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032 - Die magische Seuche

032 - Die magische Seuche

Titel: 032 - Die magische Seuche
Autoren: B.R. Bruss
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Sie sich das, Herr Doktor? Wie?“
    „Die Aufregung“, sagte Leon Nelsy mit ausdruckslosen Augen. „Die Aufregung hat ihn umgebracht.“
     

     
    Aber wozu war es gut, weiter zu schweigen, da es doch bald alle wußten? Die Witwe von Joseph Bonnaire hatte geredet. Die Witwe des Bauern aus Neyrat hatte geredet. Und nun sprachen alle von nichts anderem als dem Tod des Garagenbesitzers im Cafe.
    Eine Welle konfusen Terrors legte sich über Hercenat, und zu der ganzen Aufregung kamen gleich am Montagnachmittag noch zwei Mini-Tornados, die eine Frau und zwei junge Burschen töteten.
    Eine Menge Leute verließen fluchtartig die Stadt.
    Die Zeitungen vom Dienstag widmeten unserer Stadt unverhältnismäßig viel Raum. Dos Mysterium von Hercenat nimmt kein Ende, schrieben sie. Und: Unterliegt die Bevölkerung von Hercenat einer Massenpsychose?
    Ich sah an diesem Morgen zwei der Reporter, die im Hotel gegenüber wohnten. Einer von ihnen war bereits seit mehreren Tagen hier. Er schien ziemlich mitgenommen von den Ereignissen. Der andere war erst am Montagabend gekommen. Er zeigte sich skeptisch und lächelte ein wenig überheblich vor sich hin, wenn er mit einem Einheimischen sprach. Man fand ihn am Dienstagnachmittag tot in seinem Bett. In den Händen hielt er ein Transistorradio.
    Niemand in der ganzen Umgebung drehte mehr ein Radio oder den Fernsehapparat auf. Die Leute dachten, auf diese Weise dem Risiko eines plötzlichen Todes aus dem Weg zu gehen. Lucie und ich taten übrigens das gleiche, auch Leon und seine Frau.
    An diesem Dienstag gab es sechs Mini-Tornados in der Umgebung von Hercenat. Sie forderten fünf Opfer. Nur ein Viehhändler, der mit dem Auto unterwegs war, entkam dem Tod auf die gleiche Weise wie ich einmal.
    Meine Kollegen und ich hatten noch nie so viele Patienten gehabt wie jetzt. Die Angst rief allerlei Krankheiten hervor, und manche von ihnen brauchten nichts anderes als ein wenig Aufmunterung und moralische Unterstützung. Aber unter unseren Patienten hatten meine Kollegen und ich auch elf neue Fälle ungeregelten Zellenwachstums konstatiert.
    Auf Aufforderung des Präfekten kam unsere Ärzteschaft abends in der Klinik zusammen, die Situation neu zu prüfen. Aber es war uns allen von vornherein klar, daß dabei nichts Besonderes herauskommen konnte. Die ganze Sache war ein klägliches Eingeständnis der eigenen Unfähigkeit, irgend etwas zu unternehmen, das Aussicht auf Erfolg brachte.
    Einer der Professoren fragte Leon, wieso keiner der Herren Wissenschaftler aus dem Weißen Turm zu der Konferenz erschienen wäre. Leon antwortete, er hätte sie alle eingeladen, aber Professor Luern hätte am Telefon erklärt, er und seine Kollegen arbeiteten an der Lösung des Problems, aber im Augenblick könnten sie noch nichts Positives sagen und daher sei ihr Kommen unnötig.
    Als wir die Klinik verließen, sagte Leon zu mir: „Ich spüre schon jetzt, daß ich nicht schlafen werde. Ich komme zu dir. Es ist gut, daß auch du ohne Wagen bist, der Fußmarsch wird uns guttun.“
    Auch ich war nicht schläfrig, obwohl ich sehr müde war. Wir gingen schweigend durch die leeren Straßen der Stadt. Im Stadtzentrum war noch einiges los, obwohl es bereits spät war. Die Leute standen in Gruppen zusammen.
    Einer der Männer erkannte uns und kam uns entgegen. „Wir hören gerade, daß es seltsame Flammen gegeben hat, die über die Felder schwebten.“
    „Angeblich senkte sich eine große Feuerkugel auf die Erde, bei Lourcenat, vor einer Stunde etwa.’’
    Wir kamen näher an eine Gruppe heran, wo angeregt diskutiert wurde. „Aber ich sage euch“, rief einer der Männer, „daß an allem nur der verdammte Weiße Turm schuld ist. Von dort kommt das ganze Unglück. Und es ist noch nicht zu Ende, ihr werdet sehen.“
    Wir gingen schnell weiter, bevor man uns ins Gespräch ziehen konnte.
    Als wir bei meinem Haus ankamen, erhob sich ein Mann von einer Bank auf dem Platz. „Ah, Dr. Blaine!“ rief er. „Ich warte schon seit einigen Stunden auf Sie.“
    Ich kannte ihn, es war ein pensionierter Gendarm, Romeuf.
    „Sie müssen mir helfen, Herr Doktor!“ sagte er angstvoll. „Was mir passiert ist, ist entsetzlich!“
    „Haben Sie am Ende Radio gehört?“ fragte Leon besorgt.
    „Nein, nein! Wo denken Sie hin! Ich war gerade dabei, mich niederzulegen, als ich eine Stimme hörte, eine Stimme, die in meinem Kopf rumorte, und die sagte: ‚Pierre Romeuf, Sie werden heute nacht um ein Uhr fünfzehn sterben.’ Es war kein
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