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040 - Die Tochter der Hexe

040 - Die Tochter der Hexe

Titel: 040 - Die Tochter der Hexe
Autoren: Hugh Walker
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Rückkehr der Toten. Es ist so finstere Magie, wie alles andere auch, das Sie erlebt haben. Ich bin nur eine Illusion, so perfekt, daß ich mir fast vorstellen kann, wie es ist zu weinen. Ich glaube, ich bin dem Leben sehr nahegekommen.“ Sie trat ganz nahe an mich heran, und ich sah zum erstenmal, daß ihre Augen gebrochen waren. Sie schloß sie, als hätte sie mein Erschrecken bemerkt. „Wenn Sie diesen Mund jetzt küssen, wird es für uns beide sein, für Gis und mich, ein letzter Abschied.“
    Es klang bittend, und von Schmerz überwältigt, nahm ich sie in meine Arme und küßte sie und erschrak bis ins Innerste über die Kälte dieser Lippen. Und so sehr ich ihr von meiner Wärme geben wollte, ich vermochte es nicht.
    Sie machte sich sanft frei. „Leb wohl, Robbie.“ Sie wandte sich ab und schritt die Straße hinab.
    Reglos, wie festgewurzelt, starrte ich ihr nach, bis sie zwischen den Sträuchern des Moors verschwand. Eine Illusion, dachte ich. Eine verdammte Illusion. Aber sie war mir näher gewesen, als die Realität.
    Ich spürte eine Hand, die nach der meinen griff und daran zog.
    „Robbie?“ sagte eine Stimme ängstlich.
    Ich fand in diese verdammte Realität zurück, und merkte, wie nah ich am Heulen war.
    „Ich darf dich doch Robbie nennen?“
    Ich unterdrückte das würgende Gefühl mit aller Macht. „Ja, natürlich. Komm, wir müssen uns beide einen Weg in die Wirklichkeit suchen, Daniela.“
    Sie schien zu verstehen, was ich meinte. Sie behielt meine Hand in der ihren, als wollte sie mir bestätigen, daß sie keine Illusion war, die verschwinden würde.
    Die Nachtluft ernüchterte mich. Und das Mädchen ließ mir keine Zeit, Trübsal zu blasen. Sie war neugierig und begann zu fragen. Kein Wunder, Bernheim war bisher ihre Welt gewesen.
    Wir erreichten die Hauptstraße nach guten fünf Kilometern Fußweg, und ich hatte die Hoffnung, daß wir einen Wagen anhalten konnten, der uns in die Stadt mitnahm.
    Aber der Verkehr war äußerst spärlich. Drei Wagen begegneten uns, und diese fuhren in der entgegengesetzten Richtung. Wir waren redlich müde.
    „Sieht so aus, als hätten wir kein Glück“, sagte ich seufzend. „Es war eine Schnapsidee, dem Kommissar den Wagen zu überlassen.“
    Sie murmelte etwas neben mir, das ich nicht verstand. Als ich sie fragte, winkte sie hastig ab, ohne ihre Murmelei einzustellen. Es hörte sich an, als ob sie betete, und ich störte sie nicht.
    Jedenfalls wußte ich, daß wir nicht mehr viel weiter gehen konnten. Trotz meiner Jacke fror sie ein wenig in ihrem weißen Nachthemd. Schuhe hatte sie ja auch keine an. Das letzte Stück des Weges hatte ich sie getragen.
    Aber nun sah sie erwartungsvoll die Straße zurück, als würde dort jeden Augenblick ein Wagen auftauchen. Tatsächlich sah ich im selben Moment die Lichter, die rasch näherkamen. Ich war zu verblüfft, um zu winken, und Daniela winkte auch nicht. Dennoch hielt der Wagen direkt vor uns. Die Tür wurde aufgestoßen. Eine brummige Stimme sagte: „Rasch, steigen Sie ein. Das arme Ding friert ja.“
    Wir kletterten in den Rücksitz, und das Mädchen kuschelte sich zufrieden an meine Schulter, als wir losfuhren. Der Fahrer war ein älterer Herr. Er schien gesprächig, und ich hatte nichts dagegen.
    „Komische Sache“, sagte er. „Ich will eigentlich nach Rosenheim.“
    „So?“ bemerkte ich. „Dann fahren Sie aber in die falsche Richtung.“ Ich sah schon, wie wir wieder auf der Straße standen.
    „Das ist mir klar“, antwortete er. „Und das ist ja das Komische. Ich konnte einfach nicht mehr weiterfahren. Aus irgendeinem Grund drehte ich da vorne um. Ich muß in die Stadt zurück.“ Er schüttelte den Kopf. „Wenn ich nur wüßte, warum! Haben Sie so was auch schon mal erlebt?“
    Ich erinnerte mich plötzlich an Danielas Gemurmel, und dann wurde mir alles klar. Scharf sah ich sie an. Sie lächelte triumphierend.
     

     
    Was sich da an meine Schulter kuschelte, war eine Hexe!
    Darüber dachte ich während der ganzen Fahrt nach. Ich versuchte mir vorzustellen, welche Probleme das mit sich bringen würde, und ich sah mich außerstande, mir das vorzustellen – vor allen Dingen, weil ich nicht wußte, welche Kräfte in ihr schlummerten. Ich fragte mich, ob sie auch mit Frau Hirschwald fertigwerden würde. Wenn nicht, mußten wir uns gleich ein Quartier für die Nacht suchen. Ich schüttelte den Kopf.
    Was in dieser Nacht geschehen war, war alles vollkommen verrückt. Das wußte ich. Und das ahnte
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