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032 - Die magische Seuche

032 - Die magische Seuche

Titel: 032 - Die magische Seuche
Autoren: B.R. Bruss
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Radio aufgedreht, kein Fernsehapparat, nichts. Herr Doktor, Sie müssen mir helfen! Lassen Sie mich nicht allein! Ich soll in einer halben Stunde sterben.“
    „Aber nein“, sagte ich beruhigend. „Sie werden nicht sterben. Das ist ja nicht wie bei den anderen, Sie haben sich das nur eingebildet.“
    „Nein, nein! Ich habe die Stimme ganz deutlich gehört.“
    „Wir sind alle mit den Nerven am Ende“, sagte Nelsy. „Da kann es leicht vorkommen, daß man sich Dinge einbildet, glauben Sie mir.
    Kommen Sie, wir setzen uns jetzt auf diese Bank da und warten gemeinsam bis ein Uhr dreißig. Und nachher können Sie beruhigt wieder nach Hause gehen.“
    Ich holte aus meinem Wagen meine Ärztetasche, und nachdem wir uns gesetzt hatten, gab ich dem armen Mann eine Adrenalininjektion.
    „Jetzt fühle ich mich besser“, sagte er nach einer Weile. „Ich hoffe, daß das Ganze falscher Alarm ist.“
    Er hatte sogar die Kraft, zu lächeln. Wir saßen links und rechts von ihm auf der Bank. Er sah ohne Unterlaß auf seine Uhr.
    „Sehen Sie nicht nach der Zeit“, sagte Nelsy. „Kein Grund zur Sorge.“
    Die Minuten zogen sich. Alles, was Leon und ich tun konnten, war reden, reden, nichts als reden, um Pierre Romeuf zu zerstreuen und ihn auf andere Gedanken zu bringen. Wir taten unser Bestes.
    Pierre Romeuf starb genau um ein Uhr fünfzehn, nachdem er einen kleinen Schrei ausgestoßen hatte. Er starb in unseren Armen, unter unseren Augen, und ohne daß wir das geringste hätten tun können.
     

     

Aber die Ereignisse dieser Nacht waren noch nicht zu Ende. Ich brachte Leon in meinem Wagen zurück zur Klinik, wo er seine Wohnung am Ende eines Pavillons hatte. Als wir uns am Zaun verabschiedeten, bremste plötzlich ein Wagen scharf neben uns.
    Wir drehten uns um. Unsere Freunde Antoine Sirven und seine Frau sprangen aus dem Wagen. Sie waren außer sich.
    „Was ist geschehen?“ fragte ich.
    „Furchtbar!“ rief Antoine Sirven. „Wir kommen von der Hochzeit eines Vetters aus Saint Gerfaut, und als wir das Plateau überquerten, sahen wir ganz in der Nähe des Weißen Turms seltsame Feuer über die Ebene huschen. Wir dachten erst, es wären trockene Grasbüschel, die Feuer gefangen haben, aber dann sahen wir, daß sie hin – und herliefen und oft riesige Funkenbündel hinter sich herzogen. Plötzlich sah ich eine dieser Flammen genau in meinem Rückspiegel. Sie verfolgte uns. Sie näherte sich dem Wagen und es hatte einmal den Anschein, als wollte sie uns überholen!“
    „Wir spürten sogar die Hitze“, rief seine Frau.
    „Wir fuhren nicht schnell“, sagte Antoine. „Aber dann trat ich den Gashebel durch, gerade als wir am Weißen Turm vorbeifuhren. Alle Fenster waren erleuchtet.“
    „Die Flammen verfolgten uns bis vor Hercenat“, sagte sie. „Ich hatte große Angst.“
    „Berührt mal die Karosserie des Wagens“, meinte Antoine. „Sie muß immer noch heiß sein.“
    Tatsächlich. Nelsy und ich wußten nicht, was wir sagen sollten.
    „Kommt herein und trinkt einen Schluck Kognak zur Beruhigung“, sagte Leon.
    „Nein, nein“, sagte Antoine schnell. „Wir wollen nicht mehr warten. Bis jetzt haben wir es hier ausgehalten, aber einmal muß alles ein Ende haben. Wir fahren nach Hause, packen augenblicklich unsere Koffer und reisen ab.“
    Sie drückten uns schnell die Hand, sprangen wieder in ihren Wagen und fuhren weg.
    Wir standen da und sahen einander an.
    „Was sagst du dazu?“
    Leon lehnte seine Stirn müde an den Zaun. „Nichts. Ich glaube nicht, daß die Sirvens eine Halluzination hatten.“
    „Wir sollten einen Sprung zur Polizei machen“, meinte ich.
    Leon nickte müde.
    Wir stiegen wieder in den Wagen ein und fuhren ins Zentrum.
    Leutnant Boze war in seinem Büro. Er sah nicht so aus, als hätte er in diesen Tagen viel Zeit zum Schlafen gehabt. Sein Blick war gehetzt.
    Bevor wir zu Wort kamen, sagte er: „Ich weiß nicht mehr, wo mir der Kopf steht.“
    „Flammen, die über die Felder huschen?“
    „Flammen … Mini-Tornados … Feuerkugeln, die über die Straßen rollen, dazwischen einige plötzliche Todesfälle, die vorher angekündigt wurden, einige Brände in der Umgebung. Die Feuerwehr ist unterwegs. Ich habe schon um Verstärkung telefoniert.
    Ich glaube an alles, Herr Doktor, an Zauberei, an Magie, an übernatürliche Kräfte. Ich habe keinerlei Zweifel mehr.“
    Das Telefon unterbrach ihn. Während er abhob, fuhr er sich mit dem Taschentuch über die schweißnasse Stirn.
    „Ja?“
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