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030 - Die zweite Realität

030 - Die zweite Realität

Titel: 030 - Die zweite Realität
Autoren: Michael J. Parrish
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Die nackte, ungeschminkte Wahrheit?«
    »Bitte«, sagte Matt leise, und es klang fast flehend. »Es ist nichts passiert«, erwiderte der Redakteur schlicht. »Wie bitte?«
    »In Wahrheit ist nichts passiert«, wiederholte Mike schulterzuckend.
    »Nichts von dem, was Sie hier gesehen oder erlebt haben, ist wirklich geschehen.«
    »Nein?«
    Matts Gesicht war voller Unverständnis. »Aber wie…?«
    »Es ist, wie ich Ihnen sagte, Matt - Sie sind der Held einer Geschichte. Die Hauptfigur einer Simulation, die sich um Ihr Leben dreht. Eine fiktive Realität, die sich ihre Bestandteile aus Ihrem Geist holt, Commander, aus Ihren Erinnerung. In Wirklichkeit ist nichts davon real.«
    »Aber das ergibt doch keinen Sinn!«, ereiferte sich Matt. »Im Gegenteil«, hielt Mike dagegen. »Es ergibt mehr Sinn als jede andere der Lügen, die ihnen aufgetischt wur- den, um Informationen von Ihnen zu bekommen, um ihre Verhaltensweisen zu analysieren und Ihre Loyalität zu testen.«
    »Meine Loyalität? Aber wer…?«
    »Was ist das Letzte, woran Sie sich erinnern? Ich meine konkret erinnern, ehe Sie aus dem Koma erwacht sind.«
    »Mein Zusammentreffen mit der neuen Regierung, dem Weltrat…« Mike erwiderte nichts - der Blick, mit dem er Matt bedachte, sprach dafür Bände.
    »Der Weltrat?«, hakte Matt ungläubig nach. »Der Weltrat steckt hinter all dem?«
    »Sie wurden getäuscht, Matt. Ohne dass Sie es wussten, hat man Sie einer Unzahl von Prüfungen unterzogen. Man hat Ihre Psyche getestet, indem man Sie einer Reihe extremer, sich ständig verändernder Szenarien aussetzte. Nur mit dem einen Ziel, mehr über Ihre Vergangenheit in Erfahrung zu bringen und Ihre Loyalität gegenüber der Regierung zu prüfen.« Mike blickte ihn durchdringend an. »Denken Sie nach, Commander, und Sie werden erkennen, dass ich die Wahrheit sage.«
    »Die Wahrheit.« Matt schnaubte freudlos. »Welche Wahrheit? Ihre? Oder die von Smythe? Sirwigs Wahrheit vielleicht?«
    »Ich habe Sie nie belogen«, brachte Mike in Erinnerung. »Aber ich musste mich vorsehen. Es ist hier nicht sicher für mich.«
    »Wieso? Wer sind Sie? Was sind Sie? Angenommen, das hier ist nur eine Simulation, dann sind Sie…«
    »… nur ein Teil davon«, ergänzte Mike bereitwillig. »Ganz recht, Commander. Ich bin nicht wirklich hier. Ich bin nur eine Projektion, ein Piratenprogramm, das geschrieben wurde, um diese Simulation zu unterwandern. Glauben Sie mir - es war nicht einfach, hierher zu kommen. Der Weltrat hat seine Datenbanken gut abgeschirmt.«
    ***
    Matt war fassungslos. Trotzdem gestand er sich ein, dass es nicht unmöglich war. Schon in der Welt des Jahres 2012 hatten virtuelle Realitäten zum Alltag computerspielsüchtiger Kids gehört, auch wenn sie noch weit davon entfernt gewesen waren, wirklich authentisch zu wirken. Warum sollte der Weltrat nach mehr als 500 Jahren Evolution nicht über eine Technologie verfügen, die so weit fortgeschritten war, dass sie die Simulation einer kompletten virtueller Welt ermöglichte, die von der Realität nicht zu unterscheiden war? »Sie kennen jetzt die Wahrheit«, drang Mikes Stimme in Matts Gedanken. »Aber Sie werden noch einige Zeit brauchen, um wirklich alles zu verstehen. Irgendwann werden Sie dann begreifen, worum es geht. Wofür wir kämpfen.«
    »Wir?« Matts Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen. »Für wen arbeiten Sie?«
    »Für den Widerstand«, erklärte Mike knapp. »Der Weltrat ist nicht, was er zu sein vorgibt, Matthew. Auch das werden Sie irgendwann erkennen.«
    Matt erwiderte nichts, taxierte sein Gegenüber mit kritischen Blicken. »Einmal angenommen, Sie hätten Recht«, meinte er schließlich, »könnte es dann nicht sein, dass Sie auch nur eine Prüfung sind? Ein Lockvogel, der meine Loyalität testen soll?«
    »Es wäre möglich«, räumte Mike ein. »Aber mit diesem Risiko werden Sie leben müssen, Commander…« Matt stieß einen überraschten Laut aus, als er merkte, wie sich sein geheimnisvoller Gesprächspartner vor seinen Augen aufzulösen begann. »Halt! Warten Sie!«, forderte er. »Ich kann nicht länger bleiben«, wehte die Antwort heran. »Sie werden gleich Besuch bekommen. Seien Sie vorsichtig, Commander Drax. Leben Sie wohl…« Damit verblasste Mikes Bild, wurde transparent - und begann sich aufzurastern. Immer gröber wurden die bunten Punkte, aus denen sich Mikes Körper zusammensetzte, immer un- deutlicher das Bild. Schließlich waren nur noch wenige grobe Pixel übrig - die auf einen
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