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0424 - Der Drachen-Clan

0424 - Der Drachen-Clan

Titel: 0424 - Der Drachen-Clan
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Treffen fanden außerhalb statt.
    Diesmal war er zum Lago di Bracciano hinaus gefahren, etwas über zwanzig Kilometer vom Stadtrand Roms entfernt. Der See, ein rund 180 Meter tiefes Loch, ähnelte mit seinem umlaufenden Ringgebirge einem gefüllten Vulkankrater, in dessen Norden als höchster Punkt der Sabatiner-Berge der Monte di Rocca Romana rund 600 Meter hoch aufragte, direkt hinter der kleinen Ortschaft Trevignano.
    Er fand einen Parkplatz nahe dem Eiscafé, in dem er sich mit seinem Kollegen treffen wollte. In der Provinz war das weniger schwierig; in Rom selbst blieb meist nichts anderes übrig, als direkt unterm Halteverbotsschild zu parken und zu hoffen, daß die vigili urbani genug mit anderen Verkehrssündern beschäftigt waren und erst eintrafen, wenn man wieder verschwunden war. Ted stieg aus, schloß den metallicgrauen 560 SEC sorgfältig ab und schlenderte zum Eiscafé hinüber.
    Er war eine halbe Stunde zu spät dran. Eigentlich kannte er die Tücken des römischen Verkehrs und konnte sich einstellen; und normalerweise konnte er von seinem Hotel am Stadtrand ziemlich schnell die Umgehungsautobahn erreichen, kam also auf seinem Weg hierher erst gar nicht mit dem Chaos in Berühung, das die Römer Stadtverkehr nannten, aber es hatte unmittelbar vor ihm einen Crash gegeben, in den er fast selbst noch geraten wäre. Deshalb hatte es etwas länger gedauert.
    Aber von Luigi Toco, mit dem er für heute hier verabredet war, war nichts zu sehen.
    Toco war von seiner Zeitung nach Hongkong geschickt worden. Vorher hatte er noch mit Ted gesprochen. »Eine heiße Sache«, hatte er behauptet. »Wenn das stimmt, was Rinaldini vermutet, wird meine Reportage eine Bombe, gegen die das Höllenei über Hiroshima ein Silvester-Knaller ist.« Er hatte etwas von einer geheimen Bruderschaft, honorablen Geschäftsleuten und Triaden gemurmelt.
    Eigentlich mußte er jetzt wieder zurück sein.
    Er hatte vier Wochen für seinen Hongkong-Job veranschlagt. Sollte es länger dauern, wollte er entweder selbst eine Notiz an Teds Postfachadresse senden oder dem Signor Eternale über Chefredakteur Rinaldini Bescheid geben lassen.
    Beides war nicht geschehen. Demzufolge hätte Toco hier sein müssen, wie sie es verabredet hatten. Sie waren Freunde geworden, die beiden äußerlich ungleichen Männer, die sich aber vom Geist her ähnelten und beide abenteuerlustig und risikofreudig waren. Dabei waren wirkliche Freundschaften unter Reportern selten, weil einer des anderen ärgster Konkurrent war. Dem Kollegen eine Super-Story vor der Nase wegzuschnappen, hieß, am nächsten Sonntag selbst das Huhn im Topf zu haben, während der andere am trockenen Brötchen nagte. Aber vielleicht war diese Freundschaft auch nur deshalb zustandegekommen, weil Ted es nicht mehr nötig hatte, zu kämpfen und anderen Stories abzujagen.
    Ted Ewigk sah zum strahlend blauen Himmel hinauf. Dann warf er einen Blick auf die Uhr, einen zweiten ins Innere des Eiscafés und setzte sich dann draußen an einen kleinen Tisch. Er bestellte eine Eisbombe, die ihm schon als Fotografie auf der Karte das Wasser im Munde zusammenlaufen ließ.
    Wenn Toco kam, mußte er ihn sehen. Der seinerseits konnte Teds Mercedes überhaupt nicht verfehlen, weil der unter den Fiats und Lancias, die hier reihenweise geparkt waren, allein durch seine gestreckte Länge herausragte.
    Nach einer Stunde war Ted mit seiner Eisbombe längst fertig, trank seinen dritten Cappuccino und wartete immer noch auf Luigi Toco.
    Nach der zweiten Stunde wartete er nicht mehr. Wenn Toco im Lande war und sich aus irgend einem anderen Grund verspätete, hätte er angerufen und Salvatore, dem Inhaber des Eiscafés, aufgetragen, Ted Grüße zu bestellen.
    Ted sah eine Telefonzelle auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Er bezahlte sein Eis und die Getränke, wechselte Telefonmarken ein und rief die Redaktion an, für die Toco arbeitete. Er verlangte Serpio Rinaldini persönlich.
    Der wäre für einen ihm unbekannten Teodore Eternale nicht zu sprechen gewesen. Für den Reporter Ted Ewigk aber hatte er Zeit. Mit seinem Anruf ging Ted kein Risiko ein, weil der kaum lange genug dauerte, als daß ein Ewiger durch Zufall auf diese Spur stoßen und sie verfolgen konnte.
    »No, signore, Luigi Toco ist aus Hongkong nicht zurückgekehrt. Wir haben leider keinen Kontakt mehr zu ihm. Wir befürchten das Schlimmste.«
    »Seit wann?« wollte Ted wissen.
    »Seit zwei Wochen. Dabei warten wir dringend auf seine Fotos und die
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