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027 - Das Gesicht im Dunkel

027 - Das Gesicht im Dunkel

Titel: 027 - Das Gesicht im Dunkel
Autoren: Edgar Wallace
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ganze Weile, bis Dora mit verwandelter, gekünstelt freundlicher Miene zurückkehrte.
    »Martin findet, daß du hierbleiben mußt«, sagte sie und führte ihre Schwester zwei Treppen hinauf in ein nettes Fremdenzimmer.
    »Du hast hier in London wohl gar keine Bekannte?« fragte sie, während sie Licht machte.
    »Nein«, sagte Audrey. »Was für ein niedliches Zimmer!«
    »Ich war vorhin wohl recht garstig, mein Herz«, fuhr Dora fort und legte eine Hand auf Audreys Arm. »Aber du bist mir nicht böse, was? Du hast Mutter ja versprochen, für mich zu tun, was du nur könntest.«
    »Du weißt, daß ich es tun würde«, erwiderte Audrey bewegt.
    Dora streichelte ihren Arm und sagte fröhlich: »Unsere Gäste brechen schon auf. Du mußt herunterkommen und Herrn Stanford und Martin kennenlernen.«
    Als sie wieder im Salon erschien, sagte ihr Mann: »Ich weiß doch nicht recht, ob es nicht besser wäre, sie in ein Hotel zu schicken.«
    Dora lachte: »Ihr habt euch beide den ganzen Nachmittag den Kopf zerbrochen, wie wir das Ding zu Pierre hinschaffen sollen. Keiner von euch wollte sich der Gefahr aussetzen, mit dem Halsband der Königin von Schweden gefaßt zu werden -«
    »Nicht so laut, du Närrin!« knurrte Elton zwischen den Zähnen.
    »Hör sie an!« rief Big Stanford gebieterisch. »Ich kann mir denken, was du meinst. Wer soll das Halsband hinbringen?«
    »Wer? Meine liebe Schwester natürlich!« erwiderte Dora kühl.

6
    Big Bill war keineswegs sentimental, murmelte aber doch: »Wenn sie nun gefaßt wird - und uns angibt?«
    »Das ist mein einziges Bedenken, und es ist nur gering«, lautete Doras Antwort.
    Der große Mann starrte einen Augenblick vor sich hin. Dann sagte er: »Das Ding muß aus dem Haus. Schließ die Tür zu, Dora!«
    Sie gehorchte. Auf dem Kaminsims stand eine wunderschöne emaillierte Uhr, auf der sich eine kleine Faunsgestalt befand. Indem er diesen Faun fest umfaßte, hob Stanford den größten Teil des Innern der Uhr heraus, was diese nicht daran hinderte, ruhig weiterzuticken. Ein leiser Druck auf eine Feder genügte, um eine Seite des Bronzekastens zu öffnen und ein genau hineinpassendes Stanniolpaket zu zeigen. Dies legte er auf den Tisch, und sobald er es auspackte, flammte ein solches Geflirr von blauen, grünen und reinweißen Blitzen auf, daß Doras Mund sich vor Staunen und Bewunderung weit öffnete.
    »Da liegen siebzigtausend Pfund«, sagte Stanford gedankenvoll, »und da liegen auch zehn Jahre für irgend jemand - sieben für Diebstahl und drei für Majestätsbeleidigung.«
    Der elegante Martin Elton schauderte. »Sprich nicht von so etwas!« sagte er. »Jetzt handelt es sich nur darum, wer das Ding fortbringt.«
    »Audrey natürlich«, erklärte Dora gelassen. »Kein Mensch kennt sie, und niemand hegt Verdacht gegen sie. Und Pierre ist leicht zu erkennen. Aber dann auch Schluß mit so etwas, Martin. Bedenke: Der Krug geht so lange zum Brunnen, bis -«
    »Vielleicht macht Lacy Marshalt ihn zum Direktor«, höhnte Stanford.
    »Ich kenne den Mann ja kaum«, versetzte Dora. »Bunny, ich erzählte dir ja, daß ich ihn auf dem Ball bei Denshores getroffen habe. Er ist Südafrikaner und steinreich, aber unerhört geizig.«
    »Zur Sache!« rief Stanford ungeduldig. »Was soll werden - wenn sie gefaßt wird? Elton, nach der Geschichte in Leyland Hall ließest du den Kram doch durch einen Mann aus Bognor aus dem Lande schaffen. Erinnerst du dich? Nun, mit diesem Freund aus Bognor hat Dick Shannon sich heute stundenlang unterhalten.«
    Martins hübsches, blasses Gesicht wurde noch bleicher. »Er wird nichts verraten«, murmelte er.
    »Wer weiß! Wenn einer ihn dazu bringt, so ist es Shannon.«
    »Ja, das Ding muß weg!« sagte Dora. »Pack es ein, Martin.«
    Er machte sich an die Arbeit, wickelte das Halsband in Watte, legte es in eine alte Zigarrenschachtel, die er mit braunem Papier umhüllte, schnürte es mit Bindfaden zu und legte es hinter ein Sofakissen, worauf die Standuhr wieder in Ordnung gebracht wurde.
    »Und wenn das Mädchen gefaßt werden sollte - wird sie schwatzen?« fragte Stanford.
    Dora sann einen Augenblick nach. »Nein, ganz bestimmt nicht!« sagte sie dann und ging hinauf, um ihre Schwester zu holen.
    Als Audrey ins Zimmer trat, fiel ihr Blick zuerst auf einen großen, breitschultrigen Mann mit ganz kurz geschorenem Haar, der sie mit ernsten, strengen Augen ansah.
    »Herr Stanford«, sagte Dora, »und dies ist mein Mann.«
    Verwundert betrachtete Audrey den zierlichen,
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