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0241 - Der Pesthügel von Shanghai

0241 - Der Pesthügel von Shanghai

Titel: 0241 - Der Pesthügel von Shanghai
Autoren: Jason Dark
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gingen nicht mehr weiter. Suko zog daraus die Konsequenzen, er zögerte mit einem Schlag.
    Was war geschehen?
    Erst jetzt fiel mir auf, daß der hohe Gesang des alten Ai-Fu-Tschi verstummt war. Der Mann selbst hockte auch nicht mehr am Boden, hatte sich erhoben und seine Arme so in die Höhe gereckt, daß sie zu beiden Seiten seines Kopfes gegen den Himmel wiesen. Zwischen seinen Händen spannte er das kleine Stück Hirschleder mit den goldenen Perlen. Der Alte hatte das Leder so gedreht, daß die Perlen auf die sechs lebenden Pestleichen wiesen.
    Unruhe entstand unter den Bestien.
    Sie duckten sich zusammen, als hätten sie Schläge bekommen. Für mich gab es dafür nur eine Erklärung. Sie mußten die weißmagische Aura des Ai-Fu-Tschi gespürt haben.
    Würden sie weichen?
    Plötzlich begannen die Perlen zu glühen. Der goldene Farbton verschwand. Von innen her zog eine andere Farbe auf, ein leichtes Rosa, das sich allerdings in Sekundenschnelle verdichtete und zu einem glühenden Rot wurde.
    Im nächsten Augenblick hielten wir den Atem an. Denn vor unseren Augen geschah etwas Unheimliches und Unwahrscheinliches.
    Zum erstenmal in meinem Leben erlebte ich die Existenz und das Dasein einer alten chinesischen Magie – und auch deren Wirkung!
    ***
    Aus den Perlen wurden Geschosse!
    Der Reihe nach lösten sie sich von dem Lederband und jagten wie rotglühende winzige Kugeln auf den ersten Moortoten zu. Kraftvoll hieben sie gegen dessen Gestalt, begannen am Hals und zeichneten die rote Linie immer weiter über den Oberkörper nach unten.
    Brust, Bauch, Arme, Beine – nichts wurde verschont. Die Perlen verteilten sich in einer mathematischen Präzision.
    Sie blieben stecken!
    Es waren Sekunden des Abwartens, bevor der alte Chinese wieder sein seltsames Lied sang.
    Einer nur war von den Perlen getroffen worden, die anderen aber wichen zurück, und wir alle vernahmen das Knirschen, das entstand, als sie sich bewegten.
    Sie hatten etwas abbekommen. Zwar nicht sichtbar, aber die Weiße Magie, die hier herrschte, mußte ihnen zu schaffen machen.
    Es fiel ihnen sehr schwer, sich zurückzuziehen, sie hatten Mühe, sich auf den Beinen zu halten, knickten sogar ein und fielen vornüber zu Boden, wobei aus zahlreichen Stellen ihrer Haut die braunen Pestdämpfe drangen. Zum Glück wehte der Wind sie von uns weg, und ich leistete dem alten Ai-Fu-Tschi im stillen Abbitte, seine Magie schien doch geholfen zu haben.
    Das war längst nicht alles. Nun begann auch der zu reagieren, der von den glühenden Perlen getroffen worden war.
    Sie hatten sich in seiner Haut festgesetzt, regelrecht hineingebrannt und waren nun dabei, sie allmählich aufzulösen.
    Suko und ich rechneten damit, daß dieses Wesen zu Staub zerfallen oder zumindest zerstört werden würde, darin allerdings sahen wir uns beide getäuscht.
    Etwas anderes geschah.
    Die braune, an starke Ringe erinnernde Haut löste sich ab. Sie wurde plötzlich wie Pudding und klumpte dort, wo auch die Perlen getroffen hatten, bevor sie in langen Streifen am Körper nach unten rann.
    Etwas anderes kam darunter zum Vorschein.
    Mit einem Skelett hätten wir rechnen können und wurden abermals enttäuscht.
    Nicht ein Skelett erschien, sondern ein Körper! Eine stockig schimmernde, leicht grün angehauchte Leiche mit einem fleckigen Gesicht, in dem die schräggestellten Augen sofort auffielen. Lippen waren nicht mehr vorhanden, nur noch Stücke der Haut konnten wir sehen. Aber es gab den Hals und dort wieder etwas Besonderes.
    Ich hatte an einer Silberkette mein Kreuz umhängen…
    Der Jadedolch!
    Seine Klinge schimmerte dunkelrot!
    Ich erinnerte mich wieder an die Worte des Alten. Dieser Dolch war mit Blut gefüllt. Geglaubt hatte ich es nicht so recht, nun wurde ich eines Besseren belehrt.
    Nackt stand er vor uns.
    Eine lebende Leiche, vielleicht Hunderte von Jahren alt, an deren Gestalt die letzten Reste eines braunen Sumpfes herabrannen und vor seinen Füßen im Boden versickerten.
    Ai-Fu-Tschi war von dem Erfolg seiner Beschwörung selbst überrascht. Er taumelte ein paar Schritte zurück und breitete die Arme aus, wobei er das jetzt leere Leder in einer Hand behielt.
    Suko hatte seinen rechten Arm sinken lassen. Die Riemen der Dämonenpeitsche berührten den Boden. Wie auch ich, so war mein Partner ebenfalls gespannt, wie sich die Auseinandersetzung zwischen dem Jademann und Ai-Fu-Tschi zuspitzen würde.
    Der Alte begann zu reden. »Du hast Unrecht getan, Jademann. Du bist es gewesen,
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