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02 - Schatten-Götter

02 - Schatten-Götter

Titel: 02 - Schatten-Götter
Autoren: Michael Cobley
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nach schicklicher Zeit, Zwillinge gebar. »Wahrlich, das Leben ist in letzter Zeit viel zu leicht und bequem«, hörte man ihn danach häufiger vor Freunden klagen.
    Nach dem Tod von Tauric sah sich das Hohe Konklave gezwungen, Alael den Thron erneut anzubieten. Sie nahm diese Ehre unter der Bedingung an, dass ihr Titel lautete: »Königin von Besh-Darok und Khatris.« Dem stimmten die Lords des Konklave zu, und nach einer rauschenden und fröhlichen Kleinen Krönung und einer würdigeren, vereinenden Hohen Krönung oblag Alael die Ehre, als erste Frau seit über zweihundert Jahren den Thron von Besh-Darok zu besteigen.
    Auf Königin Alaels Beharren wurde das neue Amt eines Erlauchten Lordkanzlers geschaffen, ein Posten, über dessen Besetzung ein Konzil von Lektoren entschied.
    Der erste Inhaber des Amtes war der ehemalige Lordregent Ikarno Mazaret, der in dieses Amt alle drei Jahre bis zu seinem Tod im Alter von neunundsiebzig Jahren wiedergewählt werden sollte.
    Nachdem die ganze Betriebsamkeit der Wahl vorüber war, nach den Gratulationen, den Liedern und Versen, und nachdem er von seiner huldvoll lächelnden Königin die Amtskette seiner neuen Würde entgegen genommen hatte, brauchte der Erlauchte Lordkanzler Ikarno Mazaret dringend frische Luft, um mit seinen Gedanken eine Weile allein zu sein. Also schlenderte er hinaus in die Blumengärten des Palastes, wo die späte Nachmittagssonne die Blüten liebkoste, welche die Luft mit ihrem schweren, süßen Duft erfüllten. Er flanierte über einen schmalen Weg zwischen niedrigen, sorgsam beschnittenen Büschen hindurch, als er auf eine Gestalt stieß, die zusammengerollt mitten in einem Beet von Cantusblättern und Himmelskelchen lag. Erst war er ein wenig verstimmt, weil er sie für eines der Dienstmädchen hielt, das er bei einem Nickerchen erwischte, als er jedoch näher trat, bemerkte er Einzelheiten an den Gewändern und den ergrauenden Haaren der Frau, bei denen sein Herz schneller schlug und seine Gedanken rasten …
    Obwohl er nur wenige Schritte entfernt war, zweifelte er noch, bis sein Blick auf einige Blätter fiel, die auf ihren Mantel gesunken waren. Er sah, dass die Blätter auf eine bestimmte Weise angeordnet waren, zu Buchstaben und Wörtern …
    Die Gestalt rollte auf den Rücken, gähnte und sah ihn dann vor sich stehen.
    »Ikarno!«
    Er machte zwei Schritte, fiel vor ihr auf die Knie und umarmte sie.
    »Suviel! Wir hielten dich für tot!« Mit Tränen in den Augen bog er den Kopf zurück und suchte ihren Blick. »An was kannst du dich noch erinnern?«
    »Ich erinnere mich daran, dass ich mit Tauric den Brunn-Quell betrat… dann folgte ein langer, obskurer Traum …« Sie runzelte die Stirn und schüttelte den Kopf. »Danach bin ich hier aufgewacht …« Sie richtete sich auf und schaute sich um. »Was, ich bin im Palast! Sind die Schattenkönige nicht mehr? Haben wir gesiegt?« »Das haben wir, Geliebte«, sagte er, »aber um einen hohen Preis!«
    Er zählte die Namen der Toten auf, und sie weinte über die große Zahl. Als er ihr weiter berichtete, was passiert war, beschloss er, vorläufig die Nachricht für sich zu behalten, die er auf ihrem Mantel gesehen hatte.
    Der Preis wurde gezahlt
    Die Nachricht von Suviels Rückkehr wurde allgemein als ein Geschenk der Götter betrachtet, doch als Atroc davon erfuhr, überlief ein unbehagliches Prickeln seine Haut. Ein freudiges Treffen mit der Magierin und Lord Mazaret später am Abend linderte zwar sein Unwohlsein ein wenig, aber eine gewisse Unruhe blieb. Also saß er um Mitternacht in einem kleinen Turmzimmer der Silbernen Aggor mit gekreuzten Beinen auf einer Holzbank, eingehüllt in die Rauchschwaden von glühenden Kräutern.
    In sein Bewusststein drangen Bruchstücke der Visionen, die er kurz nach der Schlacht um Scallow gehabt hatte, die große Welle von Reitern, die über Zentral-Khatris hinwegrauschte und an deren Ende nur drei die Tore von Besh-Darok erreichten, Byrnak, Alael und Tauric. Die frühere Vision hatte an diesem Punkt geendet, jetzt sah er jedoch mit an, wie diese drei Gestalten von ihren Schaumrössern abstiegen und die Stadt unter gleißenden Sonnenstrahlen betraten.
    Ein Besh-Darok, das eine jahrhundertealte Ruine war, deren eingefallene Mauern und umgestürzte Säulen halb von der Vegetation bedeckt wurden, die aus den Gärten und Parks quoll und alles unter sich erstickte. Die verfallenen, efeuberankten Ruinen größerer Gebäude erhoben sich wie trauernde Wächter über
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