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032 - Die magische Seuche

032 - Die magische Seuche

Titel: 032 - Die magische Seuche
Autoren: B.R. Bruss
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behaupteten, ihre Erleuchtungen wären ihnen plötzlich, wie eine Offenbarung, gekommen. Damals schien mir das unglaublich, aber im Alter von vierundzwanzig Jahren hatte ich das gleiche Erlebnis: Als ich etwa eine Stunde lang über einem Problem gegrübelt hatte, formten sich in meinem Gehirn wie von selbst die exakten Formeln, die zu einer Lösung des Problems führten. Sie waren mir ohne Zweifel diktiert worden.
    Das passierte in den darauffolgenden Jahren sehr häufig. Was man genial nannte, war nichts anderes als die Fähigkeit, diese Stimmen zu hören, die mir eines Tages befahlen, mich an einen einsamen Ort zurückzuziehen, wo weitere außergewöhnliche Aufgaben auf mich warteten.
    Das Plateau bei Hercenat, dem Ort meiner Kindheit, schien mir dazu genau das Richtige.“
     

     
    Ich muß unterbrechen, schrieb Philippe.
    Etwas Entsetzliches ist geschehen … Cribes kam an meine Zimmertür, klopfte und rief: ‚Philippe! Kommen Sie schnell! Tournay stirbt!’
    Tournay lag auf einem Diwan im großen Speisesaal. Surcq, Luern und zwei oder drei andere waren schon da.
    ,Mein Tod wurde mir angekündigt’, sagte Tournay. ‚Ich soll in zwei Stunden sterben.’
    Wir haben nicht versucht, ihn zu beruhigen oder abzulenken. Es hätte keinen Sinn gehabt.
    Er war sehr tapfer. Nun zurück zu Scheelrings Manuskript. Er spricht in der Folge von einer Stimme und fährt fort:“Wir wissen so wenig von der Natur. Aber ich weiß, daß es außer unserem Universum ein übergeordnetes gibt, über unseren physikalischen Gesetzen andere, übergeordnete.
    Die Laboratorien, die ich mir im Weißen Turm installieren ließ, benütze ich seit zwei Jahren nicht mehr. Ich operiere jetzt auf anderer Ebene.
    Ich habe eine Apparatur konstruiert, die sich im zweiten Stock des Turms befindet. Sie ähnelt entfernt einer abstrakten Skulptur. Sie erlaubt mir, mich direkt mit den übergeordneten Wesen in Verbindung zu setzen, deren Stimme ich höre, deren Stimme mein Genie ist.
    Ich glaube, daß noch nie ein Mensch so tief wie ich in die Geheimnisse und unbekannten Strukturen des Kosmos eingedrungen ist.“
     

     

Wieder mußte ich unterbrechen, schrieb Philippe. Cribes kam und fragte, ob es nicht besser sei, unsere Kollegen von dem Manuskript zu unterrichten. Er weiß, daß ich diesen Brief an Euch vorbereite. Ich sagte, daß es an dem Vorhaben von Surcq wohl nichts ändere, ob sie von dem Inhalt des Schriftstücks, soweit wir selbst ihn kannten, wußten oder nicht. Bevor wir ihnen davon berichteten, wollte ich das letzte Stück zu Ende lesen, das nur sehr schwer zu entziffern ist.
    Plötzlich wurde die Tür aufgerissen und Surcq stürzte herein. Er hielt einen Revolver in der Hand und rief: ‚Ich werde Beilot töten. Er ist uns im Weg. Da ich nicht genau weiß, was ihr beide im Sinn habt, werde ich euch einsperren und erst freilassen, wenn alles vorbei ist.’
    Hinter Surcq kamen Froget und Dabert ins Zimmer. Sie brachten uns in das Zimmer im ersten Stock des Turms, wo Scheelring seine Mahlzeiten einzunehmen pflegte. Sie versperrten die Tür. Wir waren gefangen und sind es noch immer. Zum Glück konnte ich unter meiner Jacke versteckt das Manuskript mitnehmen und diesen
    Brief an Euch, meine Freunde.
    Und nun drängt die Zeit schrecklich. Aber ich weiß jetzt, wie ich diese Botschaft nach Hercenat schmuggeln kann, ohne daß Surcq und seine Freunde etwas merken. Ich habe mit Girod, dem Koch, durch den Speiseaufzug gesprochen. Er hat mir versprochen, den Brief mitzunehmen.
    Cribes ist in einem Lehnstuhl zusammengebrochen. Von ihm kann ich keine Hilfe erwarten. Ich muß allein versuchen, die letzten Seiten von Scheelrings Manuskript zu entziffern.
    Der Professor erzählt, daß er immer häufiger mit dem mysteriösen Wesen, das ihn leitete, Kontakt aufnahm. Dabei erfuhr er von seinem bevorstehenden Tod.
    Die Stimme sagte ihm, daß er unter bestimmten Umständen mit einer Art von Weiterleben rechnen können. Dann folgten zwei unleserliche Absätze und dann: “Ich habe schließlich akzeptiert. Eine unerklärliche wissenschaftliche Neugier hat mich ergriffen. Der Apparat, den ich konstruiert habe und dessen Zentrum in unbekannte Sphären hinausführt, sollte mir behilflich sein.
    Es ist klar, daß ich nun willenlos jenen Kräften ausgeliefert bin, mit denen ich in Verbindung stehe, und von denen ich nicht weiß, ob es gute oder böse Kräfte sind.
    Ich weiß nicht, was sie von mir verlangen werden, wenn ich weiterleben soll. Vor allem weiß ich nicht,
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