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02 - Schatten-Götter

02 - Schatten-Götter

Titel: 02 - Schatten-Götter
Autoren: Michael Cobley
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Prolog
    Siehe, der kalte General
Mächtig und furchterregend war er zu Lebzeiten,
Im Tod jedoch ist er noch schrecklicher.
    DIE SCHWARZE SAGA VON CULRI MOAL, VIII, 4
    Der Wind war kalt, und unter seinen Füßen knirschte Eis, als Byrnak über das flache Dach des großen Frieds von Rauthaz schlenderte. Er befand sich in Begleitung von Crevalcor, einem Nigromanten, welcher die Gestalt von Coireg Mazaret angenommen hatte. Laut Thraelor war Crevalcor ein mächtiger Brunn-Quell-Meister, der bereits zu einer Zeit gelebt hatte, als noch ausgedehnte, feuchte Dschungel den größten Teil des Kontinents bedeckten. Byrnak war nicht überrascht, dass sein Begleiter zum Schutz gegen die Kälte eine Kapuze und dicke, braune Gewänder trug. Er selbst jedoch spürte den klirrenden Frost kaum und hüllte sich nur in einen langen, schwarzen Umhang aus dünnem Tuch.
    »Warst du in der Lage, deine Aufgaben unbemerkt zu erfüllen?«
    »Unbemerkt, unbehindert und ungestört, Großer Gebieter.«
    »Wie verlief deine Reise?«
    »Unbeobachtet, Großer Gebieter. Wir folgten den Sumpfpfaden und anderen wenig genutzten Wegen von unserem Schlupfwinkel im Nördlichen Rukang-Massiv zu den Hügeln um Besh-Darok. Niemand hat uns gesehen.«
    Byrnak nickte und sog beinahe genießerisch die eisige Luft ein, die in seinen Lungen brannte. »Wie erging es der Saat selbst?«
    Der von Crevalcor beherrschte Körper erschauerte, doch die Stimme des Mannes klang unbeeindruckt. »Wie befohlen, wählten wir eine überwachsene, hochliegende Stelle in den Hügeln nördlich von Besh-Darok. Bei Einbruch der Dämmerung führte ich das erste Ritual ohne Ablenkung oder Schwierigkeiten durch. Dann gaben wir die Opfergaben aus Knochen und Blut in den etwa einen Meter tiefen Graben, bevor wir die Kern-Steine selbst hineinbetteten …« Sein Blick wurde glasig, als er daran zurückdachte. »Sie waren so hart wie Stein in unseren Händen, so kalt wie das Herz des Winters und schwerer als Eisen. Nachdem wir sie in den Graben gelegt hatten, wurde die Erde wieder darüber gehäuft, unterbrochen nur durch weitere Opfergaben.«
    »Das war Keshada«, murmelte Byrnak. »Und Gorla?«
    »Liegt in den Hügeln westlich von Besh-Darok«, erwiderte Crevalcor. »Ich habe das Aussäen und das Ritual so durchgeführt wie zuvor. Dann bin ich zu unserem Unterschlupf in die Rukangs zurückgekehrt. Von dort aus reisten wir über das Vorgebirge von Arengia nach Yularia weiter.«
    Byrnak schwieg, während sie weitergingen. Das Schweigen hielt an, bis Crevalcor es schließlich brach. Seine Stimme zitterte unmerklich vor Furcht. »Ich habe meinen Auftrag genauestens erfüllt, Gebieter. Ich habe nichts ausgelassen, das schwöre ich.«
    Sie näherten sich der hüfthohen Brüstung, welche die Krone des zylindrischen Frieds umgab. Byrnak blieb stehen und starrte auf die Stadt und das dahinterliegende Meer, die unter einer dichten Nebeldecke lagen. Schließlich drehte er sich zu seinem beunruhigten Diener um. »Dein Vorgehen wurde sorgfältig beobachtet, und wir waren sehr zufrieden, dass du deine Aufgaben ohne den geringsten Fehler erfüllt hast. Meine Brüder Thraelor und Grazaan versichern mir, dass deine Zauber feste Wurzeln geschlagen haben, und dass der Brunn-Quell Rauthaz in nur wenigen Tagen die Festen Gorla und Keshada hinzufügen wird.« Er lächelte dünn. »Man muss dir gratulieren.«
    Crevalcors Erleichterung war ihm deutlich anzusehen. »Es ist eine Ehre, den Schattenkönigen dienen zu dürfen, Großer Gebieter.«
    Ein Jammer nur, dass es auf solch eine riskante Art und Weise geschehen muss, dachte Byrnak. Der Verborgene hatte Coireg Mazaret den Geist von Crevalcor eingepflanzt, als er entdeckte, dass Coireg die Wirren und die Niederlage von Trevada überlebt hatte. Anschließend war ihm von Thraelor die Aufgabe des Aussäens übertragen worden. Es war der Gunst des Zwielichts zu verdanken, dass Crevalcor unversehrt zurückgekehrt war. Jetzt konnte Byrnak endlich herausfinden, was von Coireg Mazaret noch übrig war.
    »Sag mir, Freund Crevalcor, wurdest du nach deiner Rückkehr gut behandelt?«
    »Sicherlich, Erhabener.«
    »Gut. Und was ist mit deinem Wirt? Genügt er deinen Bedürfnissen?«
    »Bedürfnisse, Großer Gebieter?« Crevalcor dachte nach. »Der frühere Besitzer war nicht gerade übermäßig vorsichtig und hat seine Hülle bis an ihre Grenzen gebracht. Während meiner Expedition erwies sie sich als ausreichend kräftig und gewandt. Dennoch …« Er zog die Hände aus den
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