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0076 - Wir verlernten das Lachen

0076 - Wir verlernten das Lachen

Titel: 0076 - Wir verlernten das Lachen
Autoren: Wir verlernten das Lachen
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Die denkwürdige Reise der zehn Zöglinge des Christ Church College, Madison, begann an einem Freitagmorgen um sechs Uhr vor dem Hotel Las Palmas in Panama. Um diese Zeit stiegen die Jungen, von denen der älteste sechzehn und der jüngste acht Jahre alt war, in den knallgelben GMC-Bus. des Miguel Lopez.
    Lopez, ein Kuna-Kuna-Indianer von der ganzen Schweigsamkeit und Zurückhaltung seiner Rasse, lud das umfangreiche Gepäck der jungen Leute in den Kofferraum und setzte sich dann auf ein Zeichen des Reiseleiters hinters Steuer, um den Motor zu starten.
    Reiseleiter war James Leader, einer der Lehrer des College, neununddreißig Jahre alt und das, was man einen schönen Mann nennt. Ihm zur Seite stand sein um vier Jahre jüngerer Kollege Evelyn Brown, von dem es ließ, er könne Cicero, Ovid, Cornelius, Nepos und wie die alten römischen Schriftsteller sonst noch heißen, im Urtext müheloser lesen als ein Finanz-Inspektor die Steuererklärung eines raffinierten Geschäftsmannes.
    Äußerlich war er klein und unansehnlich. Er stand den praktischen Dingen des Lebens etwas verträumt und hilflos gegenüber. Eine Schönheit war er nicht, worauf schon der Spitzname hindeutet, den ihm seine respektlosen Schüler gegeben hatten: Habicht. Aber, wie gesagt, dieser Eindruck war nur äußerlich; in seinem Herzen wohnte die schöne Seele eines Humanisten von reinstem Wasser. Nicht einer Fliege hätte er etwas zuleide tun können. Ihn zur Aufsichtsperson einer derartigen Studienreise zu machen, war allerdings ein Mißgriff der College-Leitung gewesen. James Leader kümmerte sich auch nicht viel um seinen Kollegen. Er wurde mit den Jungen, die ihn regelrecht vergötterten, allein fertig.
    Da die größte Hitze des Tages noch ausstand, verlief die Fahrt zunächst recht angenehm. Der Bus erreichte bei Balbao die Kanalzone und fuhr von dort ab immer am Ufer des Panama-Kanals entlang nach Nordwesten.
    Um sechs Uhr dreißig erreichte man Diablo Hights. Die zehn Jungen waren bester Laune und sangen. Sie sangen ein einfaches, etwas schwermütiges Lied, das seine Verwandtschaft zu den alten Negro-Spirituals nicht verleugnete, an gewissen Stilelementen und Passagen dem Kundigen aber verraten hätte, daß es sich nicht um ein Original, sondern um eine moderne Nachschöpfung handelte.
    Die beiden Lehrer bemühten sich, über die Bordlautsprecheranlage ihre Zöglinge hin und wieder auf die Sehenswürdigkeiten aufmerksam zu machen. Leader berichtete über Bau und Anlage des Kanals, und Brown zitierte dazu passende Stellen griechischer und römischer Schriftsteller, was die übermütige Horde nur zum Lachen reizte.
    Um acht Uhr fuhr der Bus durch Red Tank. Da die Lehrer verstummt waren, sangen die Jungen wieder. Sie sangen auch noch, als der Bus um neun Uhr dreißig in South Gamboa eintraf. Dort war der erste größere Aufenthalt vorgesehen. Leader wollte mit seinen Zöglingen den Gatun-Stausee besichtigen und anschließend nach Nordth Gamboa weiterfahren, um ihnen dort die gewaltige'Anlage der Schleuse zu zeigen.
    Dazu kam es allerdings nicht mehr. Der Bus mit den singenden Jungen wurde noch einmal gegen neun Uhr vierzig von einem Trupp Kanalarbeiter gesehen. Von da ab war er samt den zehn Collegeboys und den zwei Lehrern verschwunden.
    ***
    Als wir, Phil Decker und ich, an einem Mittwoch zu unserem Chef befohlen wurden, wußten wir, daß eine große Sache anlag. Aber wir dachten nicht im entferntesten daran, daß wir uns dabei beinahe die Zähne ausbeißen würden.
    Mister High gab unseren Gruß nur zerstreut zurück und bat uns, Platz zu nehmen.
    »Da ist eine entsetzliche Sache passiert«, sagte er. »Am vergangenen Freitag ist in Panama ein Omnibus mit zehn Jungen und zwei Lehrern verschwunden — einfach verschwunden wie ein Silber-Dollar, der in den Ausguß fällt. Sie beide,- Jerry und Phil, werden um zehn Uhr mit einem Sonderflugzeug nach Panama starten. Sie können also noch heute mit Ihren Ermittlungen beginnen.«
    »Dürfen wir Näheres wissen, Chef?« fragte ich.
    Mr. High nickte ernst.
    »Hören Sie gut zu. In Madison gibt es das Christ Church College. Es ist kein einfaches College, sondern ein Knaben-Internat für Kinder ganz reicher Eltern,- das die Boys mit sechs Jahren aufnimmt und bis zur Universitätsreife ausbildet. Leiter und Besitzer ist ein gewisser Habakuk Ebenezer Roberts, der sich allgemein größter Wertschätzung erfreut. Als die Ferien begannen, fuhren die Zöglinge nach Hause, bis auf zehn, deren Eltern nicht
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