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0451 - Drei Gräber bis Soho

0451 - Drei Gräber bis Soho

Titel: 0451 - Drei Gräber bis Soho
Autoren: Jason Dark
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sich rau und gequollen an.
    Suko litt.
    Das war auch zu sehen, denn ein Zittern lief durch seinen Körper, als wäre dieser Fels dabei, allmählich einzubrechen.
    Erst jetzt wurde Suko bewusst, was er verloren hatte. Und der Schmerz peitschte in ihm hoch. Seine geliebte Shao, die vor ihm auf der Friedhofserde lag, wurde vom aus der Schale dringenden Rauch eingehüllt.
    Suko stöhnte.
    Das Geräusch war tief in seiner Kehle entstanden. Es drang durch den offenen Mund und ließ etwas von den Gefühlen ahnen, die den Inspektor beherrschten.
    Er warf den Kopf zurück, presste die Hände vor sein Gesicht und schüttelte den Kopf.
    War es möglich?
    Sukos Knie gaben nach. Der harte Karatekämpfer, der weder Tod noch Teufel fürchtete, war vor der Leiche seiner Partnerin zu einem willenlosen Bündel aus Schmerz und Verzweiflung geworden. Zu sehr hatte er sich in der letzten Zeit zusammenreißen müssen. Jetzt konnte er einfach nicht mehr. Er schluchzte wie ein kleines Kind und konnte seine Tränen nicht mehr zurückhalten.
    Er kniete auf der Erde, sein Rücken war gekrümmt, Kopf und Handrücken berührten fast die Oberschenkel. Der Körper wurde von einem krampfhaften Schluchzen geschüttelt, und die Laute des Wehklagens waren nur noch dumpf hinter den Handflächen zu vernehmen.
    Auch er wurde vom Rauch erreicht. Suko roch ihn. Die verglimmenden Ingredienzien gaben einen bestimmten Geruch ab, der scharf und gleichzeitig süßlich roch.
    Eigentlich widerlich, aber dieser Geruch gehörte eben zu dem alten chinesischen Ritual.
    Er sollte sich mit der fliehenden Seele der Toten vereinigen und diese auf dem Weg ins Nirwana begleiten.
    Zeit war für den Inspektor völlig bedeutungslos geworden. Er nahm seine Umwelt ebenfalls nicht mehr wahr und spürte auch nicht, wie der Wind über seinen Nacken strich und den kalten Schweiß dort trocknete. Er hörte nicht das Rauschen des Blattwerks und auch nicht die Geräusche der Tiere in der Nacht.
    Suko war mit seinen Gefühlen allein…
    Er konnte an nichts denken, die Verzweiflung überdeckte alles andere in ihm.
    Ein einsamer Mensch, vor einer Toten kniend, über die der breite Schatten eines Grabsteins fiel.
    Es spielte keine Rolle, wie lange die Trauer dauerte. Irgendwann würde sich Suko daran begeben und seiner Partnerin ein Grab schaufeln, und wenn er es mit bloßen Händen tat. Das war er ihr schuldig. Danach wollte er weg. Nur keinen Menschen sehen, auch nicht seinen besten Freund John Sinclair. Er wollte für sich sein, denn eine große Aufgabe lag noch vor ihm.
    Suko würde sich die Mörder der Frau holen!
    Nach einer Weile richtete er sich auf. Dies geschah sehr langsam, als hätte ihn jemand an einer Schnur in die Höhe gezogen. Noch immer brannten die Kerzen, und auch aus der Schale strömte der Rauch. Unterhalb des Hügels, wo die meisten Gräber lagen, hatte sich der vom Fluss kommende Nebel ausgebreitet und das Gelände wie ein Leichentuch bedeckt. Noch immer lag Shao bewegungslos. Der sich drehende Rauch verzerrte ihr Gesicht zu einer Grimasse, so dass sie anders aussah, als Suko sie in Erinnerung hatte.
    Nie wieder würde sie mit ihm sprechen.
    Nie wieder würde sie lachen, singen, atmen. Sie war tot!
    »Tot!« flüsterte er. »Tot. Sie ist tot!« Und dann schrie er plötzlich auf, als könnte er damit die Steine erweichen. »Tooootttt… sie ist toooottt…!«
    Suko hatte sich hingekniet und den Rücken durchgedrückt. Weit stand der Mund offen. Aus den Augen rannen die Tränen und liefen an seinem Gesicht entlang. Der Schmerz und die Trauer mussten sich einfach freie Bahn verschaffen. Suko hielt die Arme vom Körper abgewinkelt, als wollte er jemanden damit umfangen.
    Sein Gesicht hatte sich so verzerrt, dass es kaum noch Ähnlichkeit mit dem Original besaß. Der wilde Schmerz und die tiefe Trauer hatten die Züge des Chinesen gezeichnet.
    Minutenlang saß er so, gab sich seinen Gefühlen endlich einmal hin. Er konnte sie einfach nicht mehr unter Kontrolle halten, das Band zwischen ihm und Shao war einfach zu stark gewesen.
    Dann sank er nach vorn. Er spürte die Wärme des Kerzenlichts, die über seine Stirn strich, und zum ersten Mal seit einiger Zeit konnten seine Lippen wieder Worte formulieren.
    »Susanoo!« keuchte er. »Auch wenn du es geschafft hast, du sollst keine Freude daran haben. Jetzt hast du mich zum Todfeind. Wer mir das Liebste nimmt, muss damit rechnen, dass ich keine Gnade kenne. Ich werde dich jagen und vernichten, und wenn es möglich ist,
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