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0426 - Tod im Alligator-Sumpf

0426 - Tod im Alligator-Sumpf

Titel: 0426 - Tod im Alligator-Sumpf
Autoren: Werner Kurt Giesa
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fahren?« erkundigte Zamorra sich. »Oder hast du ihn inzwischen aus deinem Zugvogel-Radar verloren?«
    »Zugvogel-Radar?«
    »Die Vögel haben so etwas wie eine innere Stimme, die sie im Frühjahr und im Herbst zum Aufbruch mahnt und ihnen jedesmal genau die Strecke sagt, die sie fliegen müssen, selbst wenn sie sie als Jungvögel noch nie geflogen sind. Ist es bei dir nicht ähnlich?«
    »So könnte man es nennen«, sagte Nicole überrascht. »Ich glaube, wir haben die Hälfte jetzt geschafft. Aber er kommt nur langsam vorwärts. Meinem Gefühl nach hätten wir uns längst weiter nordwärts wenden müssen.«
    »Von der Straße ab und querfeldein, wie? Mit dem Geländewagen geht das ja, ungeachtet aller brütenaen Enten und Frösche.«
    »Frösche brüten nicht, du weltfremder Professor. Sie quaken. Aber er kommt wirklich nur langsam vorwärts. Er ist schneller als zu Fuß, aber langsamer als mit dem Auto.«
    »Woher weißt du das alles eigentlich?« fragte Zamorra. »Hat das FLAMMENSCHWERT so viel in deinem Unterbewußtsein gespeichert?«
    »Ich weiß doch nicht, wie es funktioniert«, gab sie leise zurück. »Ich kann dir nur sagen, in welche Richtung wir fahren müssen. Und es dauert nicht mehr lange. Diesmal entwischt er uns nicht wieder.«
    »Dein Wort in Merlins Ohr…«
    ***
    Hin und wieder warf Yves Cascal einen Blick auf die Uhr. Etwa zwei Stunden war er jetzt auf dem Bayou unterwegs. Er ließ den Außenbordmotor mit halber Leistung laufen; das sparte Treibstoff, und eilig hatte er es im Moment ja nicht. In den zwei Stunden, schätzte er, hatte er vielleicht fünf oder sechs Meilen zurückgelegt, vielleicht sogar etwas mehr. Genau sagen konnte er es nicht, weil er nicht abschätzen konnte, wie stark die Strömung gegen das Boot arbeitete. Er war kein Bootsfahrer, sondern eine absolute Landratte.
    Er genoß den Wechsel von Sonnenlicht und Schatten, je nachdem, ob er freies Gelände durchfuhr oder Waldschneisen, durch die der Bayou sich wand. Er dachte an die beiden Frauen, die er gestern kennengelernt hatte, die Truckerin und die Cajun, und er verglich sie miteinander. Da war die selbständige Fahrerin, die sich durchzusetzen verstand und genau wußte, was sie wollte und was nicht, und da war diese junge Frau in der einsamen Hütte fernab der Stadt, von ihrem eigenen Mann versetzt. Aber vielleicht gelang es ihr auch einfach nicht, ihn fest an sich zu binden. Die Truckerin, die ihren schönen Körper wesentlich freizügiger zur Schau gestellt hatte, hatte Cascal nicht eine Sekunde lang angeboten, mit ihr zu schlafen, Blanchette hatte ihm zuerst das Schlafzimmer gezeigt und dann alles andere. Aber Sheila Dalton hatte einen stärkeren Eindruck auf ihn gemacht.
    Und er selbst? Welchen Eindruck hatte er hinterlassen? Vermutlich auf die beeinflußbare und leichtlebige Blanchette den stärksten. Sie war einsam, und sie brauchte viel Liebe. Sheila war in ihrem Beruf hart geworden.
    Cascal schüttelte den Kopf. Mit Sicherheit würde er weder Sheila noch Blanchette jemals Wiedersehen. Blanchette helfen konnte er nicht; ihm fehlten die Möglichkeiten dazu. Warum also sich weiter damit belasten? Er hatte momentan genug mit sich selbst zu tun.
    Er spielte mit dem Gedanken, daheim anzurufen - in der Nachbarschaft, bei jemandem, der Telefon besaß. Mit Angelique reden, feststellen, wie es ihr und Maurice ging, ob sie die nächsten Tage überhaupt noch allein zurechtkamen. Er hoffte es. Sie waren inzwischen längst beide alt genug, um auf eigenen Beinen stehen zu können; eigentlich brauchte er nicht mehr für sie zu sorgen. Aber er kam aus seiner Verantwortung nicht mehr heraus, die er sich selbst auferlegt hatte, als seine Eltern starben.
    Aber ein Anruf würde möglicherweise ihn verraten - oder, was schlimmer war, Angelique und Maurice. Er würde noch ein wenig darauf verzichten. Erst mußte er sicher sein, daß er nicht verfolgt wurde. Und da war er gar nicht so sicher.
    Er erhob sich, um den Tankvorrat zu kontrollieren. Das Zweitaktgemisch für den Außenborder war fast verbraucht. Der Pegel tief unten. Weit kam er nicht mehr. Aber er zweifelte daran, daß er irgendwo in unmittelbarer Nähe eine Möglichkeit zum Nachtanken fand. Er hätte Blanchette fragen sollen. Ihr Mann war mit einem Boot losgezogen; er würde mit Sicherheit wissen, wo man auftanken konnte, und damit wußte auch sie es. In dieser Wildnis war das lebensrettend.
    Aber so mußte er sehen, wie weit er noch kam. Anschließend gegen die Strömung
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