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0338 - Grauen in der Geisterstadt

0338 - Grauen in der Geisterstadt

Titel: 0338 - Grauen in der Geisterstadt
Autoren: Werner Kurt Giesa
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»Vielleicht begegnen wir da einem meiner ganz speziellen Freunde… ich erzähle dir später einmal davon«, fügte er hinzu, als er Tandys fragenden Blick sah.
    Ein Blick auf die Uhr verriet ihm, daß er mehrere Stunden bewußtlos gewesen sein mußte. Er stieg aus dem offenen Wagen. Da war irgend etwas in dieser Stadt, das ihn anzog wie ein Magnet…
    Er ließ den Prydo achtlos im Wagen liegen, wohin ihn Tandy gelegt hatte. Langsam entfernte er sich von dem derzeit teuersten amerikanischen Cabriolet.
    »Was ist mit dir?« fragte Tandy hinter ihm. »Wo willst du hin? Ich denke, wir wollen nach Dalhart fahren?«
    Fleming zuckte mit den Schultern. Er verließ die breite, staubige Main Street und bewegte sich zwischen zwei Häusern hindurch. Da lag etwas auf dem harten Boden. Halb vermodert und zerfallen. Ein Skelett. Ein dünner, zerbröckelnder Stoffetzen, ehemals weiße, hochhackige Cowboystiefel, deren Leder den Witterungseinflüssen noch halbwegs standgehalten hatte…
    Bill kauerte sich neben dem Skelett nieder. Er war sicher, daß es früher nicht hier gelegen hatte.
    Der Beckenform nach war es ein weibliches Skelett. »Hm«, machte Bill und wandte sich ab. Er fühlte immer noch diesen seltsamen Drang in sich. Da war noch etwas, das er sehen mußte, ehe er die verlassene Stadt hinter sich ließ.
    Er folgte einfach diesem Drang, der ihn auf den Saloon zuführte. Bill stieg auf den hölzernen Gehsteig, prüfte die Bretter auf ihre Festigkeit und betrat schließlich den Saloon.
    Es war düster. Durch die von Spinnennetzen verhangenen Fenster drang nur wenig Licht ins Innere.
    Aber da waren ebenfalls Skelette.
    Bill war damals nicht im Saloon gewesen. Aber die Comanchen, die die Silberkette von Zamorras Amulett ausgegraben hatten, hätten ihn mit Sicherheit auf die Skelette aufmerksam gemacht, wenn sie da schon existiert hatten. Trotzdem mußten sie gut hundert Jahre alt sein, wie das weibliche Skelett, was draußen hinter dem breiten Haus ein paar hundert Meter weiter nordwärts lag.
    Eines der Skelette war an einen Stützpfeiler gebunden. Der Schädel war heruntergefallen und lag auf dem Boden. Einzelne Knochen hatten sich gelöst. Ein lederner Rock, Schnürsandalen. Ein verrosteter Harnisch und ein Helm mit einer Haltevorrichtung für einen Federbusch lagen in der Ecke.
    Dieser Tote war ein römischer Krieger gewesen.
    Da waren noch zwei andere Skelette, die am Boden lagen. Die Kleidung zerfiel bei der ersten Berührung, aber es war deutlich zu erkennen, daß der eine Westerntracht getragen hatte -selbst der verrostete Colt steckte noch im Holster - und der andere einen Anzug modernsten Zuschnitts.
    Rüstungsteile und rostige Waffen, die zerbrachen, als Bill auf das dünn gewordene Eisen trat, ergänzte das Bild.
    Langsam, mit versteinerten Gesichtszügen, wandte der blonde Historiker sich um und trat wieder ins Freie. Der Himmel verfärbte sich bereits dunkel. Es dauerte nicht mehr lange, bis die Nacht ihr schwarzes Samttuch über den Himmel spannte.
    »Sie sind alle tot«, sagte Bill. »Alle, die laut Zamorras Erzählung damals hier in hundertjähriger Vergangenheit waren. Der Zeitablauf hat sich grundlegend geändert. Keiner hat überlebt. Ihre Skelette sind da drin. Zamorra, Wang Lee Chan, der Römer Tanista. Ein oder zwei Skelett-Krieger aus Leonardos Knochenhorde müssen ebenfalls hier zu Staub zerfallen sein. Und das Gerippe da hinten, das muß Nicole sein.«
    Tandy Cants Gesicht zuckte kaum merklich. »Zamorra ist tot?« fragte sie ungläubig staunend.
    Bill Fleming antwortete nicht. Stumm ging er zum Wagen zurück und stieg ein. Tandy beeilte sich, ihm zu folgen. Fleming startete den Cadillac, wendete rasant und fegte mit hoher Geschwindigkeit über den Feldweg zurück zum Highway.
    Die Nacht kam, und mit ihr die Ratten. Wo ihre spitzen Schnauzen oder langen Schwänze die hundertjährigen Gerippe berührten, zerfielen diese allmählich zu Staub…
    ***
    Nicole Duval glaubte immer noch den furchtbaren Schmerz zu spüren, als sie auf den Skelett-Krieger prallte und das Schwert ihren Körper durchstieß. Mit einem wilden Schrei öffnete sie die Augen - und stieß den Knochenmann von sich, um dessen Rüstung sie ihre Arme geklammert hatte. Rasselnd stürzte der Skelett-Krieger zu Boden. Er raffte sich sofort wieder auf, aber seine Bewegungen waren auf seltsame Weise verlangend. Er bewegte sich wie in Zeitlupe.
    Nicole rollte sich von ihm weg. Sie stieß gegen einen menschlichen Körper. Das war Zamorra!
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