047 - Der Schlitzer aus dem Jenseits
wie aus der Pistole geschossen. Larry stand dicht vor
ihr. Das dezente, aufregende Parfüm paßte zu ihr, und die Löcher in dem
Strickkleid starrten ihn an. Braune Haut schimmerte durch. Nackt hätte sie
nicht erotischer sein können.
„Okay, das
geht. Samstag ist immer gut. Dann kann man sonntags wenigstens ausschlafen.“
Ihre Augen
blitzten. „Dazu werden Sie wohl nicht kommen, Larry. Wer mit mir ausgeht, wird
nicht zum Schlafen kommen…“
„Sie sind
anstrengend, ich merke es. Dann werde ich vorschlafen.“
„Einverstanden.
Dagegen ist nichts einzuwenden.“ Lächelnd öffnete sie die Tür, dann noch eine.
Es war eine Doppeltür. Dahinter lag das Allerheiligste von Direktor Toynbee.
Schwere Möbel,
eine kostbare Bibliothek, alte Stiche an den grünen Stoffwänden. Eine
Einrichtung, wie sie sicher ein Lord in seinem alten Landhaus außerhalb Londons
hatte. In einem solchen Betonriesen modernster Bauweise erwartete man das
allerdings weniger.
Englische
Vornehmheit und englische Gastlichkeit wurden Brent zuteil.
Toynbee war
ein Gentleman der alten Schule. Korrekt, freundlich, sympathisch. Doch er
konnte nicht verbergen, daß er auch Sorgen hatte. Sorgen allerdings weniger
materieller Art. Die hätte Larry auch nicht beseitigen können.
Toynbees Sorgen
waren anderer Natur. Und X-RAY-3 waren sie durch einen befreundeten
Psychoanalytiker, der als Mittels- und Nachrichtenmann für die PSA hier
arbeitete, bekanntgeworden. Toynbee hatte sich an diesen Psychoanalytiker mit
der Bitte um Hilfe gewandt. Dr. Barring war zu der Überzeugung gekommen, daß
aufgrund besonderer Vorkommnisse, die Toynbee nicht damit in Zusammenhang
brachte, ein Agent der PSA an Ort und Stelle nach dem Rechten sehen müsse. Hier
schien in der Tat etwas vorzugehen, was nicht mehr in seinen - Barrings -
Aufgabenbereich fiel.
Die Tatsache,
daß fast zur gleichen Zeit ein nachdenklich stimmender Bericht des
Chiefinspektors von Scotland Yard, Higgins, in der Zentrale in New York
eingegangen war, ließ darauf schließen, daß X-RAY-1, der geheimnisvolle Leiter
der Abteilung, schnell sichergehen wollte. Larry Brent war in der letzten Nacht
praktisch aus dem Bett geholt worden. Nach einem nur eintägigen Aufenthalt in
New York ging es schon wieder auf die Reise. Er hatte nicht mal mehr die Zeit
gefunden, seine Eltern und seine Schwester zu besuchen.
X-RAY-1 hatte
zugesagt, Brent mit weiteren Einzelheiten zu versorgen.
Toynbee gab
Miß Fairy mit einer kaum wahrnehmbaren Geste zu verstehen, die Türen wieder zu
schließen. „Ich brauche Sie im Moment nicht, Miß Fairy. Ich glaube übrigens,
daß es vielleicht besser ist, das Büro heute mittag zu schließen. Es ist damit
zu rechnen, daß sich die Begegnung mit Mister Brent über eine längere
Zeitspanne hinzieht. Liegt heute noch etwas Besonderes vor?“
Wie aus der Pistole
geschossen, spuckte Esther Fairy drei Namen aus.
Toynbee winkte
ab. „Rufen Sie die Herren an! Wir verschieben die Gespräche auf morgen
vormittag. Sagen Sie, es täte mir leid, aber in Anbetracht einer dringenden
Angelegenheit wäre es mir nicht möglich, heute im Büro zu sein.“
Löwenmähnchen
nickte und huschte davon. Der Duft ihres Parfüms blieb zurück.
Larry nahm
stumm nickend den angewiesenen Platz ein.
„Ich glaube,
daß Doktor Barring Sie bereits über das Notwendigste unterrichtet hat“, begann
Toynbee ohne Umschweife. Er sprach Eton-Englisch.
„Es geht um
Ihre Tochter Myriam“, sagte Larry Brent. „Barring ist der Meinung, daß er nicht
der richtige Mann dafür ist, den Fall zu übernehmen. Hier müßte ein Spezialist
‘ran, meint er. Er hat mich informiert. Ihre Tochter hatte eine Erscheinung,
nicht wahr?“
Die letzten
Worte sprach Larry Brent sehr leise, beinahe vorsichtig aus.
Toynbee
erwiderte den Blick des PSA-Agenten. Der Engländer war fest der Meinung, er
hätte es aufgrund der Empfehlung des Psychoanalytikers Barring mit einem
Mediziner zu tun. Daß Brent gekommen war, die seltsame Erscheinung Myriam
Toynbee von einer anderen Richtung her zu deuten, ahnte er nicht.
„… vor drei
Tagen, ja.“ Die Miene Toynbees verfinsterte sich, als er davon sprach.
„Daraufhin zogen wir Dr. Barring zu Rate. Barring versprach uns, eine Kapazität
zu benachrichtigen, denn die Tests, die er vornahm, waren alle positiv. Myriam
würde sich die Erscheinung nicht einbilden - sie würde in der Tat bestehen! Ich
bin froh, daß Sie gekommen sind, Mister Brent! Und es ist sicher auch gut, daß
Sie
Weitere Kostenlose Bücher