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040 - Die Tochter der Hexe

040 - Die Tochter der Hexe

Titel: 040 - Die Tochter der Hexe
Autoren: Hugh Walker
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nicht gesehen hatte, befanden sich im Schlafzimmer. Offenbar ging die Alte zu Bett. Die Mädchen schienen außer zukünftigen Priesterinnen auch willkommene Dienstmädchen zu sein.
    Nach einer Weile führte eine der beiden die Tamil ins Badezimmer, wo sie sie umkleidete und ihr das Haar bürstete. Letzteres konnte ich genau durch die halb offene Badezimmertür beobachten, und es brachte mich auf einen dieser vorsorglichen Auf-alle-Fälle-Gedanken. Es war eine rote Bürste, und ich merkte sie mir.
    Dann zog ich mich wieder zurück. Ich wollte kein Risiko mehr eingehen.
    Was ich unten gehört hatte, als ich an der Tür lauschte, bezog sich ohne Zweifel auf Gisela. Gisela war tot! Sie hatten sie ins Moor geworfen! Ich tat alles, um den Schmerz zu unterdrücken. Er würde mich nur lähmen, und das durfte nicht geschehen. Es ging jetzt nicht mehr einfach nur um mein Leben – ich dürstete nach Rache. Sie hatten mir das Mädchen genommen, das ich liebte, und sie mußten dafür bezahlen. Es lag allein in meiner Hand, dafür zu sorgen. Niemand sonst wußte genug über die Vorgänge, um ihnen gefährlich zu werden.
    Um Gisela heulen konnte ich später. Ich biß die Zähne zusammen. Ich war gleichzeitig auch freier. Giselas Tod war das einzige, vor dem ich wirklich Angst hatte. Nun gab es nichts mehr zu fürchten.
    Es dauerte nicht lange, und es wurde still unter mir. Die Tamil war zu Bett gegangen. Ich lauschte und hörte, wie das Mädchen nach unten ging.
    Ich ließ mir Zeit. Ich hatte die ganze Nacht, vor mir. Deshalb wartete ich noch eine Weile, bis ich sicher war, daß sich nichts mehr rühren würde.
    Dann schlich ich nach unten. Die Treppe knarrte einmal, aber niemand schien es zu hören. Erst im Badezimmer wagte ich meine Taschenlampe wieder einzuschalten. Ich fand die rote Bürste und entfernte einige der Haare. Danach schlich ich in den Keller. Wie erwartet, war die Tür zum Raum mit den Modellhäusern verschlossen. Ich eilte weiter in den Bastelraum. Möglicherweise hatten sie das zerbrochene Fenster und das Fehlen des Schlüssels bemerkt. Wenn ja, dann schien es sie nicht besonders zu kümmern – oder einige der Mädchen lagen irgendwo auf der Lauer und warteten, daß ich kam.
    Aber nichts regte sich. Ungestört konnte ich ins Freie klettern. Ebenso ungehindert fand ich das Fenster, dessen Riegel ich geöffnet hatte. Ich stieß es auf und kletterte hinein. Im Strahl der Taschenlampe betrachtete ich den Tisch. Nichts schien verändert worden zu sein. Die Kleine war wohl gleich losgestürmt, als sie aus ihrer Ohnmacht erwachte. Daß ich etwas verändert hatte, war ihnen anscheinend nicht aufgefallen.
    Die Puppe im Schuppen hatte noch die Haare um den Hals, die ich ihr verpaßt hatte. Ich erkannte es an der Art, wie sie geschlungen waren. Auch Giselas Haus schien unverändert. Ich öffnete es. Es war leer.
    Der Gedanke drängte sich mir auf, daß sie der Kleinen vielleicht gar nicht geglaubt hatten. Geblutet hatte sie ja nicht. Das konnte mir nur zugute kommen.
    Ich entzündete eine der Kerzen, verdeckte sie aber mit der Hand, um jeden verräterischen Lichtschimmer zu verbergen. Nach einem Augenblick löschte ich sie wieder, nahm ein wenig von dem weichen Wachs und machte mich daran, eine kleine Puppe zu kneten. Ich formte auch kleine Brüste, wie ich sie an Giselas Konterfei gesehen hatte. Diese deutliche Unterscheidung zwischen männlichen und weiblichen Puppen schien wesentlich zu sein, sonst wären die Geschlechtsmerkmale nicht so betont. Anschließend wand ich die Haare der Alten um die kleine Figur. Zufrieden mit meinem Werk, überlegte ich, wohin damit. Ich besaß ja keine magischen Kräfte, um das Ganze, ins Rollen zu bringen. Das konnten nur sie selbst tun. Ich mußte sie verstecken und im geeigneten Moment austauschen. Das war mein Plan.
    Ich öffnete Giselas Haus und legte die Puppe hinein. So würde das Verschwinden von Giselas Puppe nicht auffallen.
    Nachdem ich alle Spuren beseitigt hatte, kletterte ich wieder aus dem Fenster und lief im Schatten der Mauer zum Nebengebäude. Ich wollte wissen, wer dort gefangen war. Vielleicht konnte ich ihm helfen.
    Ich fand das Eingangstor. Es war nicht verschlossen. Es roch nach Stall, und von irgendwo aus dem Hintergrund kamen Geräusche von Tieren.
    Mich interessierte jedoch nur der erste Raum zur Linken. Die Tür war verriegelt. Ich schob den schweren Riegel zur Seite, stieß die Tür auf und leuchtete hinein.
    „Nein!“ rief eine gequälte Stimme. Eine Gestalt
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