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02 - Schatten-Götter

02 - Schatten-Götter

Titel: 02 - Schatten-Götter
Autoren: Michael Cobley
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Stelle mit einem Leseband für Euch gekennzeichnet.«
    Das Buch war kaum größer als ein Notizbuch, aber ziemlich dick. Während Keren mit den Fingern über den Buchrücken und den Rand des Einbandes strich, dachte sie unwillkürlich an ihre schreckliche Reise durch die Gänge des Oshang Dakhal zurück. Auf dem fürchterlichen Höhepunkt des Kampfes in Trevada hatte sie begriffen, wie schwächlich sie alle im Vergleich zu der uralten Macht der Erde waren. Ihr war klar geworden, dass sie Verbündete brauchten, wenn sie die bevorstehende Auseinandersetzung zwischen der Erden-Mutter und den Schattenkönigen überstehen wollten, und vor allem benötigten sie die Hilfe der Dämonenbrut. Als sie ihre Gedanken Bardow gegenüber erwähnte, reagierte dieser skeptisch und verwies darauf, dass die hochmütigen ersten Diener des Herrn des Zwielichts wohl kaum ihre Existenz für das Leben von Geschöpfen aufs Spiel setzen würden, die sie verachteten. Außerdem, so Bardow, bestand das nahezu nicht zu bewältigende Problem, die Barriere zwischen den beiden Reichen zu durchdringen, um auch nur Nachrichten mit der Domäne der Dämonenbrut austauschen zu können. Dann jedoch hielt der Erzmagier inne und räumte nach einigem Nachdenken schließlich ein, dass es einen uralten Mythos gäbe, der von einem Helden erzählte, der sich den Weg in das Reich der Dämonenbrut gesungen hatte, um dort um ihre Hilfe zu werben. Mehr als diese dürftigen Informationen konnte er Keren jedoch nicht bieten, doch sie genügten der Schwertkämpferin, um sich sofort auf den Weg zu machen. Sechs Wochen lang stellte sie Fragen, erbat sich den Zugang zu privaten Bibliotheken, arbeitete sich durch Räume voller staubiger Bücherregale, hörte willkürlich den Geschichten irgendwelcher Märchenerzähler auf den Märkten zu, befragte die wenigen Archivare der Erden-Mutter, die noch am Leben waren, und zahlte schließlich für Informationen, die ihr ein Antiquitätenhändler gab, der von Kaufmann Hevrins Liebe zu alten Büchern wusste.
    Jetzt schlug Keren das Buch auf. Die Ränder der pergamentenen Seiten waren grob und unregelmäßig geschnitten. Auf dem ersten Blatt standen in Alt-Mantinor die Worte:
    Der Kodex Der Nördlichen Sagen, Gesammelt Und Arrangiert Von Dem Gelehrten Vrasteyn Stulmar Und Niedergeschrieben Von Seinem Schüler, Dem Unwürdigen Edric Von Bereiak, Im Fünfzehnten Jahr Der Herrschaft Von König Tavalir Dem Zweiten, Möge Sein Gefeierter Name Ewig Leben.
    Mit kaum gezügelter Neugier suchte Keren zuerst die Stelle, die das verblasste grüne Band markierte. Sie schlug das Buch vorsichtig auf und blickte auf die Verse, die fein säuberlich dort notiert waren. Einen Augenblick später hob sie verwirrt den Kopf.
    »Herr Hevrin, was für eine Sprache ist das?«
    Der Kaufmann füllte einen kleinen Becher mit scharfem Schnaps und setzte sich dann in den Sessel auf der anderen Seite des Kamins.
    »Laut einiger Gelehrter, die gebildeter sind als ich, Lady Keren, handelt es sich bei dieser Sprache um das uralte Othazi, genauer, einem Mittel-Yularischen Dialekt aus dieser Zeit.« Er lächelte. »Den ich, bedauerlicherweise, nicht lesen kann. Versteht Ihr, Stulmar war nur an der authentischen Wiedergabe der alten Stammeslegenden interessiert. Aus diesem Grund enthält das Buch Geschichten in allen möglichen Sprachen.« »Verfügt Ihr zufällig über eine Übersetzung dieser Geschichte, Herr?« Kerens Ungeduld wuchs. »Nur von dem Titel, Mylady. »Wie Raegal Sich Einen Weg Ins Reich Der Dämonen Sang‹. Als mein etwas anrüchiger Geschäftspartner Einzelheiten von Euren Nachforschungen erwähnte, wusste ich sofort, was Ihr sucht und schickte Euch meine Einladung. Ich hoffe, dass Ihr dieses Buch als ein kleines Unterpfand meines guten Willens annehmt.« Er nippte an seinem Glas. »Es sollte nicht allzu schwierig sein, eine Übersetzung anfertigen zu lassen. Das Zunftkolleg beschäftigt mehrere berühmte Gelehrte, von denen die meisten wohl nicht abgeneigt sein dürften, sich ein kleines Zubrot zu verdienen.«
    Ein kleines Unterpfand meines guten Willens.
Kerens Überraschung schlug allmählich in Argwohn um. »Eure Großzügigkeit überrascht mich, Herr Hevrin. Habt Ihr vor, mich im Gegenzug um etwas zu bitten?« Ihre Stimme blieb gelassen, aber sie musterte ihn mit einem kühlen, unbewegten Blick.
    Was den Kaufmann nicht beeindruckte. »Nein, Mylady, das ist ein Geschenk, nicht mehr. Ich erwarte weder eine Gabe noch eine Gunst von Euch, und ich
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