Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
040 - Die Tochter der Hexe

040 - Die Tochter der Hexe

Titel: 040 - Die Tochter der Hexe
Autoren: Hugh Walker
Vom Netzwerk:
Ich weiß nicht, ob er mir alles glaubte, aber er schwor, bis zum Morgen zurückzukommen. Ich beschrieb ihm den Weg über die Hügel genau.
    Es war auch in anderer Hinsicht noch gut, wenn er verschwand. Alle verräterischen Spuren, die ich hinterließ in dieser Nacht, würden sie mit ihm in Verbindung bringen. Ich war also relativ sicher, wenn sie nicht auf den Gedanken kamen, Pesch würde sich hier verborgen halten, statt zu fliehen, und das ganze Schloß auf den Kopf stellen.
    Immerhin würde wohl bis zum Morgen nichts mehr geschehen, und ich tat gut daran, mir ein sicheres Plätzchen zu suchen und ein paar Stunden zu schlafen, wenn ich konnte.
     

Aber ich irrte mich.
    Als ich von der Mauer zurückkam, über die ich Pesch geholfen hatte, bemerkte ich den Schimmer von Kerzenlicht im Kellerraum. Vorsichtig schlich ich näher. Durch das Fenster sah ich nicht viel. Ich wagte mich auch nicht zu nah heran, weil ich fürchtete, daß man mich auf dem mondhellen Platz leicht entdecken konnte, wenn man aus dem Fenster blickte.
    Daher kletterte ich in den Bastelraum und schlich mich über den Korridor heran. Aber die Tür war geschlossen. Ich lauschte einen Augenblick, doch im Haus war alles ruhig. Wer immer sich hier herumtrieb, tat es geheim. Das machte uns schon halb zu Verbündeten.
    Ich bückte mich und versuchte einen Blick durch das Schlüsselloch. Sekundenlang sah ich nichts, außer einem Lichtschimmer, aber dann kam eine Gestalt in mein Blickfeld, und ich wußte, daß ich keinen Verbündeten hier hatte.
    Da drinnen war Tavala offenbar emsig dabei, ihr sadistisches Spielchen wieder aufzunehmen. Es mußte ihr verdammt viel geben, wenn sie selbst gegen die Anweisungen der Tamil handelte und die Drohungen in den Wind schlug.
    Ich hielt den Atem an und horchte. Ich war einigermaßen gespannt, was geschehen würde. Ich vernahm, wie sie leise die Formel sang. Gleich darauf beugte sie sich über den Tisch.
    Ein spitzer Schrei entrang sich ihr. brach mitten im schrillsten Laut ab und setzte sich weit entfernt fort. Als er nicht aufhören wollte, stürmte ich in das Zimmer.
    Es war leer!
    Verblüfft sah ich mich um. Das Schreien kam vom Hof. Ich eilte zum Fenster. Das Schreien mußte selbst die Toten wecken! Es kam aus dem Schuppen. Aber wie kam das Mädchen dorthin? Schaudernd wandte ich mich der Puppe zu. Die Nadel stak noch in ihrem Bein. Ich zog sie heraus.
    Das Schreien brach ab; ein gequältes Schluchzen war hörbar.
    Ich nahm die Nadel und setzte sie an den Oberkörper der Puppe. „Für Gis“, flüsterte ich, preßte die Zähne aufeinander und stieß zu, direkt ins Herz, wie mir schien.
    Da kam noch einmal ein markerschütternder Schrei.
    Dann war Stille.
    Nicht ganz. Schritte hallten durch das Kellergewölbe. Stimmen näherten sich. Ich kletterte aus dem Fenster, so rasch ich konnte. An der Hausmauer entlang schlich ich über den Hof, bis ich das Nebengebäude erreicht hatte. Ich konnte aber nicht mehr hinein. Licht flammte auf, erst in den Kellerräumen, dann an der Außenmauer, daß der ganze Hof beleuchtet war. Ich fand gerade noch spärlichen Schutz hinter einem Mauervorsprung, als die Kellertür aufflog und mehrere Mädchen in den Hof stürmten. Sie liefen in meiner Richtung. Ich bereitete mich auf eine Rauferei vor. und der Gedanke an Tavalas Gemeinheit und Bosheit ließ mich alle Rücksicht vergessen.
    Aber eine Stimme aus dem Kellerraum hielt sie auf, bevor sie nahe genug kamen, daß sie mich entdecken konnten.
    „Im Stall! Rasch, seht im Stall nach!“ Es war die Stimme der Tamil, und sie hatte einen leicht hysterischen Klang.
    Erleichtert sah ich, wie die Mädchen, sechs oder sieben an der Zahl, auf das Nebengebäude zuliefen. Ich fragte mich, wie viele es wohl im ganzen waren, denn bei der Alten standen auch noch wenigstens vier. Vielleicht kamen alle jungen Mädchen des Ortes hierher, um ihre Weihe zu erhalten. Ich sah meine Chancen schwinden, wenn dieses Mädchenpensionat sich auf die Suche nach dem verschwundenen Kommissar machte.
    Erschreckte Aufschreie drangen aus dem Gebäude. Gleich darauf kamen die Mädchen wieder heraus – mit einer schweren Last, die sie gemeinsam trugen.
    Es war die leblose Gestalt Tavalas.
    Sie trugen sie in den Keller. Ich hörte die wütende Stimme der Tamil, als sich die Tür bereits geschlossen hatte. Was sie sagte, verstand ich nicht. Ich wollte losspringen, aber ein Blick auf das Fenster lähmte mich. Zwei der Mädchen waren deutlich sichtbar. Sie standen nicht mit
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher