Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0338 - Grauen in der Geisterstadt

0338 - Grauen in der Geisterstadt

Titel: 0338 - Grauen in der Geisterstadt
Autoren: Werner Kurt Giesa
Vom Netzwerk:
wieder einmal einen Besuch abzustatten.
    Andere Höllenherrscher hätten ihre Diener zu sich gerufen und selbst keinen Fuß gerührt. Sie hielten es für unter ihrer Würde, sich zu ihren Untergebenen zu bequemen. Leonardo hatte da neue Sitten eingeführt. Er hielt es für besser, selbst Kontrollen vorzunehmen. Keiner seiner Unterdämonen konnte sicher sein, daß sein Fürst nicht plötzlich bei ihm auftauchte und nach dem Linken sah. Leonardo hielt das durchaus nicht für unter seiner Würde.
    Sein Leibwächter Wang Lee befand sich noch immer im Zustand geistiger Leere. Aber Leonardo war sicher, daß sich das bald legen würde.
    Eysenbeiß überwachte immer noch die Vorgänge in der Vergangenheit.
    »Churk ist aufgetaucht, Herr«, berichtete er. »Fleming hat ihn mit in die Pseudo-Vergangenheit gezogen. Damit dürfte sichergestellt sein, daß jetzt alles wieder in geregelte Bahnen gelenkt wird. Denn mit seinen magischen Kräften wird Churk schon dafür sorgen, daß die Wellen der Zeit sich glätten.«
    Leonardo verzog das Gesicht.
    »Churk wird vor allem dafür sorgen, daß er selbst mit heiler Schuppenhaut davonkommt. Daran ist mir aber nicht gelegen«, sagte er. »Es muß so ausgehen, daß Wang tatsächlich in seinem Blut gebadet hat. Notfalls soll Fleming noch einmal den Prydo benutzen. Wie das alles gemacht wird, ist eure Sorge, nicht meine. Ich will Erfolge oder rollende Köpfe sehen.«
    »Es wird alles zu Eurer Zufriedenheit ausgehen, Herr«, versicherte Eysenbeiß. »Darüber hinaus ist noch eine Erfolgsmeldung kundzutun. Seht, Herr.«
    Er bewegte seine Finger am Rand des großen Wassergefäßes entlang, das den Spiegel des Vassago darstellte. Das Bild verschob sich etwas und zeigte jetzt eine Stelle hinter einem breiten Haus. Dort lag ein verkrümmter Körper.
    »Das«, sagte Eysenbeiß, »war Nicole Duval, Herr.«
    Leonardo atmete tief durch. »Wenn Nicole in der Vergangenheit gestorben ist, dann verändert sich der Zeitstrom noch weiter, Narr«, fauchte er. »Du darfst dich nicht allein darauf verlassen, daß Churk schon alles richten wird. Du hättest es verhindern müssen, elender Versager!« Er richtete die ausgestreckte Hand mit gespreizten Fingern auf Eysenbeiß. Um die Fingerspitzen herum begann es tödlich zu flirren.
    Eysenbeiß fuhr erschrocken zusammen. Mit einer Hand griff er zur Brust. Leonardo sah nicht, was sich dort unter der erdbraunen Kutte seines Beraters befand. Aber Eysenbeiß entspannte sich bereits, wieder und lächelte unterwürfig.
    »Herr, wie hätte ich es ändern können? Churk tötete Zamorras Gefährtin. Nicht einmal Fleming hätte es mit dem Prydo verhindern können.«
    Leonardos Gesicht verzerrte sich. Langsam senkte er die Hand wieder, aus der er todbringendes Haftfeuer auf Eysenbeiß hatte schleudern wollen.
    »Luzifer sei dir gnädig, wenn das Geschehen zu einer Katastrophe für uns alle wird«, fauchte er und wandte sich ab. Er riskierte es nicht, länger in Eysenbeißens Nähe zu bleiben. Der hätte vielleicht seine Furcht vor dem Fiasko spüren können…
    Eysenbeiß selbst sah die Angelegenheit seit Churks Auftauchen mit etwas gemischten Gefühlen. Einerseits wünschte er sich, daß der Zeit-Dämon das Paradoxon bereinigte, wobei er natürlich selbst den Tod finden würde, andererseits hoffte er, Churk werde irgendwie überleben. Denn dann konnte Wang nicht unverwundbar werden. Denn dann würde Wang alsbald sterben können. Denn dann war ein Konkurrent im großen, heimlichen Rennen um die Macht ausgeschaltet…
    ***
    Als Bill Fleming erwachte, sah er Tandy Cant über sich gebeugt. Ihre Lippen berührten seine Stirn. Bill lächelte.
    »Der Abend kommt«, sagte Tandy. »Wollen wir hier in der verlassenen Stadt bleiben, oder fahren wir nach Romero?«
    Er stellte fest, daß sie ihn in den Cadillac Allanté verfrachtet hatte, den Sitz in Liegestellung zurückgeklappt. Per Knopfdruck hob Bill die Lehne wieder an.
    »Romero? Dieses Kaff?« Er schüttelte den Kopf. »Wir fahren nach Amarillo zurück… oder nach Dalhart. Da gibt es bessere Hotels.« Er schmunzelte. Der Sheriff vom Dalhart County fiel ihm ein. Mit dem hatte er damals zu tun gehabt, er und die Leute der Sicherheitsabteilung des weltweiten Möbius-Konzerns. Seitdem war der Sheriff nicht sonderlich gut auf Bill Fleming zu sprechen. Bill versuchte sich vorzustellen, wie eine neuerliche Konfrontation verlaufen würde. Er fürchtete den Sheriff nicht.
    »Ja, wir werden nach Dalhart fahren«, beschloß Bill.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher