Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
03 Arthur und die Stadt ohne Namen

03 Arthur und die Stadt ohne Namen

Titel: 03 Arthur und die Stadt ohne Namen
Autoren: Ruebenstrunk Gerd
Vom Netzwerk:
zu ihm lassen, wenn es ginge. Aber dein Großvater hat gerade eine schwere Operation hinter sich, von der er sich erst erholen muss. Wenn ihr ihn jetzt besucht, würde ihm das mehr schaden als helfen.«
    Larissa ließ mutlos die Schultern nach vorn sinken. Ich nahm ihre Hand und drückte sie aufmunternd, obwohl ich mich ebenso hilflos fühlte wie sie. Ich war froh, dass der Bücherwurm nicht mehr in Lebensgefahr schwebte, aber das mit dem Koma klang nicht gut, egal, was der Arzt uns sagte.
    »Was schätzen Sie, wie lange das Koma anhält?«, fragte Sutter den Arzt.
    Der zuckte mit den Achseln. »Schwer zu sagen. Das hängt davon ab, wie ernst seine Kopfverletzung ist. Ich vermute, dass es noch mindestens drei oder vier Tage dauern wird, bis er wieder ansprechbar ist.«
    Sutter grunzte vor sich hin. Er zog eine Visitenkarte aus der Tasche und gab sie dem Arzt. »Bitte rufen Sie uns an, sobald Herr Lackmann ansprechbar ist.«
    Die beiden Beamten verabschiedeten sich von uns und gingen. Auch der Arzt machte Anstalten, wieder zu verschwinden.
    »Können wir wirklich nicht zu ihm? Nur eine Minute?«, unternahm ich einen letzten Versuch.
    Er schüttelte den Kopf. »Tut mir leid.« Er ließ uns im Wartezimmer zurück.
    Einen Moment lang standen wir schweigend da. Larissa trat gegen einen der Plastikstühle, der scheppernd umfiel. »Es ist einfach unfair!«, rief sie. »Erst meine Eltern, dann Opa! Ich hasse diese ganzen Vergessenen Bücher, die Sucher und Bewahrer!«
    Sie sank auf einen der Stühle und vergrub ihr Gesicht in den Händen.
    »Ich hätte damit rechnen müssen«, murmelte der Bibliothekar. »Die Schatten gehen zum Angriff über, weil sie die Bedrohung spüren.«
    »Sie glauben also, die Schatten stecken hinter dem Anschlag?«, fragte ich.
    Er nickte. »Sie haben sich viele Jahrhunderte ruhig verhalten. Doch jetzt merken sie, dass sich etwas bewegt. Und sie haben immer noch genügend Macht, um überall in der Welt Unheil anzurichten.«
    Larissa richtete sich auf. Ihr Gesicht nahm einen entschlossenen Ausdruck an. »Wir werden dem ein Ende setzen«, erklärte sie. »Seit zehn Jahren spielen die Schatten Katz und Maus mit mir und meinen Eltern. Das reicht!«
    »Aber wie?«, warf ich zweifelnd ein und dachte schaudernd an unsere Begegnung mit dem Botschafter der Schatten in Dubrovnik. »Was sollen wir beide gegen die Macht dieser Wesen ausrichten, die ja noch nicht einmal wirklich menschlich sind?«
    »Es gibt nur einen Weg«, sagte der Bibliothekar. »Ihr müsst das Buch der Leere finden und ihnen direkt gegenübertreten.«
    Einen Moment lang schwiegen wir alle. Durch die Tür hörte man, wie jemand über die Lautsprecher des Krankenhauses ausgerufen wurde.
    Larissa strich mit einer Hand sanft über die Tür, hinter der irgendwo ihr Großvater lag. »Worauf warten wir dann noch?«, fragte sie. »Sie können uns zu Hause alles Weitere erklären.«
    Obwohl wir uns häufig allein dort aufhielten, kam mir das Haus des Bücherwurms bei unserem Eintreten dieses Mal verlassen vor. Normalerweise wussten wir immer, dass der Alte irgendwann heimkommen würde. Jetzt war uns diese Gewissheit genommen worden. Da, wo vorher Leben war, hatte sich nun eine Leere ausgebreitet, die ich körperlich zu spüren glaubte. Vielleicht war es aber auch nur die Tatsache, dass die Außentemperaturen wieder auf den Nullpunkt sackten und die Heizungen nicht genügend aufgedreht waren.
    Larissa widmete sich der Teezubereitung mit ungewöhnlicher Intensität und ich konnte ihre Anspannung deutlich spüren. Die Konzentration auf diese banale Angelegenheit schien ihr dabei zu helfen, die Sorge um ihren Großvater nicht übermächtig werden zu lassen.
    Mich hatten die Ereignisse der vergangenen Stunden so überrollt, dass ich noch gar nicht dazu gekommen war, groß darüber nachzudenken. Jetzt, als ich am Küchentisch saß und Larissa beobachtete, wurde mir zum ersten Mal bewusst, was es bedeutete, wenn der Bücherwurm den Anschlag nicht überlebte:
    Kein Buchladen mehr.
    Larissa in einer Wohngruppe oder bei Pflegeeltern.
    Und das Schlimmste: Nie wieder würden wir in diesem Haus lachen oder Pläne zur Rettung der Vergessenen Bücher schmieden.
    Bislang hatte uns Larissas Großvater die notwendige Rückendeckung für unsere Abenteuer gegeben. Er verfügte über Hintergrundinformationen, die wir nicht besaßen, konnte uns überall, wohin wir reisten, Kontakte verschaffen und stellte uns nicht zuletzt das Geld zur Verfügung, das wir für unsere
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher