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019 - Bei Vollmond wird gepfählt

019 - Bei Vollmond wird gepfählt

Titel: 019 - Bei Vollmond wird gepfählt
Autoren: Dämonenkiller
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ihre Tränen tropften auf den Erdhügel. Anschließend standen sie und Jimmy mit gefalteten Händen vor dem Grab und beteten lange und andächtig. Dorian Hunter hatte sich nahe herangeschlichen und hinter einem Grabstein versteckt. Er hörte deutlich Lizas Worte, als das Gebet beendet war.
    »Gebe Gott, daß ich dich nie mehr zu töten brauche, Mutter, daß dieser Schrecken endlich ein Ende findet! Alles, alles würde ich dafür geben.«
    Phillip berührte sanft Lizas Schulter und lächelte ihr zu. Tapfer wischte sie sich die Tränen ab und versuchte, sein Lächeln zu erwidern.
    Dorian verstand das Ganze nicht recht. Der kleine Jimmy hatte vorhin gesagt, seine Mutter sei im Haus, und Liza legte nun Blumen auf das Grab ihrer Mutter, betete für sie und sprach geheimnisvolle Worte. War Liza vielleicht nicht Jimmys richtige Schwester? Vielleicht eine Tochter aus der ersten Ehe des verstorbenen Vaters?
    Phillip nahm das unglückliche Mädchen bei der Hand und führte sie und ihren Bruder vom Friedhof. Eine unwirkliche Stille herrschte; kein Lüftchen regte sich, kein Laut war zu hören. Der muntere kleine Jimmy war verstummt, wenn er auch keine Angst zu haben schien.
    Dorian Hunter sah sich das Grab von Laura Elizabeth Kane an, ehe er den anderen folgte. Am Grab konnte er nichts Ungewöhnliches bemerken, was aber nichts zu besagen hatte. Er merkte sich die Grabinschrift und die Lage des Grabes.
    Vor dem Friedhof draußen plapperte der kleine Jimmy wieder munter. Seine Schwester schwieg. Sie verlangsamte den Schritt, je näher sie ihrem Haus kamen. Phillip drückte ihre Hand fest, und sein gütiges Lächeln und seine Liebe und Zuneigung waren Lizas einziger Trost. Phillip verstand sie; er verurteilte sie nicht und fühlte mit ihr, das spürte Liza. Doch als sie das Haus in dem großen Garten vor sich sah, das düstere, alte Haus mit der grauen, verwitterten Fassade, packte sie tiefste Verzweiflung. Mit totenbleichem Gesicht starrte Liza die Haustür an.
    »Bleibt hier im Garten!« sagte sie zu Phillip und Jimmy. »Ich werde hineingehen.« Langsam steuerte sie auf die Haustür zu, deren dunkle Öffnung ihre zierliche Gestalt gleich darauf verschluckte.

    Phillip und Jimmy tollten in der hellen Nacht ausgelassen im Garten umher, verursachten aber wenig Lärm dabei. Dorian wartete geduldig; hier bahnte sich etwas an, das spürte er deutlich. Irgendein Geschehnis, von dem er sich noch keine Vorstellung machen konnte.
    Plötzlich sah er Phillip und Jimmy mitten in ihrem munteren Spiel erstarren. Sie blickten zum Haus, als hörten sie von dort etwas. Und dann gellte ein Schrei durch die Nacht. Auch Dorian vernahm ihn, obwohl er ein ganzes Stück entfernt stand. Der Schrei entstammte der Kehle einer Frau, und er war so voller Grauen, Angst und Entsetzen, daß ein Mensch ihn nur in Todesnot ausstoßen konnte.
    Im Nu hatte Dorian die Eingangspforte aufgerissen und stürmte den mit Platten belegten Weg zum Haus entlang. Phillip und Jimmy waren von dem Geschehen im Haus so gefesselt, daß sie ihn nicht herankommen hörten.
    »Mutter!« schrie Jimmy. »Mutter! Mr. Keystone hat ihr etwas angetan.«
    Dorian lief an den beiden vorbei ins dunkle Haus. Er stieß mit dem Schienbein so heftig an eine Kommode, daß der Schmerz wie eine glühende Woge durch seinen ganzen Körper raste. Seine tastende Hand fand schließlich an der Wand einen Lichtschalter. Er riß wahllos alle Türen im Erdgeschoß auf, sah aber niemanden. Die letzte Tür am Ende eines kurzen Seitenganges führte in ein altmodisches Schlafzimmer mit dunkel gebeizten, verschnörkelten Möbeln. Im Schein der Deckenlampe entdeckte Dorian einen alten Mann und eine uralte Frau in einem breiten Bett. Der Greis und die Greisin schliefen, doch es war kein ruhiger, friedlicher Schlaf; sie umklammerten sich in großer Angst, stöhnten, schluchzten und wimmerten. Ihre Gesichter waren von Entsetzen gezeichnet.
    Im Obergeschoß rumpelte und polterte es nun. Dorian sah sich einige Augenblicke im Zimmer um. Wie konnte man bei dem Lärm und den unheimlichen Geschehnissen im Haus nur schlafen? Oder war es gar kein natürlicher Schlaf, der die beiden Alten umfing?
    Auf dem Nachttisch sah Dorian einen silbernen Rahmen, wie er für Familienfotos verwendet wird, doch die Aufnahme im Rahmen zeigte nur eine Wiese mit einem blühenden Kirschbaum im Hintergrund. Das war seltsam, aber da es wieder im Obergeschoß rumorte, hatte Dorian keine Zeit, sich lange Gedanken darüber zu machen; es gab
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