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0426 - Tod im Alligator-Sumpf

0426 - Tod im Alligator-Sumpf

Titel: 0426 - Tod im Alligator-Sumpf
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Hier gab es vorwiegend offenes Grasland. Wie die Straßen in dieser Landschaft verliefen, wußte er nicht genau. Ihm war nur klar, daß parallel zum Bayou Nexpique Straßen verliefen, die etwa drei bis vier Meilen in jeder Richtung entfernt waren. Aber vielleicht war er nur noch eine Meile oder weniger von der nächsten Querstraße entfernt.
    Deshalb beschloß er, am Ufer zu bleiben und marschierte an ihm entlang weiter nordwärts, dem nächsten Waldstück entgegen.
    Tief atmete er durch. Was ihm hier in dieser Noch-Wildnis geboten wurde, davon konnte er in Baton Rouge nur träumen. Er, der Stadtmensch, genoß das freie Land und die Luft, die so ganz anders war als in den Slums und dem Hafenbereich. In der industrialisierten Hauptstadt Louisianas zu leben, hatte auch seine Nachteile.
    Erst hier draußen fühlte der Stadtmensch Ombre sich plötzlich wirklich frei.
    Vogelfrei. …
    Das Gefühl, beobachtet zu werden, nahm er in seiner Hochstimmung gar nicht wahr…
    ***
    Es war tatsächlich ein Schuß gewesen!
    Der Dunkle taumelte. Der Kugeleinschlag ließ ihn über Blanchette hinweg taumeln, vorwärts, auf die Hauswand zu. Langsam drehte er sich um.
    »Bastard!« brüllte die Stimme, die Blanchette noch nie so geliebt hatte wie in diesem Moment. »Laß meine Frau in Ruhe!«
    Wieder krachte das Repetiergewehr. Rainier, dessen Motorboot Blanchette unterbewußt tatsächlich wahrgenommen hatte, schoß kompromißlos ein zweites Mal. Die Kugel erwischte den Fürsten der Finsternis in der Schulter, riß ihn abermals herum.
    Aber mit normalen Bleikugeln, so stark deren Kaliber auch war, ließ kein Leonardo deMontagne sich stoppen.
    Er richtete sich wieder auf. Er streckte den Arm aus. Eine Feuerlanze schoß aus seiner Hand, direkt auf Rainier zu, traf sein Gewehr und ließ es schmelzen. Mit einem wütenden Aufschrei schleuderte der Cajun es von sich.
    Aber Blanchette nutzte die Zeit, die Rainier ihr verschaffte. Sie sprang auf, lief ins Haus. Wo die Bibel und das geweihte Kruzifix lagen, wußte sie selbst im Traum. Und daß dieser Unheimliche, der sich Fürst der Finsternis nannte und unverwundbar schien, tatsächlich alles andere als ein Mensch war, wurde ihr auch längst klar.
    Aber gegen den Teufel gab es Mittel.
    Gebete, den festen Glauben - und die Mittel, die sie an sich riß.
    Davor hatte auch der Höllenfürst zu weichen!
    Blanchette war nie besonders fromm gewesen. Die Kirche hatte sie nur ein paarmal in ihrem Leben gesehen. Aber sie war gläubig, und ihr Glaube gab ihr in diesem Moment die Kraft, dem Teufel mit aller Entschiedenheit entgegenzutreten, und sie sah, wie der Fürst der Finsternis vor ihrer Entschlossenheit zurückwich, wie er taumelte… und an Rainier vorbei zum Bootssteg stürzte. Und was bei ihm war, unsichtbar und raschelnd, eilte mit ihm. Sie glaubte ihn keuchen zu hören: »Es war die Wahrheit, bei Luzifers Hörnern… sie wartete tatsächlich auf ihren Mann… also weiter…«
    Und wie er gekommen war, so verschwand er, aufrecht im Boot stehend und ohne Motorkraft gegen die Strömung fahrend…
    So stand sie da in all ihrer Kraft, sah ihm nach und schrie ihm hinterdrein, das Kruzifix und die Bibel erhoben. So lange, bis der Unheimliche hinter der nächsten Biegung verschwunden war, und Rainier kam und Blanchette in seine Arme schloß.
    »Was, um Himmels willen, war das?« flüsterte er erschüttert. »Er verbrannte mein Gewehr, er floh vor dem Kruzifix, und er wurde von meinen Kugeln zwar getroffen, aber nicht verwundet…?«
    »Er war der Teufel«, keuchte sie. »Der Fürst der Finsternis selbst.«
    Rainier starrte sie an.
    »Ich glaube dir«, sagte er. »Ich hab’s ja selbst gesehen. Das, was er tat, kann kein Mensch.«
    Er sah sie an.
    »Blanchette, Liebling. Bist du in Ordnung? Hat er dir etwas angetan?«
    Langsam schüttelte sie den Kopf. »Er kam nicht mehr dazu, Rainier«, flüsterte sie. »Du warst rechtzeitig da.«
    »Und ich werde dich, verflixt, nie wieder allein lassen«, sagte Rainier rauh. »Ich lasse nicht noch einmal zu, daß sich Mensch oder Teufel dir so nähert. Nicht noch ein einziges Mal.«
    Sie nickte.
    »Die Hühner, Rainier. Er hat sie umgebracht. Alle.«
    Der Cajun lächelte.
    »Mit ihren Seelen wird er nicht viel Freude haben. Wichtig ist nur, daß er deine nicht bekam, und von jetzt an bin ich immer da, um aufzupassen. Das schwöre ich dir.« Er küßte sie. Und er ging, seinen Arm um ihre Schulter, mit ihr in die Hütte. Wie einen Mantel hatte er seine Vergangenheit
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