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0198 - Das Höllen-Orchester

0198 - Das Höllen-Orchester

Titel: 0198 - Das Höllen-Orchester
Autoren: Werner Kurt Giesa
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traf ihn. »Wir haben noch über zwanzig Minuten Zeit bis zum Beginn«, stellte d’Oro fest. »Worüber regen Sie sich auf? Wo ist die Garderobe? Ich möchte mich ein wenig umkleiden!«
    Oddington schnappte nach Luft. »Aber…« stammelte er. »Aber Sie müssen doch noch mit dem Orchester… und die Noten…«
    »Das lassen Sie getrost meine Sache sein«, wies d’Oro ihn an.
    »Ich kann die Notenblätter aus Ihrem Wagen holen lassen«, bot Oddington an.
    Die schmale Hand des Dirigenten stieß wie ein Schwert auf den Subdirektor zu.
    »Kümmern Sie sich lieber um wichtigere Dinge«, sagte er. »Wo sind meine Räumlichkeiten? Und lassen Sie einen Logenplatz für meine Begleiterin reservieren. Sofort.«
    Seine Stimme war kalt und schneidend. Oddington fuhr unwillkürlich zusammen.
    »Sofort, Mister d’Oro«, flüsterte er und winkte einem Angestellten. »Bringen Sie Mister d’Oro zu seiner Garderobe. Wenn Mylady mir derweil folgen möchte…«
    D’Oro löste seinen Arm von dem schönen Mädchen. »Sieh zu, daß sie dich gut plazieren«, sagte er. »Damit du alles unter Kontrolle hast.«
    »Ich bemühe mich«, flüsterte sie und küßte ihn auf die Wange. D’Oro nickte ihr und Oddington knapp zu und folgte dem Angestellten, der bereits an einer Seitentür wartete.
    Langsam wanderte d’Oro durch die Gänge und Treppen. Er hatte noch fünfzehn Minuten Zeit.
    ***
    »Wir haben noch fünfzehn Minuten Zeit«, erinnerte Nicole sanft und ließ sich auf der Kante des niedrigen Rauchtisches nieder. Zamorra und Bill sahen auf; sie hatten sich kurz über zurückliegende Dinge unterhalten und über das möglicherweise anstehende Programm der paar Urlaubstage. Ein ausgedehnter Kinkaufstrip Nicoles wurde dabei als unvermeidbar einkalkuliert.
    »Oh, du bist schon fertig?« wunderte sich Bill. »Schade, du hättest eigentlich gern noch etwas bleiben können.«
    »Das glaube ich dir gern, du… du Amerikaner!« fauchte Nicole in gespieltem Zorn. Sie hatte das T-Shirt gegen etwas züchtigere Kleidung vertauscht und trug jetzt einen silbern schimmernden einteiligen Satinanzug, der ihre Schultern frei ließ. Zamorra, um nicht neben ihr zu sehr zu verblassen, begann, sich in Smoking und Fliege zu zwängen.
    »Habt ihr einen Wagen?« fragte Bill Fleming, der sich aus der Zimmerbar bedient hatte und ein eigenartig zusammengestelltes Fruchtsaftgetränk vernichtete.
    »Nein«, brummte Zamorra aus dem Nebenraum, in dem er sich in Schale warf. »Wir geruhten, nach einem Mietfahrzeug Ausschau zu halten, aber Nici wollte unbedingt ein sommerlichoffenes Fahrzeug, und wie das in New York so ist… versuch mal einen bestimmten Wagen zu bekommen.«
    »Kein Problem, wenn man Rockefeller heißt«, brummte Bill spöttisch.
    »Der Name steht leider nicht in meinem Paß…« Zamorra tauchte wieder auf. Nicole musterte seine Erscheinung kritisch. »Die Fliege rechts einen halben Millimeter höher«, verlangte sie. »Und die Manschettenknöpfe passen nicht zu deinen Schuhen.«
    »Mein Gott, hast du Sorgen«, murmelte Zamorra. »Bill, kannst du uns fahren? Sonst wäre es spätestens jetzt Zeit, ein Taxi zu rufen, was meine Sekretärin eingedenk ihrer Modeprobleme natürlich bislang versäumte.«
    »Mit Absicht, Chef«, erwiderte Nicole spitz. »Schließlich weiß ich doch, daß Bill immer irgend einen fahrbaren Untersatz bei sich hat.«
    »Kommt, Freunde, es wird Zeit«, murmelte Bill. »Sonst schaffen wir es nicht mehr rechtzeitig. Mir fehlt nämlich dieses komische Ding auf dem Dach, mit dem die Polizei so schnell durch jeden Stau kommt - das rote Blinklicht nämlich…«
    »Leg dir doch eins zu«, empfahl Nicole und schritt zur Tür.
    »Nur, damit ihr pünktlich ins Theater kommt? Wer bin ich denn?«
    »Momentan«, erkannte Nicole sachkundig, »unser Chauffeur.«
    Zamorra hakte sich bei ihr unter.
    »Darauf kannst du dir etwas einbilden«, behauptete er.
    Bill nickte.
    »Einbildung ist schon immer etwas Schönes gewesen…«
    Wenig später jagte der weiße Mercury Zephir mit halsbrecherischer Geschwindigkeit durch die Straßen, seinem Ziel entgegen.
    Es blieben nur noch wenige Minuten bis zum Chaos.
    ***
    Marcello d’Oro hatte sich in seine Bühnenjacke geworfen und kam jetzt zur Bühne, die lediglich durch den großen, schwarzen Vorhang vom Zuschauerraum getrennt war. Kritisch musterte er die sparsame Dekoration. Er war zufrieden. Das Auge im Drudenfuß dominierte und besaß genau die vorgeschriebene Größe. Über Marcellos Lippen flog ein
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