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032 - Die magische Seuche

032 - Die magische Seuche

Titel: 032 - Die magische Seuche
Autoren: B.R. Bruss
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Wagen. Wir waren noch keine zwanzig Meter vom Haus entfernt, als es eine ohrenbetäubende Explosion gab. Die Luft bebte, einige Fensterscheiben waren zerbrochen.
    Boze bremste den Wagen. „Was ist das denn schon wieder?“ rief er ungehalten. „Das scheint außerhalb der Stadt gewesen zu sein. Aber ich kann mir nicht vorstellen, was eine derartige Detonation hervorrufen könnte.“
    Wir waren ausgestiegen und horchten. Ein leichter Gegenwind hob sich.
    Die zweite Explosion war noch heftiger als die erste. Es klang, als wäre ein Dynamitlager in die Luft geflogen.
    „Es scheint von dort drüben zu kommen“, meinte Boze und wies mit der Hand in Richtung des Weißen Turms. „Vielleicht vom Plateau her?“
    „Bleib zu Hause“, sagte ich zu Lucie.
    Sie schüttelte den Kopf und stieg in den Wagen.
    „Ich möchte wissen, warum die da oben uns so dringend brauchen“, sagte Boze, als ob er die gleichen Gedanken wie ich gehabt hätte. „Hoffentlich waren das keine Atomexplosionen in den Laboratorien.“
    Girod, der Koch, hatte gesagt, daß Professor Luern verletzt ist. Ob das der Grund war, weshalb man angerufen hatte? Ich bezweifelte es.
    Wir fuhren schnell durch den feinen Regen, und ich erinnerte mich an Philippes Brief, den ich ungelesen auf den Kaminsims gelegt hatte.
    Als wir aus dem Wäldchen kamen, schimmerte der Himmel hellrot über den Plateau. In der Ferne strahlte der Weiße Turm wie eine gigantische Fackel.
    „Der Turm brennt tatsächlich“, bemerkte Boze. Wir waren nicht besonders überrascht.
    Die Landschaft um uns sah furchterregend aus. Der Himmel rötete sich immer mehr, die grauen Felsen waren feucht und schimmerten dunkelrot.
    „Ich hoffe, sie konnten sich rechtzeitig in Sicherheit bringen“, sagte Boze. Er beschleunigte das Tempo.
    Hinter uns erklang eine Sirene. Ich drehte mich um. Die Feuerwehr und die Ambulanz folgten uns.
    Eine neuerliche Explosion erschütterte unseren Wagen. Lucie stieß einen Schrei aus.
    Eine Explosion zerriß den Weißen Turm in tausend Stücke, und die glühenden Trümmer wurden in den Himmel geschleudert. Eines davon fiel wie eine ausgeglühte Sternschnuppe kaum fünfzig Schritt vor uns auf die Straße. Boze stoppte den Wagen.
    „Es ist wohl besser, nicht weiterzufahren“, sagte er.
    Auch die Feuerwehr und die Ambulanz hinter uns blieben stehen. Etwa fünf Minuten lang standen wir sprachlos am Straßenrand und sahen dem gewaltigen Schauspiel zu, das wie ein Film vor uns abrollte. Lucie hielt meine Hand fest, und ich spürte, wie sie zitterte.
    Ganz plötzlich verloschen die Flammen. Um uns war nichts als die regennasse Nacht, und vor uns ragten die Reste des Weißen Turms wie das Skelett eines prähistorischen Monsters in den Himmel.
    Schließlich fuhren wir bis zu der Abzweigung, von der die Allee zum Weißen Turm führte. Dort ließen wir unsere Wagen stehen.
    Der Hauptmann der Feuerwehr ging voraus. Vorsichtig näherte er sich dem Fels, auf dem die Überreste des Weißen Turmes standen. Seltsamerweise war die Ruine nicht rauchgeschwärzt. Sie zeigte keinerlei Zeichen eines Brandes.
    Wir erwarteten keine Überlebenden. Hätte es sie gegeben, wären sie uns wohl schon entgegengekommen. Wir gingen rund um die Ruine und betraten das Innere der verbliebenen Räume. Alles war kalt. Nichts deutete darauf hin, daß vor einer Viertelstunde hier ein entsetzlicher Brand gewütet hatte.
    Innen war alles in Trümmer, selbst die großen stählernen Apparaturen in den Labors. Wir fanden nicht eine einzige Leiche, obwohl im Turm fünfzehn Personen gelebt hatten, neun Wissenschaftler, zwei Sekretäre und vier Hausangestellte.
    Wir gingen eine Stunde lang in den Trümmern umher. Nur der Betonwürfel, in dem die Leiche Professor Scheelrings lag, hatte dem Feuer widerstanden, aber er lag auch einige Meter vom übrigen Gebäude entfernt.
    Wir forschten vergeblich nach der Ursache für den Brand.
    Während die Feuerwehrleute noch in der Ruine nach eventuellen Opfern suchten, fuhren Boze, meine Frau und ich wieder zurück nach Hercenat.
     

     
    Philippes Brief, den er mir durch den Koch geschickt hatte, bestand aus fünfzehn Blättern. Die Schrift, mit der sie bedeckt waren, war anfangs gleichmäßig und ruhig, wurde dann aber fahrig und kaum mehr lesbar. Philippe hatte wohl einen ganzen Tag lang an dem Brief geschrieben.
    Der Brief trug kein Datum. In der linken oberen Ecke standen die Worte: Für Georges und Leon. Ich muß irgend jemandem davon berichten, was hier vor sich geht,
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