Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
03 Arthur und die Stadt ohne Namen

03 Arthur und die Stadt ohne Namen

Titel: 03 Arthur und die Stadt ohne Namen
Autoren: Ruebenstrunk Gerd
Vom Netzwerk:
grobkörnig. »Da!«, rief Larissa. Eine Gestalt, die eindeutig der Bücherwurm war, trat an den Straßenrand. Er blickte nach beiden Seiten und betrat dann die Fahrbahn. Als er etwa die Mitte erreicht hatte, tauchte von links ein dunkles Fahrzeug auf. Larissas Großvater hielt an, um den Wagen vorbeizulassen. Vor und hinter ihm war genügend Platz, um an ihm vorbeizufahren. Aber das Auto fuhr direkt auf den Bücherwurm zu. Wir sahen, wie er die Arme hochriss und versuchte, zur Seite zu springen. Das Fahrzeug erwischte ihn mit dem rechten Kotflügel. Sein Körper wurde ein paar Meter weit durch die Luft geschleudert und blieb dann reglos auf der Straße liegen. Das Auto verschwand mit unverminderter Geschwindigkeit aus dem Bild.
    Larissa hatte die Finger zur Faust geballt und in den Mund gesteckt, um nicht aufzuschreien. Ich legte ihr die Hand auf die Schulter, obwohl ich mich nicht viel besser fühlte.
    »Wir haben das Fahrzeug wenig später in einer Nebenstraße gefunden«, erklärte Harms. »Es wurde einige Stunden zuvor als gestohlen gemeldet. Im Augenblick ist die Spurensicherung bei der Arbeit, aber es sieht nicht so aus, als habe der Fahrer etwas zurückgelassen, was uns bei der Identifizierung helfen könnte.«
    »Deshalb sind wir auch hier«, ergänzte Sutter. »Das Ganze scheint kein Unfall, sondern ein vorsätzlicher Mordversuch zu sein. Hatte Ihr Großvater irgendwelche Feinde?« Die Frage war an Larissa gerichtet.
    Sie zögerte kurz mit der Antwort. Mir war klar, warum: Wir konnten den Polizisten unmöglich von den Vergessenen Büchern, den Suchern und den Bewahrern erzählen. Sie hätten uns nicht nur für verrückt gehalten, sondern Larissa wahrscheinlich sofort in eine Wohngruppe oder in eine Pflegefamilie gesteckt.
    »Er ist nur ein harmloser Buchhändler«, sagte sie schließlich. »Ich wohne jetzt seit über zehn Jahren bei ihm, und es hat nie ein Anzeichen gegeben, dass irgendjemand ihm etwas Böses will.«
    Das war natürlich die Untertreibung des Jahrzehnts. Ich hätte gleich eine ganze Handvoll von Leuten aufzählen können, die dem Bücherwurm nicht wohlgesinnt waren: Pontus Pluribus, die drei Slivitskys oder die Karasamoff-Vierlinge.
    Sutter und Harms blickten skeptisch drein. »Und Sie?«, wandte sich Sutter an uns. Ich schüttelte den Kopf, ebenso wie der Bibliothekar.
    »Wir haben das Bild des Fahrers so weit wie möglich vergrößert«, sagte Harms und fingerte an seinem Netbook herum. Dann hielt er es uns erneut hin. »Sagt Ihnen das etwas?«
    Es war ein vergrößertes Standbild aus dem Video. Der Fahrer trug einen breitkrempigen Hut, der einen Schatten über sein Gesicht warf, und eine Sonnenbrille. Lediglich die Mundpartie war zu erkennen: dünne Lippen, zu einem hämischen Grinsen verzogen. Ich hatte das Gesicht noch nie zuvor gesehen. Auch Larissa und dem Bibliothekar war es unbekannt.
    »Ich will jetzt wissen, was mit meinem Großvater ist!« Larissa ballte erneut eine Hand zur Faust. »Ich bin nicht hergekommen, um Fragen zu beantworten.«
    In dem Augenblick öffnete sich die bislang verschlossene Tür und ein junger Arzt mit Operationshaube und herabgezogenem Mundschutz trat hindurch. Larissa stürzte sofort auf ihn zu.
    »Wie geht es meinem Opa?«, schoss es aus ihr hervor.
    Der Arzt machte instinktiv einen Schritt zurück. »Das Wichtigste ist: Er ist außer Lebensgefahr«, erwiderte er. »Einige Knochen und Rippen sind gebrochen, aber zum Glück scheint es keine inneren Blutungen zu geben. Sorgen macht uns lediglich seine Kopfverletzung.«
    »Was ist damit?«, fragte ich.
    »Er hat einige Platzwunden und eine schwere Gehirnerschütterung. Allerdings ist er bereits auf dem Transport hierhin ins Koma gefallen. Unsere vorläufige Diagnose lautet Gehirnquetschung. Aber das werden wir erst in den nächsten Tagen näher bestimmen können.«
    Larissa wurde immer zappeliger. »Dürfen wir zu ihm?«
    »Vorerst leider nicht. Wir haben ihn aus dem OP in die Intensivstation gebracht. Da befindet er sich in besten Händen und wird rund um die Uhr überwacht. Wenn ihr übermorgen wiederkommt, wissen wir mehr über seine Verletzung. Dann könnt ihr ihn vielleicht auch besuchen.«
    Der Arzt wusste nicht, was er da von Larissa verlangte. Zwei Tage lang warten, das lief ihrem Temperament völlig zuwider.
    »Bitte!«, rief Larissa. »Ich muss ihn sehen.« Die Tränen liefen ihr in breiten Strömen das Gesicht herunter. Ich legte meine Hand auf ihren Rücken.
    »Glaub mir, ich würde dich sofort
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher