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02 - Schatten-Götter

02 - Schatten-Götter

Titel: 02 - Schatten-Götter
Autoren: Michael Cobley
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»Schlimmer ist, dass immer noch Südländer gezwungen werden, die Stadtregimenter zu verlassen und sich den neuen Orden anzuschließen. Und zwar mittels Drohungen gegen ihre Familien. Viele Kompanien und Schwadrone bestehen mittlerweile fast vollständig aus Kriegern der Mogaun.«
    Gilly seufzte, und sein Atem bildete eine Wolke in der verschneiten Luft. »Ich weiß davon, Atroc, und mir ist auch klar, wer dahinter steckt, aber ich bin nicht in der Lage, den Verdacht laut zu äußern.« Atroc musterte ihn scharf. »Es sind die Jäger-Kinder, nicht wahr?«
    »Wer sonst? Oder meint Ihr die Vereinigung der Sorgenden Brüder der Bedürftigen?« Gilly lachte tonlos. »Sie wollen einfach nicht akzeptieren, dass Alael die Krone ausgeschlagen hat. Also fangen sie an, überall ihr Gift zu verspritzen. Seit Kodel und der Waffenmeister enttarnt wurden, scheint die Kontrolle über die Jäger-Kinder in die Hände einer uns unbekannten Gruppe von Offizieren übergegangen zu sein.«
    »Ich habe mehr als einmal den Namen Racho in diesem Zusammenhang gehört«, bemerkte Atroc. »Könnt Ihr das alles nicht dem Lordregenten Mazaret unterbreiten? Immerhin steht er nicht nur dem Offizium vor, sondern er ist auch …«
    »Mein Freund?« Gillys Blick schweifte über die kalten, weißen Wälder und Felder, welche der Stadt zugeschlagen waren. »Suviels Tod hat ihn vollkommen verändert. Seither ist er kalt und distanziert. Nach der Schlacht hat er mich mit der Leitung des Offiziums beauftragt, angeblich, um ein neues Netzwerk von Spionen aufzubauen. Dabei hat er all das längst selbst in die Hand genommen, und mit bleibt nur sehr wenig zu tun, abgesehen davon, Augen und Ohren offen zu halten. Mazaret und ich haben diesen Monat kaum mehr als ein Dutzend Worte gewechselt. Und selbst wenn das nicht so wäre, werde ich heute Abend Besh-Darok verlassen und ihn nicht mehr zu Gesicht bekommen, wenn er von seiner letzten Expedition zurückkommt.«
    Zum vierten Mal in sechs Wochen hatte der Lordregent zwei Kompanien seiner Ritter jenseits des Buckelgurts über den Westlichen Weg auf die Suche nach der Fährte der Schattenkönige geführt und um Dorfbewohner und Städter zu beschützen. Nach dem, was Gilly gehört hatte, war jedoch der größte Teil der Bevölkerung von Zentral-Khatris geflohen und hatte ein gewaltiges Gebiet von aufgegebenem Ackerland hinterlassen, dessen Dörfer und kleinere Städte nur noch aus ausgebrannten Hütten und Häusern bestanden, in denen verrückte Ausgestoßene ihr Unwesen trieben. Jedes Mal, wenn Mazaret zurückkehrte, bemerkte Gilly, wie die bittere Verzweiflung sich ein Stück tiefer in ihn eingegraben hatte …
    »Ich hatte mich schon gefragt, wer wohl nach Dalbar geschickt werden würde«, sagte Atroc. »Ihr werdet von zwei Personen begleitet, soweit ich weiß. Wer kann das wohl sein?«
    Gilly schüttelte mit gespielter Strenge den Kopf. »Nein, nein, Freund Atroc, diese Informationen sind höchst geheim.« Dann lächelte er. »Aber da Ihr so nett fragt, es sind Medwin und Keren.«
    »Hm … Ein geschickter Unterhändler und eine erfahrene Schwertkämpferin, und… Ach ja, warum schickt man Euch noch gleich dorthin, sagt?«
    Etwas beleidigt riss Gilly die Lederflasche aus dem lockeren Griff des alten Mogaun und genehmigte sich einen weiteren kräftigen Schluck des starken Schnapses, der augenscheinlich auch seine Zunge löste. »Ich darf wohl behaupten«, erwiderte er heiser, »dass ich sehr viele sehr gute Spione und Informanten in Dalbar eingesetzt habe. Sobald wir Scallow erreichen, wird es nur einen Tag dauern, bis …« Er verstummte, als er bemerkte, dass Atrocs Aufmerksamkeit sich auf etwas jenseits der Stadtmauern richtete. Gilly folgte seinem Blick und sah eine Gruppe von Reitern in vollem Galopp über die Straße hetzen, die zum Schild-Tor führte. Einer von ihnen trug ein Banner, in dem Gilly das Emblem von Yarram erkannte. »Warum kommt er so schnell zurück?«, fragte er sich laut und hielt den Atem an, als sein Blick auf Atroc fiel. Das faltige Gesicht des alten Mannes war blass geworden, sein Kiefer schlaff und seine Augen blickten starr ins Leere. Dann zuckten seine Lippen und er fing an zu flüstern.
    »… eine blasse Tochter ist sein Häscher… Söhne, die aus keiner Frau geboren wurden … der hohle Vater …« Er schwieg einen Moment und blinzelte, als wäre er gerade aus dem Schlaf gerissen worden. Er befeuchtete sich mit seiner graurosa Zungenspitze die Lippen und stieß einen langen,
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