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040 - Die Tochter der Hexe

040 - Die Tochter der Hexe

Titel: 040 - Die Tochter der Hexe
Autoren: Hugh Walker
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dem Rücken zum Fenster, wie die übrigen, sondern hatten ihre Blicke auf den Hof gerichtet.
    Fluchend klammerte ich mich an den Vorsprung. Wenn ich hierblieb, mußten sie mich entdecken, sobald sie weit genug auf den Hof kamen. Wenn ich lief, sahen sie mich ebenfalls. Aber ich hatte einen gewissen Vorsprung, solange sie sich im Keller befanden. Ich sah mich nach einem Fluchtweg um. Durch die Ställe konnte ich mit einigern Glück die Mauer erreichen, und auf ihr das Hauptgebäude. Wenn sie erst alle auf meiner Fährte waren, würde es leichter sein, ins Haus zurückzugelangen. Im Freien waren sie zu viele Hunde für einen Hasen, die außerdem das Gelände besser kannten. Nur im Haus hatte ich eine gewisse Chance.
    Wie diese Chance aussehen sollte, diesen Gedanken dachte ich nicht zu Ende.
    Ich sprang los und verschwand im Nebengebäude. Ich wußte nicht, ob sie mich bemerkt hatten, und dachte schon, ich hätte unverschämtes Glück gehabt. Aber dann hörte ich sie auf den Hof stürzen.
    „Bringt ihn! Lebendig!“ kreischte die Stimme der Tamil. „Er darf nicht entkommen!“
    Um ihre Mädchen schien sie keine Angst zu haben. Der Gedanke verursachte mir einiges Unbehagen. Aber ich hatte keine Zeit mehr darüber nachzudenken. Ich stand plötzlich zwischen einer Menge Kühe und Pferde, und hinter mir stürmten die beutehungrigen Gören in den Korridor.
    Ich kletterte an einer der Futterkrippen hoch und verschwand unter einem großen Haufen Heu. Nach Luft ringend fand ich mich auf einem Heuboden wieder, und es schien bequemere Aufgänge zu geben, als den, den ich gewählt hatte, denn ich hörte rasche trappelnde Schritte über eine Holztreppe hochkommen. Ich sah nach unten, aber sie gingen kein Risiko ein. Ein Paar blasser süßer Gesichter sah zu mir hoch, in die ich mich verliebt hätte, wenn nicht in ihren Augen etwas gewesen wäre, das mich schaudern ließ. Außerdem war die Lage verdammt ernst geworden. Eine Bodentür hob sich. Ein Kopf erschien, bemerkte mich und stürzte kreischend auf mich los.
    Ich schlug zu, nicht zu fest, aber doch stark genug, daß die Kleine zurücktaumelte. Die nächsten Hände griffen bereits durch die Öffnung. Ich ließ die Tür zufallen und sah mit Genugtuung, daß die Finger eine Spur zu spät aus, der Öffnung verschwanden. Ein Aufschrei ertönte, der meine Beobachtung bestätigte.
    Ich stellte mich auf die Tür, um zu verhindern, daß weitere der kleinen Biester nachkamen. Inzwischen hatte sich meine Gegnerin wieder gefangen. Sie stürzte mit wütverzerrtem Gesicht auf mich los. Ich fing sie an den Haaren, riß sie herum, wobei sie aufschrie vor Schmerz und mit den Nägeln nach mir kratzte. Ich zwang sie in die Knie.
    „Willst du nicht doch lieber vernünftig sein und dich nicht wie eine wilde Bestie benehmen“, sagte ich wütend.
    „Ungläubiger Hund!“ zischte sie und spuckte mir ins Gesicht.
    Dafür hatte ich nun ausgesprochen wenig übrig. Ich war schon immer gegen jede Art von Missionstätigkeit. und Glaubensstreitereien hatte ich nie verstehen können. Außerdem sah ich an ihren glühenden Augen, daß jeder Versuch, sie zur Vernunft zu bringen, sinnlos war. Mit welcher Macht die Tamil sie auch in der Hand hatte, sie war jedenfalls ebenso potent wie der übrige Zauber. Deshalb verstärkte ich meinen Griff an ihrem Haar, bis sie sich vor Schmerz krümmte und ganz still hielt. Vorsichtig trat ich von der Tür, die unter den stoßenden Händen sofort hochschnellte, und warf den Heraufstürmenden das Mädchen entgegen. Während alle zurücktaumelten und die Leiter hinabrumpelten, schloß ich die Tür und erwischte, den Schreien nach zu urteilen, wieder einige Finger.
    Diesmal hielt ich mich nicht auf. Die Gefahr, daß sie mich einkreisten, war zu groß. Der Speicher hatte ein Fenster, durch das ich mit einigem Glück das Dach erreichen konnte. Und von dort aus die Mauer.
    Ich durfte keine Zeit verlieren. Ich kletterte hinaus, erreichte das Dachgebälk und schwebte einen Augenblick recht unsicher zwischen Himmel und Erde. Dann sprang ich. Ich landete auf der Mauer, und es war sekundenlang nicht sicher, ob ich oben bleiben würde. Aber ich blieb. Und wie notwendig das war, zeigte sich, als ich mich umsah. Außerhalb und innerhalb der Mauer liefen sie mit Fackeln auf mich zu. Ein halbes Dutzend auf jeder Seite, mit fliegenden weißen Nachthemden und weißen, hungrigen Gesichtern.
    Ich lief auf der Mauer entlang, bis ich die Wand des Schlosses erreichte. Dort schien alles aus zu
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