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03 Arthur und die Stadt ohne Namen

03 Arthur und die Stadt ohne Namen

Titel: 03 Arthur und die Stadt ohne Namen
Autoren: Ruebenstrunk Gerd
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Reisen benötigten.
    Ohne ihn würden wir den Suchern und den Schatten ganz allein gegenüberstehen. Und was konnten wir, zwei sechzehnjährige Jugendliche, ohne Hilfe gegen solche Gegner ausrichten?
    Ich seufzte. Larissa warf mir einen verständnisvollen Blick zu.
    Der Bibliothekar, der direkt nach unserer Rückkehr in seinem Zimmer verschwunden war, kehrte mit einem prall gefüllten Aktenordner in der Hand in die Küche zurück. Er fischte einige handschriftlich beschriebene Blätter heraus und legte sie vor sich zurecht. Larissa stellte saubere Tassen auf den Tisch. Die Schale mit den Keksen stand noch von vorhin da. In der Dämmerung vor dem Küchenfenster sah ich einige Schneeflocken in der Luft tanzen. Dieses Jahr schien der Winter wirklich kein Ende nehmen zu wollen.
    Nachdem wir alle mit Tee versorgt waren, blickten wir den Bibliothekar erwartungsvoll an. Er schaufelte erneut fünf Löffel Zucker in seinen Tee, rührte ohne Eile um und führte dann die Tasse zum Mund. »Eine ausgezeichnete Mischung«, nickte er Larissa lobend zu.
    Sie ging darauf nicht ein. »Das Buch der Leere«, erinnerte sie ihn ungeduldig.
    Er stellte die Tasse vorsichtig ab und nahm eines der Blätter vor sich auf. Einen Moment lang studierte er es schweigend, dann legte er es wieder hin.
    »Das Buch der Leere ist, neben dem Buch der Dunkelheit, das mächtigste der Vergessenen Bücher«, begann er. »Mit seiner Hilfe kann man die Welt, die wir kennen, in eine entvölkerte Einöde verwandeln. Es hat seinen Grund, dass die Schatten, so wie die Vergessenen Bücher selbst, aus einem Winkel der Erde stammen, den man das ›Leere Viertel‹ nennt. Das Leben ist der größte Feind der Schatten. Und die Abwesenheit von Leben – das ist die Leere. Mit dem Buch kommen die Schatten ihrem Ziel einen großen Schritt näher.«
    »Und was ist das für ein Ziel?«, fragte ich.
    »Darüber gibt es nur Vermutungen. In unserer Welt kann nichts ohne seinen Gegensatz existieren. Es gibt kein Licht ohne Dunkel, kein schnell ohne langsam, kein gut ohne böse. Die Schatten sind vielleicht das Gegenteil des Lebens.«
    »Aber das Gegenteil des Lebens ist doch der Tod«, widersprach ich.
    Er schüttelte den Kopf. »Der Tod ist das Ende des Lebens, nicht sein Gegenteil. Vielleicht existieren die Schatten gerade deshalb, weil es das Leben gibt, ja, vielleicht gäbe es ohne sie überhaupt kein Leben.«
    Mir schwirrte der Kopf. »Aber wenn die Schatten das Leben vernichten, dann vernichten sie sich in dem Fall doch auch selbst.«
    »Vielleicht. Vielleicht sind sie aber auch Teil eines anderen Gegensatzpaares, das wir nicht verstehen, weil es älter und größer ist als unsere Welt. Auf jeden Fall besteht ihr Ziel darin, sich die Menschen zunächst zu unterwerfen und dann allem Leben ein Ende zu setzen.«
    »Dann verstehe ich nicht, warum wir für sie das Buch der Wege finden sollten«, sagte Larissa. Sie meinte damit unser letztes Abenteuer, in dem uns die Schatten den Auftrag gegeben hatten, ihnen dieses Buch zu verschaffen. Im Gegenzug wollten sie Larissas Eltern freilassen.
    Der Bibliothekar zog ein weiteres Blatt hervor. »Das Buch der Leere allein ist für die Schatten nutzlos. Seine volle Macht entfaltet es nur im Zusammenhang mit den übrigen zwölf Büchern. Deshalb wollten sie zuerst das Buch der Wege haben. Es hätte ihnen den Weg zu den anderen Büchern und damit auch zum Buch der Leere gewiesen.«
    Er hielt das Blatt hoch, auf dem eine Art Diagramm gezeichnet war. »Alle Vergessenen Bücher hängen miteinander zusammen. Jedes ist, für sich genommen, zwar mächtig, aber das ist nichts im Vergleich zur vereinten Kraft aller Bücher. Ihr dürft euch nicht täuschen lassen durch diejenigen, die sich die Sucher nennen. Ihnen genügt oft schon ein einziges der Bücher, um damit ihre niederträchtigen Ziele zu erreichen. Das kommt daher, weil sie in menschlichen Maßstäben denken, und für einen Menschen besitzt ein einzelnes der Bücher schon eine unvorstellbare Kraft. Aber die Schatten denken in kosmischen Bezügen. Für sie haben Zeit und Ort keine Bedeutung. Unsere Welt ist für sie nichts anderes als ein bedeutungsloser Planet in einem gewaltigen Universum, über das sie die Herrschaft erlangen wollen.«
    Er nahm einen weiteren genüsslichen Zug aus seiner Tasse. Unsere Tees standen noch unberührt vor uns.
    »Und warum müssen wir dann gerade das Buch der Leere finden?«, fragte ich. »Wenn es so gefährlich ist, dann sollte es doch unser Ziel sein, es
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