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0241 - Der Pesthügel von Shanghai

0241 - Der Pesthügel von Shanghai

Titel: 0241 - Der Pesthügel von Shanghai
Autoren: Jason Dark
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Seite, um den Weisen sehen zu können.
    Er hielt sich bei Quen auf und sorgte mit dafür, daß die Menschen weiter die Stufen der Terrassen hochschritten, um von den Sumpfmonstren so weit wie möglich entfernt zu sein.
    Wir standen näher am Dorf. Ich konnte auf die langen braunen Schleier schauen. Die Pestwolken zeichneten den Weg der unheimlichen Gestalten nach. Als eine nie abreißende Fahne standen sie über dem Dorf, in dem sich die untoten Leiber verteilt hatten.
    Die Moorleichen wühlten sich voran. Sie suchten nach Überlebenden, und mit ihnen kam der Sumpf.
    Er entließ immer neue Gestalten, so daß dem Betrachter – mir zum Beispiel –, angst und bange wurde.
    Dieser Boden verbarg das Grauen. Ich schaute hinüber zum Knüppeldamm.
    Selbst aus dieser Entfernung konnte ich erkennen, daß er an einigen Stellen gerissen war.
    Was lange Jahre gehalten hatte, wurde von unheimlichen Wesen radikal vernichtet.
    Das Dorf war zu einer Stätte des Todes geworden, zu einem Ort des Grauens.
    Kein normales Leben konnte mehr zwischen den Mauern der eingestürzten Häuser existieren.
    Hinter mir rollten Steine und tickten gegen meine Hacken. Ich drehte mich um, und sah den weisen alten Mann auf mich zukommen. Die übrigen Dorfbewohner waren von Quen in die oberen Regionen dieses Terrassenberges geschafft worden, wo sie abwartend stehenblieben und genau verfolgten, was sich zwischen uns anbahnte.
    Suko sprach mit dem Alten.
    »Er will wissen, ob wir bereit sind«, wandte sich mein Partner an mich.
    Ich nickte.
    »Dann will er gehen.«
    »Aber nicht allein, wir kommen mit. Übersetze ihm das.«
    Suko hielt sich daran. Ich beobachtete derweil das Gesicht des Ai-Fu-Tschi. Es zeigte plötzlich Erschrecken. Dann schüttelte er den Kopf und wies rasch hintereinander auf Suko und mich.
    »Er hat etwas dagegen«, erklärte mein Partner.
    »Aus welchem Grund?«
    »Meine Landsleute sprechen ja immer sehr blumenreich. Ai-Fu-Tschi sagte, daß wir noch in der Blüte unseres Lebens stünden und es uns auf keinen Fall leisten könnten, der Gefahr…«
    Ich winkte ab. »Hör auf, Suko, und sage ihm, daß es dabei bleibt. Wir werden ihn begleiten.«
    »Klar.« Mein Freund grinste. Dann sprach er mit dem Weisen, der die Hände über den Kopf zusammenschlug und es trotz dieser Geste nicht schaffte, uns umzustimmen.
    Allerdings wurde es für uns Zeit. Suko dachte ähnlich wie ich und faßte den alten Ai-Fu-Tschi am Arm, bevor er ihn herumzog und den Weg zum Dorf hinabging.
    Verfolgt von den Gebeten der Einwohner begann unser Gang in eine Pesthölle der lebenden Toten…
    ***
    Erst jetzt, als wir vielleicht 20 Schritte gelaufen waren, merkte ich, wie klar die Luft noch auf dem Hügel gewesen war, denn nun tauchten wir hinein in diesen widerlichen braunen Brodem, der uns abermals den Atem raubte.
    Ich hustete einige Male tief durch, besser wurde es auch nicht, und der Gestank nahm zu.
    Es waren ja nicht allein die aus dem Sumpf aufsteigenden Wolken, die ihn mitbrachten, auch die lebenden Pestleichen stanken bestialisch.
    Wir hatten den alten Fu in die Mitte genommen. Er hielt wieder seinen seltsamen Talisman in der Hand, und mein Blick saugte sich an den kleinen, goldenen Knöpfen oder Kugeln fest.
    »Frag ihn mal, was er da hat«, bat ich meinen Freund und Kollegen.
    Suko übersetzte und gab mir eine Erklärung, nachdem er die Antwort bekommen hatte. »Es ist ein Zeichen des Großen Gottes, und zwar des Großen Erhabenen. Von seinen Ahnherren hat Ai-Fu-Tschi es geerbt. Die Perlen bestehen aus den Tränen einer enthaupteten Prinzessin, die ebenfalls sterben mußte wie ihr Reittier, ein weißer Hirsch. Er hat ein kleines Stück seines Fells hergegeben, und mein Ahnherr hat es bekommen. In diesem Fell lebt die Kraft der guten Geister, vereint mit den goldenen Tränen der enthaupteten Prinzessin, die noch immer als Geist verehrt wird und hin und wieder sogar erscheint.«
    Das alles war zwar sehr blumenreich und schön erklärt, aber ob es so stimmte, wußte ich nicht. Wir mußten uns Gewißheit verschaffen.
    In der chinesischen Mythologie kannte ich mich so gut wie überhaupt nicht aus, und auch Suko, selbst Chinese, hielt sich da immer zurück, wenn ich ihm diesbezügliche Fragen stellte. Die Materie war so kompliziert, daß er da selbst nicht richtig durchschaute. Wenn das seltsame Stück Leder tatsächlich vom Fell eines weißen Hirschens stammen sollte, dann hätte es eigentlich hell sein müssen, was allerdings nicht der Fall war. Es zeigte
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