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Das Gold der Piraten

Das Gold der Piraten

Titel: Das Gold der Piraten
Autoren: Dirk Ahner
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Der Laden am Ende der Straße

    Der unglaublichste, verrückteste und abenteuerlichste Tag, den Ben, Lara und Nepomuk je erlebt hatten, begann an einem ganz und gar unspektakulären Ort: dem Schulhof.
    »Her mit den Mäusen, na los!«
    Der Junge, der Nepomuk in seinen Pranken hielt, hieß Oliver, aber auf der Schule nannten ihn alle »Bomber«, weil er im Handball den härtesten Wurf hatte. Mit seinem massigen Körper walzte er alles nieder, was sich ihm in den Weg stellte. Am liebsten die, die schwächer waren als er.
    Nepomuk, ein schmaler Junge von acht Jahren mit struppigem Haar, klammerte sich an seiner Umhängetasche fest und schob seine Brille die Nase hoch. Wenn er sich weigerte, Bomber sein Taschengeld zu geben, würde der ihn gewiss kopfüber in einen Papierkorb stopfen. Hatte er schließlich schon öfter getan. Die anderen Jungs hielten Nepomuk für einen Schwächling. Aber was wussten die schon! Im Alter von fünf Jahren hatte er sein erstes Buch gelesen und seitdem eine ganze Bibliothek verschlungen. Er war ein ziemlich heller Kopf. Das half ihm allerdings wenig bei einem Grobian wie Bomber. Rasch durchwühlte er seine Taschen und grub ein paar Münzen hervor.
    »Verbindlichen Dank«, sagte Bomber und zählte das Geld. »Das nächste Mal geht das schneller, klar?«
    Nepomuk wollte gerade gehen, als eine zornige Stimme zu hören war.
    »Was ist hier los?«
    Vor ihnen stand Ben, der beste Freund von Nepomuks großer Schwester Lara. Er hatte die Hände in die Hüften gestemmt und sah Bomber böse an. Jeder an der Schule wusste, dass Ben stark war. Außerordentlich stark sogar. Manche Kinder munkelten, dass sie mit eigenen Augen gesehen hätten, wie er das Auto seiner Mutter angehoben hatte, damit sie in Ruhe die Reifen wechseln konnte. Wissenschaftlich betrachtet war das natürlich völlig unmöglich, das wusste Nepomuk. Trotzdem war er froh, dass Ben da war.
    »Halt dich da raus, Ben«, fauchte Bomber.
    »Nur ein Feigling vergreift sich an Schwächeren!«, gab Ben zurück.
    Für einen Jungen von zehn Jahren war Ben sehr groß, und in seinen Augen lag eine Entschlossenheit, wie man sie nur bei mutigen Menschen fand. Meistens trug er Hemden und Hosen, die alt und abgetragen aussahen, als hätte er sie von seinem großen Bruder geerbt. Nepomuk wusste allerdings, dass Ben keinen großen Bruder hatte. Er lebte allein mit seiner Mutter.
    »Hast du was auf den Ohren? Ich sagte, lass den Kleinen los«, rief er.
    »Ich bin nicht klein«, protestierte Nepomuk mit dünner Stimme.
    Keiner der beiden älteren Jungs hörte auf ihn. Bomber ging bedrohlich auf Ben zu und ballte seine Pranken zu Fäusten. Ben war allerdings nicht nur stark, sondern auch schnell. Er schnappte sich das Geld.
    »Das hier gehört dir nicht, klar?«, sagte er.
    Bombers Kopf wurde rot wie eine überreife Tomate. Er steckte seine Finger in den Mund und stieß einen Pfiff aus. Sofort kamen zwei seiner Freunde herbeigelaufen, stärker und größer noch als er selbst.
    »Jetzt stecken wir in Schwierigkeiten«, flüsterte Nepomuk.
    Ben musste ihm recht geben. Fieberhaft wägte er seine Chancen ab und beschloss dann, dass es besser war, zu verschwinden. »Lauf!«, rief er.
    In Windeseile liefen die beiden davon und kletterten über den Zaun des Schulhofs. Bomber und seine Freunde jagten ihnen hinterher. In diesem Moment kam Lara aus der Schule, Nepomuks große Schwester. Ihr kastanienfarbenes Haar wirbelte zu einem Zopf geflochten über ihren Schultern. Ihr Gesicht, das über und über mit Sommersprossen bedeckt war, erstarrte zu einer Grimasse, als sie sah, wie ihr kleiner Bruder über den Zaun kletterte.
    »Nepomuk, was machst du da? Du wirst dir noch den Hals brechen!«
    Nepomuk stöhnte. Warum musste seine oberschlaue große Schwester immer zu den unpassendsten Gelegenheiten auftauchen? Die beiden waren wie Katz und Maus. Lara spielte gern die Aufpasserin und sagte Nepomuk, was er zu tun hatte. Dafür ließ Nepomuk sie spüren, dass er das Genie in der Familie war. Das brachte Lara jedes Mal auf die Palme.
    Ben mochte Lara. Seit sie ihm in Mathe half, waren die beiden beste Freunde. Er schenkte ihr ein schüchternes Lächeln. »Hallo, Lara.«
    Ungläubig wanderte Laras Blick zu Bomber, der sich ächzend über den Zaun quälte und dabei von seinen Freunden gestützt werden musste. »Prügelt ihr euch etwa?«
    Ben und Nepomuk hatten keine Zeit, zu antworten. Sie rannten Richtung Stadt. Lara stieß eine leise Verwünschung aus und folgte den beiden.
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