Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0424 - Der Drachen-Clan

0424 - Der Drachen-Clan

Titel: 0424 - Der Drachen-Clan
Autoren: Werner Kurt Giesa
Vom Netzwerk:
den Morgennebeln und den seltsamen Lichtverhältnissen fertig, die eine eigenartige Stimmung über das Land brachten. Und mit dem Super-Zoom war es, als befände Toco sich unmittelbar vor Ort und nicht etwa dreißig Meter hoch über dem Geschehen.
    Da wurde das Opfer gebracht!
    Ein Mensch, der sich wehrte. Und der kam Toco irgendwie bekannt vor. Hatte er diesen Mann nicht schon einmal gesehen?
    Genau konnte er es nicht sagen, weil er sich selten in der Nähe von nackten Männern aufhielt. Nackte Frauen konnten ihn da schon eher reizen. Aber dieser, den man heranschleppte und vor der tanzenden Statue auf den grauen Sockel zwang, mußte mit Gewalt von seiner Kleidung befreit worden sein. Einen Schuh trug er noch am linken Fuß, und der linke Hemdsärmel war auch noch halb da. Immer noch wehrte der Mann sich, aber gegen die Kraft seiner beiden Bezwinger kam er nicht an.
    Luigi Toco knipste. Ein Bild nach dem anderen. Leise klickte der Kameraverschluß. Der Motor, der den Film durchzog, arbeitete fast lautlos. Einen Dreißiger-Film hatte er eingelegt und schon das zwanzigste Bild verschossen, als der Opferdolch in der Hand des Vorsängers das Leben des Mannes auf dem grauen Sockel beendete.
    Schade, daß dessen Gesicht nicht zu erkennen gewesen war, weil es von der Statue und einem der Chinesen verdeckt war. Aber jetzt traten sie alle zurück, und dann glaubte Toco seinen Augen nicht trauen zu können.
    Wie ein Irrsinniger schoß er Foto um Foto.
    Aus dem Nichts heraus materialisierten Hals und Kopf eines Drachen, wie er auf den stilisierten Zeichnungen anzutreffen war, die Chinesen von Drachen anzufertigen versuchten. In ihrer Mythologie waren Drachen doch Glücksbringer, aber ob dieses Biest dem Toten auf dem Steinsockel Glück gebracht hatte, wagte Toco doch zu bezweifeln.
    Der Drache fraß den Mann!
    Er verschlang ihn, um kurz darauf Knochen wieder auszuspeien!
    Wenigstens haben sie ihn vorher umgebracht, damit er nicht lebendig gefressen werden konnte, dachte Toco und wunderte sich, so eiskalt über diese Tatsache philosophieren zu können.
    Der Film war leer.
    Er spulte ihn zurück. Er nahm ihn aus der Kamera, ließ ihn im Metallröhrchen verschwinden und legte den nächsten Zelluloidstreifen ein, als hinter ihm Geräusche aufklangen.
    Zwei Chinesen in ihren dunklen Gewändern und den Überwurfjacken waren hinter ihm!
    Wie sie es geschafft hatten, auf ihn aufmerksam zu werden, war ihm unbegreiflich, weil er doch keine Spuren hinterlassen hatte. Und das Klicken und das Motorsummen der Kamera konnten sie unmöglich unten gehört haben. Ihr eigener miauender Gesang hatte doch alles übertönt.
    Aber nun waren sie da.
    Sie sprangen ihn an.
    Er wehrte sich. Er hatte Kung Fu gelernt und besaß den braunen Gürtel. Aber die beiden Chinesen konnten noch ein bißchen mehr. Spielend wurden sie mit ihm fertig. Einer nahm die Kamera, schmetterte sie gegen den Fels und dachte sich nichts dabei, gerade eine runde Million Lire teuren Schrott fabriziert zu haben.
    Mit dem Aufstieg hatte Toco trotz seines Nachtsichtgeräts Schwierigkeiten gehabt. Mit dem Abstieg hatten die beiden Chinesen, die ihn zwischen sich trugen, keine Probleme. Wie Bergziegen wieselten sie abwärts. Luigi Toco, noch halb bewußtlos, konnte sich aus ihrem Griff nicht befreien.
    Dann waren sie mit ihm unten auf der Ebene.
    Vom Drachen war nichts zu sehen. Die Chinesen ließen wieder ihren Gesang hören, der ihm oben wie ein Konzert liebeskranker Katzen vorgekommen war. Jetzt machte es eher einen bedrohlichen Eindruck.
    Da fetzten sie ihm die Kleidung vom Leib!
    Er wehrte sich, schaffte es aber nicht, dieser beiden Männer Herr zu werden. Immer wieder schlugen sie ihn nieder, und in der Zeit, bis er sich wieder halbwegs erholt hatte und erneut zurückschlug, machten sie sich an ihm zu schaffen.
    Von der Statue her kam der Befehl des Vorsängers. Und die beiden Chinesen schleppten Toco zur Statue, zum Sockel! Entsetzt sah er das blanke Opfermesser, und noch entsetzter begriff er, daß er noch seinen linken Hemdsärmel und seinen linken Schuh trug!
    Er schrie.
    Er verstand nicht mehr, was hier geschah, und als der Dolch auf ihn niederzuckte, war er längst wahnsinnig geworden.
    Er hatte oben in den Felsen seinen eigenen Tod fotografiert…
    ***
    Zufrieden betrachtete der Vorsänger die Statue, die wieder etwas mehr Leben zeigte. Bewegliche Augen schauten zurück, und die Statue lächelte in tiefer, boshafter Zufriedenheit.
    Drachenaugen waren es!
    Auch die Hände
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher