eisenspitze zurückzuweichen. Die Eisenlehne hielt ihn auf. Auch ein Verrutschen auf der Sitzfläche brachte nur noch millimeterweise Platzgewinn.
    Yomoy ging nach der klassischen Methode vor, wie sie unter anderem auch in den Richtlinien des »Maleficus maleficorum«, dem berüchtigten »Hexenhammer«, beschrieben wurden. Man erkläre dem Delinquenten zunächst die Art und die Wirkung der Instrumente, denen er ausgesetzt werden würde. Der Schilderung nach würde Zamorra gleich zu Anfang zumindest eine seiner beiden Hände verlieren - fingergliedweise. Von anderen unschönen Maßnahmen einmal ganz abgesehen. »Oh«, stellte Yomoy schließlich mit hörbarem Bedauern fest, »das Eisen kühlt ab. Ich dachte, ich könnte dich zuerst ein wenig brennen, aber nun muß es erst wieder erhitzt werden. Also muß ich dir doch zuerst ein paar Finger abquetschen. Wo soll ich anfangen? Du darfst selbst bestimmen.«
    »Fang bei dir selbst an«, keuchte Zamorra. Er hatte sich nie vorstellen können, daß es ein denkendes Wesen gab, das eine derartige, perverse Grausamkeit besaß. Aber in diesem Bruder vom Stein sah er die personifizierte Perversion. Und er war dieser Bestie in Menschengestalt wehrlos ausgeliefert.
    Dabei gab es nicht den geringsten Grund! Zamorra hatte sich keiner feindlichen Aktion schuldig gemacht! Er war nur zwischen den Blumen aufgetaucht und sofort niedergeschlagen worden. Wenn er ein Tabu gebrochen hatte, indem er im Blumenfeld materialisierte -man hätte es ihm wenigstens sagen können, damit er wußte, wofür man ihn bestrafte!
    Yomoy legte das Eisen in die Esse zurück und wählte ein anderes Instrument aus, das nur von einem Wahnsinnigen erdacht und konstruiert worden sein konnte. »Oh, du hast dich noch nicht entschieden?« tadelte er. »Dann muß ich es für dich tun!« Er leierte einen kindlichen Abzählreim herunter und setzte das Foltergerät dann am Daumen von Zamorras rechter Hand an. Zamorra versuchte, die Hand zu drehen, aber er hatte keine Chance. Er spie Yomoy an. Der Folterpriester wischte den Speichel ab, reagierte aber nicht weiter darauf. Er begann an der teuflischen Schraube zu drehen. In seinen Augen loderte es förmlich. Er fieberte nach Zamorras erstem Schrei.
    ***
    »In mir findet die Befürchtung immer mehr Nahrung, daß sie uns durchschaut haben«, zischte Don Cristofero. »Wer auch immer uns diese drei Büttel auf den Hals geschickt hat - ihm möge das vom Leibe faulen, was er für das Unverzichtbarste ansieht!« Hastig begann er an seinem Gewand zu zerren und es soweit über seinen Bauch zu liften, daß er mit der Hand an den Degen kam. »Daran seid nur Ihr schuld, Mademoiselle«, fuhr er hastig fort. »Ihr mit Eurem undamenhaften, engen Dingsda! Ihr hättet ein richtiges Kleid tragen sollen, wie es sich für eine Dame von Welt geziemt. Aber so mußten wir ja auffallen!«
    Daß er selbst mit seinem Herumzurren und - zerren an seinem Priestergewand erst recht auffällig wurde, merkte er überhaupt nicht. Es hatte auch keinen Sinn mehr, ihn zu beruhigen. Dafür war es jetzt zu spät; seine Reaktion war zu schnell erfolgt.
    Nicole sah sich nach Fluchtmöglichkeiten um. Es gab nur eine - zwischen zwei Häusern hindurch. Die drei Wächter hatten inzwischen ihre Klingen gezogen - kurze Schwerter, wie sie einst bei den römischen Legionen üblich gewesen waren. Wenn Cristofero sich wirklich auf einen Kampf einlassen wollte, war er ein Narr. Mit seinem Degen war er zwar viel beweglicher und hatte auch die größere Reichweite, aber an den Schwertern würde seine dünne Klinge einfach zerschellen. Abgesehen davon hatte er seine Waffe immer noch nicht aus der Scheide bekommen.
    »Packt sie!« ertönte im gleichen Moment eine befehlsgewohnte Stimme.
    Nicole fuhr herum. Das war doch Xolox, den sie gefesselt draußen im Blumenfeld zurückgelassen hatten! Neben ihm standen zwei Männer in dunklen Kapuzenkutten.
    Wie auch immer - jetzt gab es keinen Zweifel mehr.
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