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0451 - Drei Gräber bis Soho

0451 - Drei Gräber bis Soho

Titel: 0451 - Drei Gräber bis Soho
Autoren: Jason Dark
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wahrscheinlich Buddhas Kraft abstrahlte.
    Ihr hatte Shao nichts mehr entgegenzusetzen. Sie hob beide Arme an und breitete sie noch aus, als wollte sie ihren Partner ein letztes Mal im Leben umfassen, was aber nicht mehr möglich war, denn die Arme sanken zu beiden Seiten des Sessels nach unten, so dass die Finger über den Teppich schleiften.
    Ein Schütteln durchlief die Gestalt der Chinesin. Suko, der noch immer halb über ihr lag, bekam das Grauen voll mit.
    Shao verweste…
    Ihre blasse Haut nahm eine andere Färbung an. Sie wurde erst braun, dann grau, schließlich fast schwarz, zog sich dabei zusammen, so dass ein Muster aus Falten entstand, das den Inspektor an altes Leder erinnerte.
    Erst jetzt begann die Haut zu dampfen. Der ätzende Nebel stieg in die Höhe und nahm auch das Gesichtsfeld des Chinesen ein. Er kriegte keine Luft mehr, weil der Rauch fürchterlich stank.
    Suko blieb neben dem Sessel stehen. Aus seinen Augen rannen Tränen, die ihre Spuren an den Wangen hinterließen. Er rührte sich nicht mehr und merkte kaum, dass sich der Qualm einfach auflöste und ich mich neben meinen Freund gestellt hatte. So sah auch ich, was von Shao übrigblieb.
    Ein schneeweißes Skelett!
    So wie sie zuvor gesessen hatte, hing es in dieser Schräglage im Sessel, wobei die knöchernen Arme über den Lehnen baumelten.
    Ich tippte Suko an.
    Er schrak zusammen, drehte den Kopf, ließ den Stab fallen und sah mich an. »John…«, ächzte er. Ich nickte.
    »John, was habe ich getan?« brüllte er plötzlich los. »Was habe ich nur getan? Ich habe sie getötet. Ich, Suko, habe Shao getötet. Ich… ich, ich…«
    Er war wie von Sinnen, tobte in seinem Schmerz und brach schließlich zusammen. Ich hob ihn hoch und legte ihn auf die Couch. Dann rief ich Sir James an…
    ***
    Er war gekommen, hatte so gut wie nichts gesprochen, und nun saßen wir uns im Wohnraum gegenüber. Suko lag noch immer auf der Couch.
    Sein Atem ging schwer, manchmal sprach er davon, dass er ein Mörder war, und sein Gesicht glänzte schweißnass.
    Er befand sich in einem Zustand, der keiner Normalität entsprach. Manchmal warf er sich herum, schrie Shaos Namen und blieb danach still liegen.
    Sir James und ich betrachteten ihn mit Sorge. Unser Chef hatte auch das Skelett mit skeptischen Blicken bedacht, aber jetzt wandte er sich wieder an mich.
    »Wie sehen Sie das, John? Wird er darüber hinwegkommen?«
    »Es ist zumindest schwer.«
    »Und Shao ist tot?«
    »Wie meinen Sie das?«
    Mein Chef hob die Schultern. »Ich sehe da ein weißes Skelett und kann mir kaum vorstellen, dass jemand, der erst vor kurzem gestorben ist, so schnell verwest. Was steckt dahinter?«
    »Kataya.«
    »Das Böse also?«
    »Richtig.«
    Sir James dachte nach. Er wischte einige Schweißtropfen von seiner Stirn, nahm auch die Brille ab und putzte die Gläser. »Ob Kataya, die Hölle, der Teufel, irgendwie haben wir es immer mit dem einen zu tun. Und ich werde einfach das Gefühl nicht los, dass die andere Seite stärker geworden ist. Viel stärker sogar.«
    »Da könnten Sie recht haben, Sir.«
    Der Superintendent setzte die Brille wieder auf. »Und Sie, John, werden allein dastehen, oder glauben Sie, dass Suko in den nächsten Tagen wieder auf die Beine kommt?«
    »Bei ihm ist alles möglich, Sir. Man soll ja die Hoffnung nie aufgeben.«
    »Haben Sie denn noch eine, John?«
    »Wenn ich die nicht mehr hätte, würde ich mich wahrscheinlich aufhängen, Sir.«
    Suko richtete sich plötzlich auf. Mit dieser Reaktion überraschte er uns beide. Wir schauten ihn gespannt an, aber der Inspektor hatte nur Blicke für Sir James. Er streckte ihm die Arme entgegen. »Sie müssen mich verhaften, Sir, ich bin ein Mörder.« Er sprach tonlos, als lief in seinem Innern ein Band ab. »Ich bin ein Mörder…«
    »Nein, Suko, ich sehe es anders. Sie haben getan, was getan werden musste. Befreien Sie sich, um Himmels willen, von allen Vorwürfen. Niemand denkt daran, Sie als Mörder zu bezeichnen. Und was mit Shao wirklich geschehen ist, das sollten Sie versuchen herauszufinden und Ihre ganze Kraft dafür einsetzen. Irgendwann werden wir auch dieses Rätsel lösen…«
    ENDE des Zweiteilers
    [1] Siehe John Sinclair Nr. 450 »Sukos Totenfeier«
    [2] Siehe John Sinclair Nr. 226 »Tokatas Erbe«
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