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0257 - Der Teufel mit dem Lorbeerkranz

0257 - Der Teufel mit dem Lorbeerkranz

Titel: 0257 - Der Teufel mit dem Lorbeerkranz
Autoren: Rolf Michael
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geschehen lasse!«
    Mit der rechten Hand deutete der greise Magier mit den Augen eines Jünglings auf das von Nebelschwaden umgebene Bild in der Schale. Die abartige Gestalt eines Dämonenwesens, entstanden aus dem Nichts, war vollendet.
    Er sah, wie der kranke Kaiser schweißgebadet emporfuhr und aus glasigen Augen das unheimliche Wesen anstarrte.
    Aber nicht einmal Merlin wußte, was das Höllenwesen an die Lagerstatt des fiebernden Kaisers gerufen hatte…
    ***
    Vergangenheit:
    Rom, die Ewige Stadt, im Oktober des Jahres 37 nach der Zeitwende.
    »Der Kaiser stirbt!« hörte man es flüstern. »Er hat bereits seine Schwester Drusilla zur Erbin eingesetzt!«
    »Jupiter gebe ihm seine Gesundheit wieder!« flehten andere Menschen auf offener Straße. Von den Altären der Tempel stieg der beißende Qualm der Rauchopfer zum Himmel, während die Priester in monotonen Litaneien die Götter um das Leben des Imperators anflehten.
    Denn nach der Schreckensherrschaft des gräßlichen Kaiers Tiberius hatte für Rom unter der Herrschaft des jungen Kaiser Gajus Cäsar eine glückliche Zeit begonnen. Dieser Caligula, wie man ihn heimlich nannte, gab den Römern das, wonach sie sich sehnten und was ihnen Tiberius verwehrte. Die Spiele im Amphitheater und die Wagenrennen im Circus.
    Und dieser noch recht junge Herrscher litt an einer unbekannten Krankheit und rang mit dem Tode. Die Ärzte im Kaiserpalast auf dem Palatin standen vor einem Rätsel.
    Die durch die Straßen der Vorstadt auf dem Aventin patroullierenden Soldaten der Prätorianergarde wichen vor einer weiblichen Gestalt in grauschwarzen Gewändern zurück, die eben aus dem matt erleuchteten Eingang eines baufälligen Hauses trat.
    Die Frau war noch nicht alt, wie man an ihren Gesichtszügen erkannte. Nur die Kleidung gab ihr den gespenstischen Eindruck, der ihre weiblichen Reize in den Hintergrund drängte. Das Gesicht jedoch war bleich wie eine Totenmaske. Kaltglitzernde Augen verrieten gnadenlose Härte.
    »Eine Lemure! Eine Gestalt aus der Unterwelt!« haucnte einer der sonst so disziplinierten Prätorianer.
    »Sie ist schlimmer als alle Schrecken der Unterwelt zusammen!« gab ein anderer halblaut zurück. »Kennt ihr sie nicht? Es ist Locusta, die Giftmischerin und Hexe vom Aventin!«
    Nur ein Zucken der Mundwinkel zeigte an, daß die düster gekleidete Frau die Worte verstanden hatte. Flüchtig streiften ihre Augen die Prätorianer, die mit schnellen Schritten um die nächste Hausecke gingen.
    Gebannt starrten ihre Augen zum Himmel. Wie eine Herde rasender Pferde trieben Wolken über den nachtschwarzen Himmel. Wetterleuchten flammte am Horizont auf und hüllte für den Bruchteil eines Augenblicks die Szenerie in ein gleißendes Licht.
    »Die Zeit… sie naht heran… ich spüre es…!« murmelte Locusta tonlos. »Der Kaier stirbt. Aber ich will nicht, daß er stirbt. Er soll leben… durch mich leben! Und dann werde ich durch ihn herrschen. Hilf mir, großmächtiger Asmodis! Zeige mir, wann die Zeit da ist, deinen Diener zu rufen!«
    Die letzten Worte schrie sie gegen den beginnenden, heulenden Sturm.
    In der Hölle wurde der Ruf vernommen. Jäh riß die dahinrasende Wolkendecke auf. Kalt glitzerten die Sterne herab.
    Es war nur für drei Herzschläge, dann hatte sich die Wolkendecke wieder geschlossen. Doch für die Locusta reichte die Zeit.
    »Die Steme stehen günstig!« kicherte sie. »Der Feuerstern schafft Aufruhr im Hause des Drachen, und das Zeichen des Adlers steht in Konjunktion mit den Mächten der Chaosgestime. Nun gilt es, die alte Zaubermacht der Hexen von Boroque zu erproben!«
    Wie der Schatten eines Abgeschiedenen huschte die Giftmischerin zurück ins Haus. Der Raum, den sie betrat, war schmucklos mit den notwendigsten Möbeln eingerichtet. Zwei Öllampen spendeten trübes Licht. Eine der Lampen ergriff Locusta, als sie auf die gegenüber liegende Wand zuging und an verschiedenen Stellen das Mauerwerk berührte.
    Mit knöchernem Schürfen schwang eine Geheimtür zur Seite. Vor der Giftmischerin gähnte die Schwärze eines unterirdischen Ganges.
    Ohne zu zögern betrat Locusta den Weg, der zu ihrer geheimen Hexenküche führte. Ein Zufall hatte sie diese Höhle entdecken lassen, wo sie unbemerkt ihre Tränke und Sude brauen konnte. Sie wußte genau, daß die Prätoren nur darauf warteten, ihrer Giftmischerei auf die Schliche zu kommen. Darauf stand nach römischem Recht der Tod.
    Fand man Beweise, konnte sie keine Gnade erwarten.
    Übergangslos
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