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Ein Schöner Ort Zum Sterben

Ein Schöner Ort Zum Sterben

Titel: Ein Schöner Ort Zum Sterben
Autoren: Granger Ann
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Das Grab ist ein gar feiner und privater Ort, Doch niemand, so dächt ich, umarmt sich dort. Andrew Marvell KAPITEL 1 Hungrig und wachsam schlüpfte der Fuchs aus dem Labyrinth alter Tunnel, das sich entlang der Fundamente des verlassenen Gebäudes erstreckte. In den tiefsten Tiefen dieser von Tieren gegrabenen Katakomben war die Luft verpestet von einem Miasma der Verwesung, das den Fuchs seltsam unruhig machte. Deswegen war er noch nie auf der untersten Ebene gewesen.
    Seit kurzem war ein weiterer Grund für Unruhe hinzugekommen, über der Erde, ein neuer Geruch, der das Unterholz verschmutzte, selbst hier oben, wo die Luft frisch war. Menschen waren zu diesem verlassenen Flecken zurückgekehrt. Menschen, die wie der Fuchs ihre Zwecke in der Dunkelheit verfolgten und deren Kommen vom leisen Brummen eines Automotors angekündigt wurde. Der Fuchs hatte gelernt, das Geräusch zu erkennen und sich leise davonzustehlen.
    In dieser Nacht trottete er auf seinen schlanken, schwarz gezeichneten Beinen über den frostharten Boden. Die spitze Nase am Boden, die Rute gesenkt, witterte er hungrig nach dem Duft einer Mahlzeit – Aas, von dem er fressen konnte, oder eine Kreatur, die schwächer oder dümmer war als er und sich erbeuten ließ. Dann drang erneut das ferne mechanische Brummen an sein scharfes Gehör. Der Fuchs hielt inne, warf einen Blick zurück auf das Unterholz und die beiden Türmchen, deren Spitzen die Bäume überragten und die im Mondlicht silbern glänzten.
    Ein Lichtstrahl huschte plötzlich über ihn hinweg und ließ seine Augen wild leuchten. Der Mensch war gekommen, und für einen kurzen Augenblick begegneten sich die beiden Wesen der Nacht, bevor jeder wieder seiner eigenen dunklen Wege ging.
    Adeline Conway stand am Fenster und starrte furchterfüllt hinaus auf das dunkle Land. Ihre dünnen weißen Finger, auf denen sich die locker sitzenden Ringe gedreht hatten, sodass die kostbaren Steine nach innen zeigten, umklammerten den Samtvorhang und zerknitterten den Stoff. Adelines Mann Matthew wusste, dass sie sich vor der Dunkelheit fürchtete. Trotzdem rief er sie nicht vom Fenster weg, denn er wusste auch, dass sie von der Dunkelheit fasziniert war. Er beobachtete, wie sie an dem schweren Vorhang zerrte und ihn vor das Fenster zog, um die Silhouetten der Bäume auszusperren, die vor dem Nachthimmel schwankend tanzten. Als sie zu ihrem Stuhl beim Kamin zurückkehrte, rieb sie sich die kalten Finger, und er sah, während sie verstohlen die Ringe wieder richtig herum drehte, dass die Nägel bläulich-weiß angelaufen waren.

    »Es ist kalt.« Ihre Stimme besaß einen quäkenden, durchdringenden, wehleidigen Ton wie die eines verirrten Kätzchens. Es war unmöglich, diese Stimme zu ignorieren oder Adeline deswegen böse zu sein.
    Mitleid mischte sich in Matthews Verärgerung. Er seufzte und erhob sich, um ein kleines Scheit auf das offene Feuer in dem großen Adam-Kamin zu werfen.
    Funken stoben knackend und knisternd auf, sandten tanzende Schatten durch das Zimmer und schreckten einen schwarzen Perserkater auf, der auf dem Kaminvorleger geschlummert hatte. Der Kater hob den Kopf und fixierte Matthew aus feindseligen smaragdgrünen Augen. Er wusste, dass Matthew den Funkenschauer verursacht hatte – außerdem war er Adelines Schoßtier und reflektierte die Stimmungen und Gefühle, die Matthews Frau ausstrahlte. Wenn Matthew je versuchte, das Tier zu streicheln, biss es nach ihm. Jetzt sank der schwere Kopf auf die Pfoten zurück, und die Augen verengten sich zu misstrauischen grünen Schlitzen, die Matthew aufmerksam beobachteten.
    Matthews Verärgerung nahm weiter zu. Er würde gleich hinaus in die kalte Winterluft gehen, und hier drin war die Hitze unerträglich. Sehr wahrscheinlich würde er sich eine Erkältung zuziehen, und alles nur, weil Adeline darauf bestand, dass dieses Zimmer jeden Abend aufgeheizt wurde wie ein Treibhaus im Kew Garden. Die Temperatur stand in bemerkenswertem Kontrast zum Hausflur und den Schlafzimmern, in denen eisige Kälte herrschte.
    Matthew starrte rebellisch um sich. Die Eleganz des Salons aus dem achtzehnten Jahrhundert vermittelte noch immer eine Atmosphäre von kultiviertem Luxus, auch wenn die Farben an den Wänden verblasst und das Mobiliar inzwischen ein Mischmasch verschiedenster Stile war. Die heruntergefallenen Seiten seiner Abendzeitung verbargen kaum die ausgetretenen Flecken auf dem Teppich.
    Adeline mit ihren dünnen, aristokratischen Zügen und dem leicht
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