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027 - Das Gesicht im Dunkel

027 - Das Gesicht im Dunkel

Titel: 027 - Das Gesicht im Dunkel
Autoren: Edgar Wallace
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Gut, vor heute abend um drei Viertel neun wird wohl nichts vorfallen. Um die Zeit wird das Halsband die Curzon Street verlassen, und ich werde ihm persönlich nach seinem Bestimmungsort folgen, weil mir viel dran liegt, das fünfte - ausländische - Mitglied der Bande zu fassen. Dann werde ich Dora Elton endlich ertappen.«
    »Warum nicht Bunny?« warf Steel ein.
    »Oh, der hat wohl Mut, aber nicht die Art Mut, die man braucht, wenn man mit gestohlenem Gut durch London spaziert und weiß, daß die gesamte Polizei nach einem sucht. Das ist nichts für Bunny! Seine Frau wird die Geschichte versuchen.« Dick sah nach der Uhr und murmelte: »Vor einer halben Stunde ist sie angekommen. Ich möchte wissen -«
    In diesem Augenblick erschien Herr Slick Smith, wie immer sorgsam gekleidet, selbstbewußt und mit sorgloser Miene. Steel nickte ihm grinsend zu und verließ das Zimmer.
    »Schön, daß Sie kommen, Slick!« sagte Shannon. »Sie haben recht behalten: Das Halsband ist weg - und Elton hat damit zu tun.«
    Slick hob verwundert die Augenbrauen. »Wirklich? Du lieber Gott!«
    »Was wissen Sie über Frau Elton?« fragte Dick und schob ihm die Whiskyflasche hin.
    »Eine reizende Dame - ganz reizend! Früher war sie ein braves Mädchen, aber eine schlechte Schauspielerin. Sie muß Elton wohl geheiratet haben, um einen besseren Menschen aus ihm zu machen. So sind die guten Frauen nun mal!«
    »Hat sie eine Schwester?« fragte Dick gespannt.
    Herr Smith leerte sein Glas. »Wenn sie eine hat, so gnade ihr Gott!« war alles, was er sagte.
    Unterdessen hatte Audrey eine Viertelstunde auf dem Victoriabahnhof verbracht und die Anschlagzettel über die Beraubung der Königin von Schweden studiert, während sie vergeblich auf Dora wartete. Schließlich ersuchte sie einen offenbar allwissenden Polizisten um Belehrung und benutzte einen von ihm empfohlenen Omnibus, um nach der Curzon Street zu fahren. Ein zierliches Hausmädchen machte ihr auf und sagte: »Frau Elton ist beschäftigt. Kommen Sie vielleicht von Seville?«
    »Nein, ich komme aus Sussex«, erwiderte Audrey. »Bitte melden Sie Frau Elton, daß ihre Schwester hier ist.«
    Das Mädchen führte sie in ein frostiges kleines Wohnzimmer und ließ sie dort allein. Audrey tröstete sich, indem sie sich sagte, daß ihr Brief, in dem sie Dora ihre bevorstehende Ankunft mitgeteilt hatte, bestimmt verlorengegangen sei. Die Schwestern standen sich nicht nahe. Dora war zur Bühne gegangen und hatte sich dann kurz vor dem Tod ihrer Mutter anscheinend ›gut‹ verheiratet. Sie war Audrey von jeher als gutes Beispiel vorgehalten worden, und obwohl sie ihre Mutter völlig vernachlässigt hatte, war und blieb sie in deren Augen bis zuletzt ein Muster an Vollkommenheit.
    Die Tür öffnete sich plötzlich, und eine junge Frau trat herein. Sie war größer und blonder als Audrey und fast ebenso hübsch, wenn ihr Mund auch etwas hart war und die Augen keine Spur von Audreys lebhaftem Humor verrieten.
    »Aber liebes Kind, wo, in aller Welt, kommst du denn her?« fragte sie voller Bestürzung, indem sie eine schlaffe, mit Ringen bedeckte Hand ausstreckte und dann Audreys Wange mit den Lippen streifte.
    »Hast du meinen Brief nicht erhalten, Dora?«
    »Nein. - Du bist ja gewachsen, Kind!«
    »Ja, man wächst ... Ich habe das Haus verkauft.«
    Dora machte große Augen. »Warum denn das?«
    »Es gehörte mir ja längst nicht mehr - war über und über mit Hypotheken belastet.«
    »Und nun kommst du hierher? Das ist sehr dumm! Ich kann dich unmöglich zu mir nehmen.«
    »Oh, wenn ich hier nur acht Tage lang schlafen könnte, Dora - bis ich Arbeit gefunden habe.«
    Dora ging mit gerunzelter Stirn auf und ab. Sie trug ein elegantes Nachmittagskleid, dessen Wert ihrer Schwester für einen ganzen Monat bequemen Unterhalt verschafft hätte, und ihre Perlenkette und Diamantenohrringe waren ein kleines Vermögen wert.
    »Ich habe Gäste - zum Tee«, sagte sie, »und heute abend ein kleines Dinner. Was soll ich mit dir anfangen - so wie du angezogen bist! Geh lieber in ein Hotel, schaff dir elegante Sachen an und komm Montag wieder.«
    »Das würde mehr Geld kosten, als ich besitze«, erwiderte Audrey ruhig.
    Dora kniff die Lippen zusammen. »Wie kannst du denn nur so aus blauem Himmel hier ins Haus schneien!« rief sie aus. »Na, warte hier - ich will mit Martin sprechen.«
    Audrey blickte ihr lächelnd nach. Das war einmal wieder echt Dora! Anders hatte sie es sich gar nicht vorgestellt. Sie wartete eine
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