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029 - Die neue Macht

029 - Die neue Macht

Titel: 029 - Die neue Macht
Autoren: Claudia Kern
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die Stadt praktisch von uns regiert wird.«
    Die Fahrstuhltüren öffneten sich und Matt trat in ein großes betongraues Gewölbe. Einige Technos, die an Computern arbeiteten, sahen kurz auf und nickten Dayna zu. Über ihren Köpfen waren blinkende Lichter in einer Anordnung angebracht, die Matt merkwürdig vertraut erschien.
    Wie die Zuganzeigen in der Lenkzentrale eines Bahnhofs, dachte er, sah zur Seite und traute seinen Augen nicht.
    Dort stand ein Zug.
    Hinter den hell erleuchteten Fenstern der Großraumabteile saßen Technos, die anscheinend auf die Abfahrt warteten. Die stählernen Wagons waren auf Hochglanz poliert und die schwarze Schrift, die in sie eingestanzt war, ließ sich leicht entziffern.
     
    SUBWAY l
    UNITED STATES OF AMERICA
     
    In Gedanken entschuldigte sich Matt bei all den Verschwörungsfanatikern, über die er in seinem Leben gelacht hatte. Besonders im Internet hatte sich hartnäckig die Behauptung gehalten, dass man während des kalten Kriegs eine unterirdische Zugstrecke gebaut hätte, die das Weiße Haus mit dem Pentagon in Arlington und dem CIA-Hauptquartier in Langley verband. Wäre eine Atombombe auf eines dieser Ziele gefallen, hätten sich die obersten Regierungsmitglieder damit vorher retten können.
    Matt hatte die Geschichte stets für Blödsinn gehalten, aber jetzt sah er sich gezwungen, seine Meinung zu ändern.
    Er stand vor dem Zug des Präsidenten.
    ***
    »Niemand ahnt, dass die Stadt praktisch von uns regiert wird«, klang Daynas Stimme blechern aus dem Lautsprecher.
    Harold lehnte sich vor. Auf einem der Monitore starrte ihm das Gesicht seines obersten Vorgesetzten entgegen, der die Unterhaltung zwischen der Agentin und dem Fremden interessiert verfolgte.
    »Sir«, merkte er an. »Halten Sie es wirklich für klug, ihm so viel über uns zu verraten?«
    »Vergessen Sie nicht, dass er uns mit jeder Frage auch etwas über sich selbst verrät. Ist Ihnen aufgefallen, dass er Washington sagt und nicht Waashton? Außerdem spricht er vom Weißen Haus und weiß, was Radioaktivität ist.«
    Harold nickte und fluchte innerlich. Er hatte die Besonderheiten tatsächlich nicht bemerkt. »Ich frage nur, Sir, weil wir in den Tunneln keinen Empfang haben. Soll ich DeLano anweisen, während dieser Zeit nichts zu sagen?«
    Sein Vorgesetzter dachte einen Moment nach.
    »Lassen Sie Major DeLano reden, Baker, sonst könnte unser Besucher misstrauisch werden. Sie soll nach eigenem Ermessen entscheiden.«
    »Yessir.«
    Eigenes Ermessen, dachte Harold, während er die Anweisung an Dayna weitergab. Das waren für ihn die schlimmsten Befehle, denn sie zwangen ihn, Entscheidungen ohne die Grundlage von Vorschriften zu treffen. Er war froh, nicht an DeLanos Stelle zu sein, nahm jedoch an, dass sie das Gleiche über seinen Posten sagen würde.
    In seinem Kopfhörer knackte es. »Equalizer vier an Control«, sagte Joshua Harris hörbar zerknirscht. »Bin jetzt am Osttor, aber hier ist niemand. Erbitte Anweisung. Over.«
    Harold rieb sich genervt die Schläfen.
    »Control an Equalizer vier. Melden Sie sich unverzüglich im Hauptquartier. Out.«
    Er zog einen Ordner aus der Schreibtischschublade und schlug zwei Paragrafen nach, die er noch nicht komplett auswendig konnte. Wenn Harris hier auftauchte, wollte er die Strafmaßnahmen, die er gegen ihn durchsetzen würde, zumindest richtig zitieren.
    ***
    Paragrafen kannten so etwas wie eigenes Ermessen nicht.
    Dayna war sich nicht sicher, wie sie Matthew Drax einschätzen sollte. Er verhielt sich nicht wie die anderen Menschen, die sie an der Oberfläche getroffen hatte. Sie hatte seine Reaktionen auf die Computer und den Fahrstuhl beobachtet, aber er nahm beides kommentarlos hin, beinahe so als wäre er damit aufgewachsen. Nur der Zug schien ihn überrascht zu haben.
    Jetzt saßen sie in einem der Großraumabteile, deren Licht die vorbei rasenden Tunnelwände erhellte. Der Zug holperte auf den Schienen, zeigte trotz regelmäßiger Wartung leichte Verschleißerscheinungen. Der Weltrat plante seit langem eigene Züge zu bauen und die über fünfhundert Jahre alten Fahrzeuge zu ersetzen, aber die Rohstoffbeschaffung war schwierig.
    Dayna wollte die Zeit im Tunnel eigentlich nutzen, um Matthew Drax einige Fragen zu stellen, doch er kam ihr zuvor.
    »Ich habe Menschen, die wie Sie seit Jahrhunderten unterirdisch leben, in Europa getroffen«, sagte er.
    »Sie alle leiden an einem geschwächten Immunsystem und können ihre Bunker nicht mehr ohne Schutzanzüge
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