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0485 - Die Furie

0485 - Die Furie

Titel: 0485 - Die Furie
Autoren: Werner Kurt Giesa
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seit - wie lange geht das schon, sagen Sie? Seit mehr als 25 Jahren? Nein, selbst durch Lucys Tod kommen Sie nicht so einfach aus der Sache heraus. Sie sind ein Mörder, Textor! Nur ein Mörder. Sonst nichts.«
    Textor schluckte.
    »Aber«, keuchte er. »Zusammen können wir weitere Morde verhindern! Wenn Sie Lucy ausschalten, kann sie nicht mehr morden!«
    »Eine feine Sache, die Sie sich da ausgedacht haben«, warf Nicole ein. »Wir bringen die Dämonin um, und Sie klopfen sich auf die Schulter, weil Sie weitere Morde verhindert haben. Glauben Sie wirklich, daß das so einfach geht?«
    »Wollen Sie mir eine Moralpredigt halten oder etwas gegen diese Abgesandte der Hölle unternehmen?« knurrte Textor.
    Mit einem Sprung war Nicole bei ihm und hatte ihn am Kragen seines Showhemdes. »Seien Sie mal ganz vorsichtig mit Ihren Äußerungen«, warnte sie ihn. »Sonst könnte ich Ihnen die Frage stellen, warum Sie nicht schon viel früher auf die Idee gekommen sind, sich der Dämonin entledigen zu lassen. Dann hätten nämlich Sie eine bisher für uns unbekannte, aber sicher sehr beträchtliche Anzahl von Morden verhindern können!«
    Sie stieß ihn zurück. Er schlug gegen die Wand, vor der er gestanden hatte.
    »25 Jahre«, sagte Nicole. »Ein Vierteljahrhundert. So lange hatten Sie Zeit, sich über Ihr Tun klar zu werden. Aber Sie haben alles schleifen lassen. Sie haben geduldet, daß Ihre Assistentin mordete. Sie wollten ja schließlich nicht wieder in den Dreck zurück. Sie haben von den Morden profitiert, die die Dämonin beging. Textor, Sie haben nichts, absolut nichts aus eigener Kraft bewirkt. Nicht Sie sind reich und berühmt geworden, sondern Lucy hat Sie reich und berühmt gemacht. Und erst jetzt, wo es Ihnen an den weißen Kragen gehen könnte, denken Sie an Tricks. Und Sie nennen uns Moralisten? Mit welchem Recht, Textor? Sie haben uns eine traurige Geschichte erzählt. Aber mit Ihrem Tun sind Sie nicht in höhere Schichten aufgestiegen. Im Gegenteil, Sie sind noch tiefer gesunken. Sie widern mich an. Man wird Sie juristisch nicht belangen können. Aber für mich sind Sie trotzdem ein Mörder!«
    Nicole drehte sich zu Zamorra um. »Laß uns gehen«, sagte sie. »Er soll sehen, wie er damit fertig wird. Wir werden jedenfalls nichts für ihn tun.«
    Noch ehe Zamorra etwas sagen konnte, hatte sie ihn am Arm gefaßt und zog ihn mit sich, schloß die Garderobentür auf und verließ mit ihrem Gefährten die Etage.
    »Was soll das?« stieß Zamorra im Parterre hervor. »Hast du den Verstand verloren? Selbst wenn er hundertmal ein Verbrecher ist, ist es nicht unsere Sache, ihn zu verurteilen! Er ist trotz allem noch ein Mensch, der keinen anderen Weg gesehen hat. Und wir können jetzt nicht einfach die Hände in den Schoß legen und diese Furie weiter morden lassen, nur weil du Textors Handlungsweise verurteilst.«
    Nicole trat ein paar Schritte zurück.
    »Ich will, daß er nachdenkt«, sagte sie. »Daß er den Weg bereut, den er beschritten hat. Natürlich will ich ihn nicht allein lassen. Schon der anderen Menschen wegen müssen wir diese Bestie unschädlich machen. Aber Textor soll nicht glauben, daß es nur seinetwegen geschieht. Wenn wir diese Lucy ausschalten, ist er tatsächlich raus aus dem Pakt. Aber er soll für den Rest seines Lebens immer an jene Menschen denken müssen, die er indirekt auf dem Gewissen hat.«
    »Eine sehr eigenartige Therapie«, murmelte Zamorra.
    »Aber auch ein sehr eigenartiger Fall«, versetzte Nicole. »Komm, Chef. Textor brütet, Lucy hast du verloren, die Lafittes warten und haben uns bestimmt schon einen Deckel in Höhe des französischen Staatshaushaltes verschafft, weil sie sich von uns alleingelassen und verschaukelt fühlen müssen. Laß uns gehen. Textor läuft uns nie mehr weg.«
    »Was ist, wenn das Ungeheuer gerade jetzt wieder zuschlägt?« fragte Zamorra.
    Nicole sah ihn durchdringend an. »Wie könntest du es jemals verhindern?« fragte sie.
    ***
    Das Telefon hatte einen Wackelkontakt. Erst nahm es die Münzen nicht an, dann, als sie endlich im Schacht hängenblieben und den Bereitschaftskontakt auslösten, gab das Gerät einen Dauerbesetztton von sich, was bei einem Ortsgespräch zur momentanen Nachtzeit recht unwahrscheinlich war. Aber Pascal Lafitte gab nicht auf. Er wußte nicht, wo sich die nächste Telefonzelle befand. Selbst wenn man wie er in Lyon arbeitete, konnte man bei einer Stadt dieser Größenordnung einfach nicht alles kennen. Die nächsten Zellen
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