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0484 - Die Rächerin aus Aibon

0484 - Die Rächerin aus Aibon

Titel: 0484 - Die Rächerin aus Aibon
Autoren: Jason Dark
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erreichte die Wand und blieb für einen Moment stehen, bevor ich mich behutsam in die Höhe schob, um durch die Scheibe zu peilen.
    Sie war nicht nur schmutzig, auch feucht. Es war fast unmöglich, in das Innere zu schauen. Zudem brannte in der Hütte kein Licht.
    Aber es befand sich jemand darin. Dort bewegten sich Schatten, ich hörte auch Stimmen, ohne verstehen zu können, was die beiden Personen sagten. Jedenfalls handelte es sich bei ihnen um eine Frau und um einen Mann. Sullivan und das Mädchen aus Aibon?
    Ich huschte zur Tür.
    Sie sah verschlossen aus, war es aber nicht. Bei genauerem Hinsehen stellte ich fest, daß sie spaltbreit offenstand. Für mich natürlich ideal.
    Ich drückte die Tür noch weiter auf, um hineinschauen zu können.
    Die Hütte bestand nur aus einem Raum. Die Stimmen waren jetzt besser zu verstehen. Ich sah die zahlreichen Bilder, die nicht nur an den Wänden hingen, sondern auch auf dem Boden standen.
    Ein rascher Blick über die Motive zeigte mir, daß dieser Maler seine erschreckenden Phantasien in den Bildern ausgetobt hatte. Sie alle zeigten keine freundlichen Motive, waren düster und wirkten drohend und abschreckend. Grün überwog, als hätte der Künstler das gemalt, was er in Aibon gesehen und erlebt hatte.
    Mir rann es kalt den Rücken hinab, als ich Sullivan sah. Er konnte nicht so alt sein, wirkte aber wie ein Greis mit seinen langen, grauen Haaren, die bis auf die Schultern hingen. Er hockte auf einem Klappstuhl, und sein Gesicht war der Person zugewandt, die vor ihm stand, und die er mit dem Namen Jarveena ansprach.
    »Ich habe dafür gebüßt!« hörte ich ihn sprechen. »Ja, ich habe gebüßt. Ich bin ein anderer geworden. Ich mußte mich einfach zurückziehen, ich konnte nicht mehr unter den Menschen leben. Deshalb kaufte ich die Insel und baute mir hier ein Haus. Ich wollte allein mit meinen Träumen und Ängsten sein. Um sie zu überwinden, mußte ich malen, nur malen. Ich wollte mir die Furcht von der Seele zeichnen. Schau dich um, Jarveena. Was du hier siehst, das muß dir bekannt vorkommen. Das alles ist das düstere Aibon, so wie es uns Guywano berichtet hat, der auch dafür sorgte, daß wir die Tat begingen.«
    Jarveena mit den goldenen Haaren schüttelte leicht den Kopf. »Du kannst sagen, was du willst. Du suchst nach Entschuldigungen. Ich aber habe geschworen, die Mörder meiner Eltern zu finden. Und ich habe sie gefunden. Schau her, sieh dir deine beiden Freunde genau an.«
    Bisher hatte ich sie auch nicht gesehen, denn die Särge befanden sich hinter Jarveena, versteckt im Halbdunkel der Hütte, wo kein Tageslicht mehr hinkam.
    Das Mädchen mit den goldenen Haaren bewegte den rechten Arm. Etwas schleifte über den rohen Boden. Sie trat noch einen kleinen Schritt zur Seite. Aus dem Düstern schoben sich die drei hellen Gegenstände hervor, die ich als Särge identifizierte.
    Zwei von ihnen waren belegt.
    Durch Muriel Conways Erzählungen wußte ich, daß ihr Bruder lebend in eine gläserne Totenkiste gesteckt worden war. Jetzt rührte er sich nicht mehr.
    Auch der zweite Mann bewegte sich nicht. Die beiden mußten tot sein, zumindest in einer tiefen Bewußtlosigkeit liegen. Solange noch diese Chance bestand, durfte ich keine Sekunde länger zögern und nur den Zuschauer spielen.
    Gesehen hatte man mich wohl nicht. Aber Jarveena merkte etwas. Sie schaute an Sullivan vorbei zur Tür.
    Ich schob sie weiter auf, so daß ich den Raum betreten konnte. Mit einem langen Schritt glitt ich in die Hütte und befahl: »Öffne die beiden Särge, Jarveena!«
    ***
    Aus dem Mund des Malers löste sich ein Schrei, so überrascht war er. Tom Sullivan blieb nicht sitzen. Er schraubte sich in die Höhe und drehte sich blitzschnell um.
    Wir starrten uns für einen Moment an.
    Sein Gesicht wirkte alt, zerfurcht. Eine feuchte Haut, die an den Kinnbacken überhing, so daß sein Gesicht etwas Hamsterartiges bekam. Er wollte etwas sagen, schaffte es aber nicht, außerdem sprach Jarveena, und sie redete mich mit meinem Namen an.
    »John Sinclair«, sagte sie, »wie hätte es anders sein können? Ich habe dich schon fast vermißt. Wir sind uns einmal begegnet.«
    »War es Zufall?«
    »Nein, ich habe dich gesucht. Ich wollte dich durch mein Erscheinen auch davor warnen, dich mit mir zu beschäftigen. Laß Aibon in Ruhe! Zumindest den Teil des Landes, in dem ich lebe. Guywano muß dir reichen.«
    »Nicht immer«, sagte ich. »Diesmal hat es mir nicht gereicht. Ich will, daß du die
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