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0198 - Das Höllen-Orchester

0198 - Das Höllen-Orchester

Titel: 0198 - Das Höllen-Orchester
Autoren: Werner Kurt Giesa
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»Marcello d’Oro«, sagte die junge Frau mit dem feuerroten Haar, das flammengleich um ihre Schultern floß und bei jeder Bewegung förmlich knisterte. »Hast du schon mal etwas von ihm gehört?«
    Der hochgewachsene, schlanke Mann neben ihr zuckte mit den Schultern. »Wer kennt Marcello d’Oro nicht?« fragte er.
    »Ich«, behauptete die Rothaarige.
    Über das Gesicht ihres Begleiters flog ein leichtes Grinsen. »Ich auch nicht«, gestand er. »Müßte ich ihn denn kennen?«
    »Selbstverständlich!« entrüstete sich die rothaarige Schönheit. »Da ist er doch!«
    Völlig undamenhaft streckte sie den Arm aus. Professor Zamorras Blick ging automatisch in die Richtung, die die silberbehandschuhte Hand ihm wies. Er sah ein riesiges Plakat, und von diesem starrte ihn überlebensgroß der Teufel an.
    »Teufel auch«, brummte der Dämonenkiller aus Passion. »Der sieht aber wirklich echt aus!«
    Er legte den rechten Arm um die Taille seiner aufregenden Begleiterin und zog sie an sich; dann bewegte er sich mit ihr langsam auf das Plakat zu, das jemand kunstvoll an eine ansonsten recht triste Hausfassade geklebt hatte.
    Ein schmales Männergesicht, dessen Alter schwer zu schätzen war, sah ihnen entgegen. Der Mann konnte zwanzig, aber auch fünfzig Jahre alt sein. Das Gesicht war kantig und -diabolisch. Was davon Retusche war, konnte Zamorra im ersten Moment nicht erkennen. Die Wangen waren schmal, die Lippen dünn und die Nase gerade und scharfkantig. Schmale Augen standen zu wenig schräg, um mongolischen Einschlag zu verraten, und zu wenig gerade, um europäisch zu wirken. Die Ohren waren seltsam spitz und erinnerten an die Lauscher von Lieutenant-Commander Spock aus dem Raumschiff Enterprise. Schwarzes, volles Haar hing etwas zugespitzt in die Stirn, berührte fast eine stark ausgeprägte V-Falte über der Nasenwurzel, die zwischen äußerst buschigen Brauen stand. Und aus der Stirn ragte rechts und links je ein allerliebstes Hörnchen empor.
    Nicole Duval kicherte. »Ob die ihm seine werte Frau Gemahlin aufgesetzt hat?«
    Zamorra verstärkte leicht den Druck seines Armes um ihre Taille. »So etwas darf man von einem berühmten Dirigenten nicht einmal denken«, flüsterte er andächtig.
    »Eh, sag mal, bist du übergeschnappt?« fragte sie. »Du hast doch sonst nichts für die hohe Musikkultur übrig, und jetzt versinkst du fast!«
    »Jemand, für den ein so gigantisches Plakat ausgehängt wird, muß berühmt sein«, murmelte Zamorra.
    Um den Teufelskopf zog sich wie eine grünliche Aureole eine Schrift. MARCELLO D’ORO stand dort zu lesen, und unter dem Kopf, in ebenfalls höllischem Giftgrün: dirigiert. Darunter war der Name eines Zamorra unbekannten Orchesters aufgeführt, und noch weiter unten in nervtötendem Leuchtrot: DIABOLIQUE.
    »Schwachsinn«, murmelte der Parapsychologe. »Vielmehr wird es so sein, daß die Leute, die es riskieren, sich diesen musikalischen Genuß zu Gehör zu führen, die Hölle erleben werden. Zudem klingt der Name Marcello d’Oro verdächtig nach einem Pseudonym. Laß uns weiterpilgern.«
    »Ach, warte… der Typ sieht so irre süß aus, den muß ich noch etwas betrachten«, wehrte Nicole ab.
    Zamorra verdrehte die Augen. »Sag bloß, du sammelst jetzt auch noch Dirigenten.«
    Nicole Duval besaß drei große Schwächen. Eine davon trug den Namen Zamorra; die beiden anderen bestanden aus Modetorheiten jeglicher Art und Frisuren. Zamorras Sekretärin und Lebensgefährtin pflegte zu jeder Gelegenheit - auf Spesen natürlich, sehr zum Leidwesen Zamorras, dessen Vermögen jedesmal arg geschröpft wurde - Boutiquen zu plündern und allerlei modische Textilien einzukaufen, deren Materialmenge im umgekehrtem Verhältnis zum Preis stand, was zur Folge hatte, daß die Kleiderschränke ihrer Zimmerflucht im Château Montagne aus den Fugen krachten und Zamorra einen Anbau in Erwägung zog, um die Fülle ein wenig abzufangen. Und zu jedem Kleid gehörte selbstredend die passende Frisur, in aller Regel in Form von Perücken.
    Darüber hinaus war Nicole durchaus hochintelligent und war so etwas wie Zamorras Zusatzgedächtnis. Und im täglichen Verwaltungsbetrieb wie auch in all den Abenteuern, in die sie beide immer wieder gerieten, vermochte sie durchaus ihren Mann zu stehen. Zamorra konnte sich keine bessere Sekretärin und keine treuere Lebenspartnerin denken als ausgerechnet Nicole, die noch dazu unverschämt hübsch war.
    Er selbst wirkte auch nicht gerade wie ein vertrockneter
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