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028 - Das Monster und die Schöne

028 - Das Monster und die Schöne

Titel: 028 - Das Monster und die Schöne
Autoren: Dämonenkiller
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Frühstück ist fertig«, rief Tanja. Sie trat aus einer Tür und hielt zwischen den Händen ein großes Tablett.
    Ich folgte ihr ins große Zimmer.
    Sie stellte das Tablett auf ein niedriges Tischchen, und wir setzten uns. Für die nächsten Minuten war ich beschäftigt. Ich trank unglaubliche Mengen Tee und aß dazu dicke Bauernbrotschnitten, die ich mit würziger Butter bestrich. Der Schafskäse war hart und aromatisch. Tanja aß nichts. Sie saß mir gegenüber und sah mich schweigend an.
    Ich lehnte mich gesättigt zurück. Als hätte sie meine Gedanken gelesen, zog Tanja die Tischlade auf und holte ein Päckchen Zigaretten hervor und eine Schachtel Streichhölzer. Ich steckte mir eine der langen Zigaretten an und inhalierte gierig den Rauch. Die Zigaretten schmeckten wie getrocknetes Stroh. Ich bekam fast einen Erstickungsanfall und rauchte daraufhin langsamer.
    »Hast du deine Erinnerung zurückbekommen?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Ich habe zwei Wölfe vor dem Haus gesehen.«
    »Sie gehören mir.« Tanja lachte. »Ich habe sechs Wölfe. Sie sind völlig zahm. Du brauchst keine Angst vor ihnen zu haben.«
    Eine ungewöhnliche Frau , dachte ich. Ich musterte sie genau. Sie machte einen vergnügten, unbeschwerten Eindruck auf mich.
    »Weshalb trägst du diesen Stirnreif?«
    Sie antwortete nicht, sondern stand auf, räumte das Geschirr auf das Tablett und ging aus dem Zimmer. Ich sah ihr kopfschüttelnd nach.
    Als erstes mußte ich herausbekommen, wo ich mich tatsächlich befand. Ich konnte noch immer nicht glauben, daß ich in Rußland sein sollte. Aber was, wenn ihre Angaben stimmten? Ich hatte keine Papiere, kein Geld. Und was war mit dem Foto, das mir Kiwibin gegeben hatte? Er hatte behauptet, daß das Ungeheuer lebte und es unbedingt getötet werden müßte.
    Nach einigen Minuten kam Tanja zurück. Sie war in Stiefel und einen schwarzen Pelzmantel geschlüpft. »Ich muß ins Dorf. Aber ich werde bald zurück sein.«
    »Ich komme mit«, sagte ich hastig und stand auf.
    »Das ist nicht gut. Die Bewohner von Novornaja sind sehr unfreundlich zu Fremden. Es wäre besser, du würdest hierbleiben. Da kann dir nichts geschehen. Niemand wagt, mein Haus zu betreten.«
    »Keine Sorge. Ich will mich nur ein wenig umsehen.«
    Tanja verzog das Gesicht. Aber ich konnte auf ihre Gefühle keine Rücksicht nehmen. Ich schlüpfte in den Mantel und knöpfte ihn zu. Dann steckte ich das Foto ein und stülpte die Kappe auf den Kopf.
    »Ich warne dich, Dorian! Laß dich auf keinen Fall mit den Dorfbewohnern ein!«
    »Ich werde daran denken.«
    Ich folgte ihr ins Freie. Vor dem Haus blieb ich stehen. Die Wölfe umringten uns, und ich fühlte mich nicht besonders wohl in meiner Haut. Es waren sechs mächtige Biester, die Tanja umsprangen. Einige Augenblicke sah sie dem Treiben der Tiere zu, dann pfiff sie schrill. Die Wölfe zogen die Schwänze ein und trollten sich hinters Haus.
    Ich ging neben Tanja. Die Hände hatte ich tief in den Taschen vergraben. Es war bitterkalt. Ich wandte den Kopf und warf einen Blick zurück auf das Haus. Es wirkte ziemlich primitiv: ein langgezogenes Blockhaus ohne Verzierungen.
    Plötzlich stutzte ich und blieb stehen. Deutlich waren meine Fußspuren im Schnee zu sehen, doch Tanja hinterließ keine Fußabdrücke. Sie war einige Meter vor mir. Ihre Füße berührten den Schnee. Deutlich sah ich, wie die Sohlen ihrer Stiefel aufsetzten.
    Kopfschüttelnd folgte ich ihr. War sie vielleicht eine Untote? Aber ich hatte sie berührt, ihren Körper gespürt.
    Wir kamen an einigen halbverfallenen Hütten vorbei, die unglaublich verwahrlost aussahen. Sie schienen unbewohnt zu sein. Dann folgten die ersten größeren Häuser. Alle erinnerten an das Haus Tanjas. Primitive Blockhäuser. Nur wenige waren zweistöckig.
    Wir erreichten einen breiten Platz. In der Mitte stand eine uralte Kirche. Sie war aus gewaltigen Eichenstämmen gezimmert und hatte winzige Fenster. Der Glockenturm war wuchtig und überraschend hoch. Auf der rechten Seite lagen die weißgestrichenen Verwaltungsgebäude, links befanden sich einige einfache Läden. Nur wenige Leute waren auf den Straßen; hauptsächlich alte Frauen.
    Vor der Kirche blieb ich stehen. Eine uralte Frau kam uns entgegen. Sie trug einen bodenlangen, schäbigen Mantel. Das eisgraue Haar lugte unter einem knallroten Kopftuch hervor. Hinter sich her zog sie einen kleinen Schlitten, auf dem eine Tasche stand. Die Alte warf Tanja einen mißtrauischen Blick zu und wich aus.
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